Unternehmensberatung Wie kleine Spezialisten gegenüber McKinsey & Co punkten

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Kunden bevorzugen das Gespräch auf Augenhöhe

Um mit den jeweiligen Spezialisten auf Augenhöhe agieren zu können, sind auch die Berater-Teams anders strukturiert. „Wir setzen auf Leute mit langjähriger Industrie- und Beratungserfahrung“, sagt Meißner. Seine Kollegen sind darum alle eher um die 50 Jahre alt und Praktiker, auf Frischlinge mit Universitäts-Prädikatsexamen aber ohne Berufserfahrung verzichtet Meißner. „Das Beraten kann man lernen, die Erfahrung, die Fähigkeit zuhören zu können und die Bereitschaft, mit anderen Menschen zusammen zu arbeiten, muss man mitbringen.“

Das deckt sich mit Manger-Wiemanns Erfahrungen: „Die höhere Senioriät und die Spezialisierung der Berater wird nach unseren Erfahrungen immer häufiger nachgefragt.“ Der Erfolg der kleinen Spezialisten hat aber auch mit deren vergleichsweise bescheidenen Honoraren zu tun. Für einen Projektleiter werden rund 2100 Euro pro Tage berechnet – halb so viel wie bei McKinsey, Boston oder Bain. „Um unsere Zukunft machen wir uns keine Sorgen, unsere Wachstumschancen sind nach oben offen und werden höchstens durch Engpässe beim Personal begrenzt“, sagt Meißner.

Auch Sebastian Fuchs und seine Mitstreiter bei der Münchener Unternehmensberatung thaltegos setzen vor allem auf Kundenkontakt auf Augenhöhe und sind damit anders als „normale“ Berater. Hinzu kommt ein sehr eng fokussiertes Spezialgebiet: „Wir beschäftigen uns primär mit Big Data und entwickeln daraus häufig Konzepte zur Kundenansprache und Kundenpflege“, sagt Fuchs, einer der vier Gründer der 20-Mann-Firma.

Gegründet wurde thaltegos 2011 als Spin-off: Die Berater waren vorher Teil des BMW-Konzerns. Noch heute kommen die Kunden vorwiegend aus der Autoindustrie und deren Ablegern oder Zulieferern. Fuchs und sein Team haben aber auch schon Projekte für Maschinen- und Anlagenhersteller übernommen.

Auch wenn die Kunden unterschiedlich sind – der grundsätzliche Ansatz ist immer derselbe: „In jedem Unternehmen fallen Unmengen von Daten an, genutzt wird aber nur ein kleiner Teil“, sagt Fuchs. „Wir werten diese Daten aus und entwickeln daraus ein statistisches Modell, mit dem sich beispielsweise Vertriebs- und Marketingaktionen erfolgreich planen lassen.“

Für einen Autohersteller könnte das zum Beispiel ein Konzept sein, wann welcher Kunde angesprochen werden sollte, um ihm ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung anzubieten: etwa das Sonderangebot seiner Werkstatt, um dort eine ohnehin fällige Inspektion zum Sonderpreis erledigen zu lassen. Einem anderen Kunden könnte dagegen ein Gebrauchtwagen angeboten werden, einem dritten ein Neufahrzeug.

Auch bei der Honorierung unterscheidet thaltegos sich von McKinsey und Co. „Tagesätze rechnen wir kaum ab, wir unterbreiten unseren Kunden Komplettangebote zum Festpreis“, sagt Fuchs. Erfolgsbasierte Bezahlmodelle werden auch angeboten, allerdings selten nachgefragt, vor allem, weil es schwierig ist, die Erfolgskriterien zu definieren.

Was kann Fuchs seinen Kunden bieten, was eines der großen Beratungshäuser nicht so gut kann? „Wir sind ein kleines Team, alle bei uns denken unternehmerisch und sind in der Lage, den Kunden auf Augenhöhe gegenüberzutreten.“ Eine Eigenschaft, die nicht nur zunehmend in großen Konzernen geschätzt und verlangt wird, sondern die vor allem bei mittelständischen, traditionell eher Berater-skeptisch eingestellten Kunden gut ankommt.

„Die Berater unserer großen Mitbewerber sind weit weg von der betriebswirtschaftlichen Realität“, sagt Fuchs. „Wir wissen, wie es sich anfühlt, unter Druck zu stehen.“ Im Gegensatz zu der von scharfzüngigen Kritikern als Helikopter-Beratung gescholtenen Verfahrensweise mancher großer und namhafter Häuser (Einschweben, Staub aufwirbeln, abschwirren), tritt Fuchs mit einem anderem Selbstverständnis an: „Wir liefern eine funktionierende Gebrauchsanleitung und bleiben, bis alles funktioniert – mit anderen Worten, wir verlassen die Baustelle erst, wenn das Haus komplett fertig und vom Kunden abgenommen ist.“

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