Wasserpfeifen Der illegale Boom der Shisha-Bars

Wasserpfeifenbars boomen. Das interessiert auch den Finanzminister: Der Schmuggel von Shisha-Tabak ist lukrativer als der von Zigaretten – und floriert entsprechend.

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Quelle: dpa/dpaweb

Der Tatort liegt in einer weißen Wolke gehüllt, die nach Banane und Kiwi riecht. Durch den Dunst in der Düsseldorfer Shisha-Bar tauchen die Konturen von sechs Männern und einer Frau. Blitzschnell laufen sie vorbei an den paffenden Gästen, die um die Wasserpfeifen sitzen und kraft ihrer Lungen das Lokal in eine einzige Wolke verwandeln. Dann zücken die ungestümen Gäste ihre Ausweise vom Zoll und durchforsten Zimmer für Zimmer nach dem vermuteten Schmuggelgut: Wasserpfeifentabak.

Das Blubbern von Wasserpfeifen hat sich bei den Deutschen, die ihren 30. Geburtstag noch nicht gefeiert haben, in den vergangenen Jahren zum Megatrend gemausert. Allein 14 Prozent der Jugendlichen rauchen nach einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mindestens einmal im Monat Wasserpfeife.

Das Statistische Bundesamt kommt für 2015 auf einen Absatz von mehr als 1700 Tonnen Wasserpfeifen- und Pfeifentabak, wobei der Zuwachs von 28 Prozent gegenüber 2014 alleine dem Blubbertabak geschuldet ist. Rund 6000 dieser Shisha-Bars gibt es mittlerweile in der Bundesrepublik.

Zollbilanz

Was für Deutschlands Jugendliche ein beliebter Treffpunkt geworden ist, ruft jedoch auch die Truppe von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf den Plan. Weil die Köpfe der Wasserpfeifen häufig mit illegalem Tabak gefüllt sind, haben die Zollbeamten ihr Wissen in puncto Tabaksorten in Geschmacksrichtungen wie Apfel oder Cola gehörig nachgebessert. Manche Ermittler vom Zoll sprechen angesichts dieser Zustände gar von „rechtsfreien Räumen“.

Dabei reicht der Shisha-Schmuggel weit über die in den Schmuddelbars oft aufgefundenen Kilomengen hinaus. Insgesamt 180 Tonnen illegalen Wasserpfeifentabak hat der Zoll 2014 sichergestellt bzw. durch Beweise ermittelt. Von organisierter Kriminalität ist die Rede. Mehr als acht Millionen Euro Steuereinnahmen entgingen dem Staat 2014 durch den Shisha-Schmuggel. Da die Margen höher als bei herkömmlichem Tabak sind, rechnet die Zollfahndung mit einem weiteren Anstieg dieser Zahlen.

Die Razzia in der Düsseldorfer Shisha-Bar hat die Zollbeamten unterdessen in den Untergrund geführt: Auf einer Kegelbahn unter dem Lokal tasten sie sich im Dunkeln vorwärts. Das Düsseldorfer Ordnungsamt schickt seine Leute nur noch ausgestattet mit Kohlenmonoxid-Messgeräten in die Lokale – aus Eigenschutz wegen der oft abenteuerlichen Feuerstellen. Mit ihren Taschenlampen suchen sie nach versteckten Türen und Kisten. Es dauert nicht lange, bis ein Beamter in einem Abstellraum auf die Kisten mit dem Shisha-Tabak stößt.

Kuriose Kontrollschwierigkeiten der Behörden

Rainer Wanzke, Einsatzleiter beim Hauptzollamt Krefeld, tritt an die Kiste und lässt seinen Blick über die Tabakbehälter steifen: „Wenn die Banderole fehlt, ist der Tabak illegal“, erklärt Wanzke. Wie bei Zigaretten ist der Einzelverkauf ohne Banderole verboten.

Dass es überhaupt Shisha-Bars in Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen gibt, wo Tabakrauchen in Lokalen eigentlich verboten ist, gehört zu den Kuriositäten der Szene. Nicht minder kurios sind die Kontrollschwierigkeiten der Behörden: Weil in den Shishas auch sogenannte Dampfsteine ohne Tabak geraucht werden können, ist für die Kontrolleure der Ordnungsämter oft nicht feststellbar, was genau in den Köpfen der Wasserpfeifen eigentlich verbrennt.

Die Erkenntnisse aus den regelmäßigen Razzien in den Shisha-Bars laufen bei Micha Mellor zusammen. Der Zollfahnder aus Essen verfolgt seit zehn Jahren den internationalen Schmuggel mit Wasserpfeifentabak.

Wie lukrativ das illegale Geschäft ist, verdeutlicht er anhand einer einfachen Rechnung: „In Ägypten kostet ein Kilo Shisha-Tabak drei bis vier Euro. In Deutschland kostet das unversteuerte Kilo rund 40 Euro. Und daraus können in den Lokalen rund 50 Shisha-Füllungen zu je sieben Euro verkauft werden, was mehr als 350 Euro einbringt.“ Da der Konsum mittlerweile in Tonnen und nicht mehr in Kilo gezählt wird, bleibt für den Einzelnen durchaus etwas hängen. Zu den Margen kommt die Professionalität der Schmuggler: „Die Täter rechnen oft schon mit der Telefonüberwachung und treffen sich deshalb in Friseurstuben. Wir hören dann am Telefon meist nur den Satz: ‚Lass uns reden.‘“

In der Düsseldorfer Shisha-Bar ist die Razzia des Zolls nach gut 20 Minuten auch wieder vorbei. Während die Zöllner in der Bar zuvor noch 20 Kilo Shisha-Tabak beschlagnahmt haben, tragen in diesem Lokal alle Waren unverletzte Banderolen.

Nach dem Schrecken über die Kontrolle findet der junge Besitzer wieder zu einem jugendlichen Lächeln. Nachdem der Stoßtrupp abgezogen ist, bleibt einer der Zollbeamten mit ihm in der Küche des Lokals zurück und fachsimpelt über Tabaksorten und Erhitzungsmöglichkeiten. Mit der Kontrolle hat das Gespräch nichts mehr zu tun. Der Zöllner holt sich nur noch ein paar Tipps vom Experten. Er raucht in seiner Freizeit selbst Wasserpfeife.

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