Verkauf von Abendblatt, Hörzu und Co. Springer wird radikal digital

Der Verkauf der Traditionsblätter von Hörzu über Hamburger Abendblatt und Berliner Morgenpost zeigt, wie konsequent Axel Springer an seiner Zukunft arbeitet.

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Springer macht Schluss mit Print: Traditionsblätter wie Hörzu, Funk Uhr, Bild der Frau, Hamburger Abendblatt und Berliner Morgenpost werden an die WAZ-Gruppe verkauft. Quelle: dpa

Als Axel Springer mit 33 Jahren im Jahr 1946 den Antrag stellte, eine Programmzeitschrift herauszugeben, konnte er weder ahnen, dass aus der Gründung einmal eines der größten Medienunternehmen Deutschlands entstehen würde. Und logischerweise auch nicht, dass die Traditionszeitschrift - in Spitzenzeiten hatte die Hörzu eine Auflage von mehr als vier Millionen Heften - im Jahr 2013 den Besitzer wechseln würde. Seit fast 50 Jahren verleiht die Hörzu zudem mit der „Goldenen Kamera“ einen der großen deutschen Medienpreise. Daran wird sich wohl nichts ändern, doch Hörzu steht nicht mehr für Axel Springer.

Hörzu, TV Digital, Funk Uhr, Bildwoche, TV neu, Bild der Frau, Frau von heute, aber eben auch die letzten beiden Regionalzeitungen im Springerportfolio, Berliner Morgenpost und  Hamburger Abendblatt, werden an die WAZ-Gruppe verkauft. Der Preis: 920 Millionen Euro für Segmente, die im Geschäftsjahr 2012 immerhin 94,8 Millionen Euro zum operativen Gewinn beigetragen haben. Neben dem Verkauf vereinbarten Springer und die Funke Mediengruppe – vormals WAZ Mediengruppe  -  ein Gemeinschaftsunternehmen für Vertrieb und Vermarktung von gedruckten und digitalen Medienangeboten zu gründen. Dies sei für Springer ein weiterer bedeutender Schritt bei der Umsetzung der Strategie, das führende digitale Medienunternehmen zu werden, hieß es in der Mitteilung.

Der Verkauf der Titel ist vor allem eins: konsequent. Er zeigt, wie ernst es der Konzern, der sich bereits in den vergangenen Jahren von einem klassischen Verlag zu einem Medienhaus gewandelt hat, mit der Digitalisierung meint. Ende Juni erklärte Mathias Döpfner gegenüber der Süddeutschen Zeitung, der „digitalste Medienkonzern werden“ zu wollen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Seit der Jahrtausendwende haben Verlage in Deutschland Milliarden Euro im Anzeigengeschäft verloren. Stellen-, Immobilien- und Autoanzeigen wanderten ins Internet ab. Parallel schrumpfen die Auflagen und schmälerten so die Vertriebserlöse.

Wie digital Springer werden will, das zeigt sich auch an diesen Deal. Bereits in den vergangenen fünf Jahren hat Springer mehrere Hundert Millionen Euro ins Digitalgeschäft investiert. Unternehmen wie Stepstone, Immonet, Kaufda wurden übernommen, jede Menge IT eingekauft, allein die Plattform für die Bezahlschranken bei Welt und Bild kostete einen siebenstelligen Betrag. Die Technik ermöglicht es nun, umfassende Daten über die Kunden zu erheben und so Werbung und anderweitige Produkte perfekter auf die Kunden zuzuschneiden. So wie es amerikanische Konzerne seit Jahren tun.

Springer hat erkannt, dass es ohne diese Investitionen nicht geht. Wo früher Souvenirs der roten Bild-Gruppe verkauft wurden, sind jetzt Büros eingerichtet, in denen Journalisten gemeinsam mit Technikern sich neue Geschäftsfelder ausdenken. Konzernweit sucht Springer derzeit nach 150 IT-Spezialisten. In Anzeigen macht Bild Jagd auf „Visionäre, Macher und Medien-Revolutionäre“, die mehr Ideen als Apple-Designikone Jony Ive und die Start-up-Millionäre Samwers haben. Die Vision von Bild-Chefredakteur Kai Diekmann: flachere Hierarchien und mehr Techniker in der Redaktion. Ende Mai kündigte Döpfner an, direkt neben dem Hochhaus einen „Campus“ errichten zu wollen. Schwammig erklärte er, dass dieser Campus eine „Schlüsselrolle für die digitale Transformation unseres Unternehmens“ haben werde.

Diese Wandlung ist im vollen Gange. Springer arbeitet mit Volldampf an seiner Zukunft. Auch wenn der Verkauf der Flaggschiffe Mediennostalgiker traurig stimmen mag.

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