Weltbild-Insolvenz Hugendubel hat Interesse an Weltbild-Filialen

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KPMG warnt vor "Schlecker II"

Ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG vergleicht die Insolvenz von Weltbild bereits mit Schlecker. Quelle: REUTERS

Schon kursiert ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, in dem vor einem Fall „Schlecker II“ gewarnt wird. „Das wäre eine Horrorvorstellung“, sagt Verdi-Vertreter Boßmann. Ausgerechnet Schlecker, jener krachende Zusammenbruch des schwäbischen Drogerieimperiums, bei dem Geiwitz ebenfalls als Insolvenzverwalter Regie führte, wird zur Referenzgröße. Ein Menetekel – der Verkauf des Shampoo- und Deo-Discounters scheiterte, Tausende Mitarbeiter verloren ihre Jobs, das Gros der Gläubiger ging leer aus. Dass es auch bei Weltbild zu einem Stellenabbau kommen wird, scheint absehbar. Geiwitz’ Vorteil: Die Gewerkschaft macht Druck auf die kirchlichen Eigentümer. Womöglich kann er den Zorn in klingende Münze wandeln und sich Transfergesellschaften von der Kirche sponsern lassen. „Ablasshandel hat schon immer funktioniert“, lästert ein Frankfurter Sanierer.

Unklarer ist der aktuelle Frontverlauf im Filialgeschäft. 2007 hatten der Münchner Buchhändler Hugendubel und der Billigheimer Weltbild ihr Filialgeschäft in der Finanz-Holding DBH zusammengelegt und in Paragraf 12 der Satzung explizit „die Einziehung von Geschäftsanteilen“ ermöglicht, sofern ein Insolvenzverfahren über einen der Gesellschafter eingeleitet wird.

Ob die Münchner diese Option ziehen und ob ihnen das hilft, ist allerdings ungewiss. Denn auch Geiwitz hat einige Pfeile im Köcher. Offen ist etwa die Zukunft des Hugendubel-Online-Shops. Zwar betreiben beide DBH-Partner unterhalb der Holding die jeweiligen Filialen in Eigenregie. Doch im Online-Handel ist tatsächlich Weltbild.de drin, wo Hugendubel.de draufsteht – zumindest noch. Darum verkauft Hugendubel.de wie Weltbild.de seit der Insolvenz keine Gutscheine mehr. Laut Hugendubel arbeite man aber „bei unserem Online-Shop derzeit an einer Lösung“.

Zudem taucht in den zuletzt veröffentlichten Bilanzen der DBH ein Darlehen von Weltbild über rund 18 Millionen Euro auf, das der Verwalter von der Tochter zurückfordern dürfte. Fraglich ist ohnehin, ob Hugendubel neben den 77 eigenen Läden überhaupt Interesse an den rund 320 Weltbild-Geschäften hätte – und wie sich Umbau und Integration finanzieren ließen. Hinzu kommt: Die klassischen Weltbild-Filialen würden noch einigermaßen ins Portfolio passen, doch bei den „WeltbildPlus“ getauften Billigbunkern dürften sich die Münchner Literaten sträuben. Hier dominieren buchferne Angebote wie Zimmerbrunnen und sonstiger vom monatlich versandten Katalog befeuerter Tinnef.

Doch eine Lösung muss schnell her. So gab Weltbild zwar die Parole aus, die Filialen seien von der Pleite nicht betroffen. In Wirklichkeit aber zeigen sich längst die Tücken des Konstrukts. So werden etwa die Kataloge von der Muttergesellschaft produziert. Sie gelten intern als „Lebensader für das Weltbild-Plus-Format.“ Wenn die bunten Blätter, „die Leute nicht mehr zum Kaufen animieren, sinkt ganz schnell der Umsatz“, warnt ein Handelsspezialist. Viele Verlagsmanager dürften auf die Augsburger derzeit ohnehin nicht allzu gut zu sprechen sein. Bei Zahlungszielen von 60 bis 90 Tagen seien die Erlöse aus dem wichtigen Weihnachtsgeschäft von Weltbild nicht an die Verlage weitergeleitet worden, heißt es in der Branche. Wer nicht versichert ist, muss nun auf einen Bruchteil aus der Insolvenzmasse hoffen. Abgesichert hatte sich der Kölner Verlag Bastei Lübbe: „Das ist teuer“, sagt Vorstandschef Thomas Schierack, „aber wir sind jetzt angesichts der Weltbild-Insolvenz heilfroh darüber.“

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