Unterhaltungswirtschaft Fünf Erfolgsrezepte für deutsche Museen

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Museen sind ein wichtiger Standort-Faktor

Ein Ende des Booms ist kaum abzusehen. Dafür sorgen spektakuläre Neueröffnungen in der Alten Welt wie jüngst die Fondation Louis Vuitton für zeitgenössische Kunst in Paris ebenso wie Prestigeprojekte in Schwellenländern. Bis 2024 sollen es allein in China 1000 Museen mehr werden.

Der Aufschwung der Ausstellungshallen hat drei Gründe: mehr Unternehmergeist der Kunstbetriebe, die weltweit wachsende Mittelschicht und das stärkere Bedürfnis nach authentischen Erlebnissen im Zeitalter der Digitalisierung.

Angefangen hat die Museums-Revolution durch Druck von außen, sprich: den langsamen Rückzug des Staates als Finanzier. Vorreiter war hier die britische Regierung unter Margaret Thatcher, die bei ihrem Kreuzzug gegen Staatsleistungen in den Achtzigerjahren die Kultur nicht verschonte. „Bei uns braucht jeder erfolgreiche Politiker einen Lieblings-Fußballclub, aber keiner ein Lieblingsmuseum“, lästert Neil MacGregor, Chef des British Museum in London und als Gründungsdirektor des Berliner Humboldt-Forums im Gespräch.

Um die Betriebskosten von 100 Millionen Euro zu decken, die das British Museum im Jahr verschlingt, und den von der Labour-Regierung forcierten weitgehenden Fortfall von Eintrittspreisen zu kompensieren, mussten sich die Museumschefs auf in der Branche bis dahin seltene Tugenden wie strengeres Wirtschaften besinnen und unternehmerischer agieren – etwa durch eine bessere Vermarktung ihrer Schätze, neue Einnahmequellen wie Museumsläden mit mehr als künstlerischen Bildbänden im Regal und die intensivere Suche nach Spendern.

Kunst-Touristen bescheren höhere Steuereinnahmen

Inzwischen entdecken jedoch auch immer mehr Regierungen den Nutzen der effizienteren Kultureinrichtungen neu. „Museen sind entscheidend im globalen Standort-Wettbewerb“, resümiert eine Studie der Beratung Aecom. Abgesehen von weichen Faktoren wie Image errechnet sie nüchtern einen Ertrag von sieben Dollar für jeden Dollar, den die öffentliche Hand investiert. Vorbild ist das nordspanische Bilbao. Der lokale Ableger des Guggenheim Museums kostete die baskische Regierung 1997 zwar fast 100 Millionen Dollar. Doch bereits im Jahr 2000 hatte die Region dies dank der jährlich eine Million Kunsttouristen durch höhere Steuereinnahmen wettgemacht.

Zweiter Grund für den Boom ist die weltweit wachsende Mittelschicht, für die Museumsbesuche auch ein Symbol ihres wirtschaftlichen Aufstiegs sind. Das gilt besonders in wohlhabenden Schwellenländern wie Südkorea und noch mehr in den Golfstaaten. Hinzu kommt der zunehmende Anteil älterer Menschen.

Welche Top-100-Künstler die größten Sprünge gemacht haben

Dabei hilft den Museen ironischerweise als dritter Trend die globale Vernetzung durch digitale Medien. Denn auch wenn im Internet Zerstreuung und Kunstwerke nur einen Klick entfernt scheinen, ist dies gerade der bildungshungrigen Mittelschicht oft nicht nah genug. „Wir Museen bieten nicht nur das Ansehen, sondern das authentische Erleben möglichst einmaliger Events“, wirbt Museumschef Feldman.

Nicht zuletzt die bald sechs Südtiroler Museen von Reinhold Messner leben vom Charisma der Bergsteigerlegende. Und Häuser wie diese präsentieren Objekte lebendiger und emotionaler als früher. „Wir wollen nicht mehr nur bilden und belehren, sondern auch verzaubern“, sagt Nicholas Serota, Chef der Londoner Tate Gallery.

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