So versammelt sich hinterm Tachometer vielfach ein unternehmerisches Präkariat, das um das wirtschaftliche Existenzminimum oszilliert und mitunter in die gesetzliche Halbwelt abgleitet. Taxiunternehmen in Großstädten zum Beispiel müssen laut Krause mindestens einen Euro pro gefahrenen Kilometer einnehmen, um zu überleben. Oft lägen die Einnahmen aber nur bei der Hälfte.
„Es gibt einen großen Bodensatz von semiprofessionellen Unternehmen“, sagt Krause. Ein-Personen-Unternehmen bilden die große Mehrheit. Nach einem Gutachten Krauses arbeiten „etwa 42 Prozent der Stuttgarter Taxibetriebe jenseits der betriebswirtschaftlichen Plausibilität“. In Hamburg, Düsseldorf, Essen und Frankfurt zählt mindestens jeder Vierte dazu.
Im Klartext: Ein Großteil der Taxiunternehmer fährt schwarz. Studien gehen davon aus, dass in diesen Betrieben jeder dritte Umsatz-Euro am Fiskus vorbeigeschleust wird. Das Geld verbleibt beim Unternehmer oder angestellten Fahrer.
Die Konsequenz daraus zog Hamburg, indem die Stadt Schwarzgeldfahrern und Sozialabgabenhinterziehern nach Razzien die Konzession abnahm. Die Zahl der Taxen sank dadurch um 1000 Fahrzeuge. Das war vor zehn Jahren. Sodann hat der Senat das Gewerbe zum Einbau sogenannter Fiskaltaxameter in die Fahrzeuge gezwungen, die jede Taxifahrt an die Behörden funken. Der Schwarzfahreranteil sank daraufhin erneut. Das Hamburger Modell gilt inzwischen als Vorbild für Deutschland.
Warum Uber so umstritten ist
Uber startete vor rund vier Jahren in San Francisco als Alternative zu Taxis, die in der kalifornischen Metropole notorisch schwer zu kriegen sind. Anfangs ging es nur darum, für etwas mehr Geld einen Chauffeur-Service mit Oberklasse-Wagen anzubieten. Inzwischen nutzt Uber seine Vermittlungsplattform auch für Dienste, bei denen Privatleute Fahrgäste mit ihren eigenen Autos mitnehmen können. Vor allem um solche Angebote entzünden sich die Streitigkeiten mit Taxi-Gewerbe und Behörden in verschiedenen Ländern.
Es ist eine Smartphone-App, wie man sie auch von den Taxi-Anwendungen kennt. Der Abholort wird automatisch ermittelt, der Kunde sieht die Uber-Fahzeuge in der Nähe. Der Fahrweg wird mit Hilfe von GPS berechnet, die Wagen kommen daher ohne Taxameter aus. Der Bezahlvorgang entfällt: Es wird einfach die bei Uber hinterlegte Kreditkarte belastet.
Das Taxi-Geschäft überall ist vielen Regeln unterworfen. Es gibt Vorschriften für die technische Kontrolle der Fahrzeuge, die Überprüfung des Gesundheitszustands der Fahrer, spezielle Versicherungen und die Beförderungspflicht. Außerdem wird die Größe des Marktes über die Vergabe von Konzessionen eingeschränkt. So kann eine Taxi-Lizenz in New York mehr als eine Million Dollar kosten. Uber platzt mit seinen Dienstes in dieses über Jahrzehnte gewachsene Geflecht von Regeln und wirtschaftlichen Interessen.
Beim ursprünglichen Chaufferdienst UberBLACK waren die Argumente vor allem der Komfort einer Smartphone-App, ein schickes Auto und die automatische Abrechnung. Bei den Mitfahrdiensten in Privatautos ist Uber aber auch günstiger als herkömmliche Taxis. So kostet der Service UberPOP in Hamburg einen Euro pro Kilometer bzw. 25 Cent pro Minute. Laut Hamburger Taxentarif zahlt man dagegen jeweils 2,20 Euro für die ersten vier Kilometer, je 1,90 für die nächsten fünf Kilometer und 1,40 ab dem 10. Kilometer.
Behörden und auch Landesregierungen sehen den Dienst skeptisch. In Berlin und Hamburg erließen die Behörden Unterlassungsverfügung gegen Uber. Gerichte erlaubtem dem Fahrdienst aber vorläufig die Weiterfahrt. In NRW erklärte ein Sprecher des Verkehrsministeriums zu Uber: "Nach den vorliegenden Informationen handelt es sich bei den Fahrten um genehmigungspflichtige Personenbeförderungen." Über eine solche Genehmigung verfügen die Uber-Fahrer aber offenbar nicht. Das Verkehrsministerium warnt deshalb vor hohen Bußgeldern.
Geld für die Taxi-Konzession
Doch in der Regel seien die Behörden mit der Überwachung „deutlich überfordert“, sagt Berater Krause. Stattdessen limitieren sie die Konzessionen, die zum Betrieb eines Taxiunternehmens berechtigen. Dabei schaffen sie einen neuen Schwarzmarkt, indem sie den Verkauf der Konzessionen untersagen.
Denn das Verbot lässt sich umgehen: Ein Taxiunternehmer muss seinen Betrieb einfach als ganze Firma verkaufen, statt nur die Garage nebst Fahrzeugen. Das Internet wimmelt nur so von Geschäftsaufgaben „aus Altersgründen“ oder „aus gesundheitlichen Gründen“. Verkauft wird eine GmbH mit Zentrale, Werkstatt oder Kundenstamm.
Dass auf diese Weise viel Geld für die Konzession fließt, zeigen die überhöhten Werte des materiellen Betriebsvermögens. „Da werden auf dem Schwarzmarkt Preise gezahlt, die den Wert der Fahrzeuge und des gesamten Betriebs um ein Vielfaches übersteigen“, sagt Berater Krause. „Für die Käufer ist das dann oft der Einstieg in die Illegalität, weil sie die hohen Einstiegspreise gar nicht reinfahren können.“
Gesetze, Betriebswirtschaft und Service
Wie dieser Einstieg in die Illegalität funktioniert, weiß Hamburgs Taxifahrer-Freund Brüggmann aus eigener Erfahrung. Der 54-Jährige bereitet Interessenten auf die vorgeschriebene sogenannte Fachkundeprüfung Taxen- und Mietwagenverkehr vor, die das Wissen über die Gesetze, Betriebswirtschaft und den Service abfragt. Wer die Prüfung der Hamburger Handelskammer besteht, erwirbt damit das offizielle Eintrittsticket in die Selbstständigkeit.
Doch für Bewerber ohne große Bildung oder Schulabschluss, die im Taxifahren eine Chance zum Gelderwerb sehen, ist diese Hürde oft zu hoch. „Es kommt leider häufig vor, dass viele Prüflinge den Schein für andere machen“, sagt Brüggmann. Da schickt ein Fahrer mit schlechten Deutschkenntnissen den Sohn oder die Tochter zum Lehrgang. Die würden dann auf dem Papier den Betrieb führen, obwohl dies in der Praxis der unfähige Vater macht.
Unterschiedliche Preise
Der einzige Strohhalm, an den sich diese Klientel klammert, sind die festen Tarife, die ihnen die 803 zuständigen kommunalen Behörden in Deutschland mal mehr, mal weniger großzügig gewähren. Dabei wirkt die Höhe des verfügten Salärs nicht selten wie das Ergebnis einer Lotterie. Gemeinsam ist allen Tarifen nur die Aufteilung in eine Grundgebühr und einen betrag pro Kilometer, die Höhe liegt im Ermessen der Behörden. Wer in Köln mit dem Taxi losfährt, ist erst mal nur 2,65 Euro los, in Bielefeld dagegen 5,80 Euro. Hinzu kommt der Kilometerpreis, der zwischen 1,50 und 2,00 Euro schwankt.
Mancherorts gibt es Kurzfahrtenpreise wie in Berlin und Ermäßigungen für Rückfahrten wie in München. Unterm Strich ist Hamburg am teuersten, Dortmund am billigsten. Nach unten gibt es Abweichungen etwa beim Transport von Kranken, von denen Versicherungen und Krankenkassen regelmäßig Gebrauch machen.
Ein großes Manko der fixen Tarife liegt darin, dass sie den Wettbewerb um mehr Komfort und besseren Service dann zum höheren Preis unterbinden – und durch die starren Vorschriften für Mindesteinnahmen gleichzeitig den Taxifahrern die Chance auf Mehreinnahmen verbauen.
So dürfen Fahrer in Hamburg für ihr Großraumtaxi nur dann den vorgesehenen Zuschlag von sechs Euro verlangen, wenn sie mindestens fünf Personen befördern. Unternehmer Brüggmann würde auch gern Festpreise anbieten, um Werkstouren, Stadtrundfahrten oder Transporte für Reiseveranstalter anzubieten, darf das aber nicht.
Rhein-Taxi und Taxi-Düsseldorf
Der einzige Wettbewerb, den das Personenbeförderungsgesetz im Taxigewerbe zulässt, ist letztlich der zwischen zwei konkurrierenden Funkzentralen. Den pflegt Hans Becker, der vor 18 Jahren in Düsseldorf die Funkzentrale Rhein-Taxi gründete und heute 150 Fahrzeuge unter sich hat. Damit trat er gegen die Genossenschaft Taxi Düsseldorf an, die wegen unfreundlicher Fahrer und Telefonisten in Verruf geraten war. Beckers GmbH vermittelte im vergangenen Jahr 1,2 Millionen Fahrten, Taxi Düsseldorf 1,8 Millionen, allerdings mit rund achtmal so viel Taxis.
Seinen Erfolg erklärt Becker durch besseren Service. Wer bei ihm mitmachen will, muss eine zusätzliche Schulung von drei Monaten absolvieren, um zum Beispiel einem „höheren Anspruch an die Ortskenntnisse“ gerecht zu werden, erläutert Becker. Der Fahrer müsse dem Fahrgast bei längeren Fahrten auch alternative Routen anbieten können.