Weltbild-Insolvenz Hugendubel hat Interesse an Weltbild-Filialen

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Veto der Bischöfe

Die größten Unternehmenspleiten 2013
KunertAm seidenen Faden hing das Schicksal des Strumpfherstellers Kunert. Das 1907 gegründete Unternehmen musste im Frühjahr Insolvenz anmelden. Umsatzrückgänge, steigende Verluste und ein hoher Schuldenberg hatten die Firma, für die einst Hildegard Knef und Romy Schneider Reklame machten, in Schieflage gebracht. Die Rettung war der österreichische Unternehmer Erhard Grossnigg, der im September den Geschäftsbetrieb des Allgäuer Traditionsunternehmens samt der Produktionsstätten in Immenstadt und Marokko übernahm. Im Insolvenzverfahren wurde gut jede zehnte der 1000 Stellen abgebaut. Quelle: dpa-dpaweb
Conergy & CoDer Anteil erneuerbarer Energien an der deutschen Stromerzeugung steigt und steigt. Doch bei den Herstellern von Solaranlagen herrscht Krisenstimmung. Bereit im Januar musste die Erfurter Asola Solarpower Insolvenzantrag stellen, im Juli folgte der einstige Börsenstar Conergy aus Hamburg. Die Branche leidet unter der sinkenden Förderung und der Konkurrenz aus China. Doch auch bei den Windanlagenbauern ging es stürmisch zu. Quelle: dpa
WindreichDer Windpark-Entwickler Windreich musste im September Insolvenz anmelden. Auch wenn der Name der Firma nicht jedem vertraut ist, ist sie doch ein wichtiger Spieler im Geschäft mit Offshore-Windanlagen im Meer. Quelle: dpa
LoeweEdle Fernseher zu hohen Preisen. Dieses Konzept hat den deutschen Fernsehhersteller Loewe zu einer Design-Ikone gemacht. Doch gelang es dem Unternehmen aus dem fränkischen Kronach in den vergangenen Jahren immer weniger, damit Geld zu verdienen. Der Preiskampf in der Branche und die harte Konkurrenz aus Asien sorgten für tiefrote Zahlen. Im Juli musste Loewe gerichtlichen Gläubigerschutz beantragen. Im Oktober folgte der Insolvenzantrag. Dennoch hofft der Konzern auf Rettung. Investoren seien bereit, den TV-Hersteller zu übernehmen, berichtete Loewe-Finanzvorstand Rolf Rickmeyer im November. Quelle: dpa
Flexstrom„Verboten günstig“: Mit diesem Slogan warb der Strom- und Gashändler Flexstrom. Doch spätestens seit dem 12. April dieses Jahres hat der Werbespruch eine neue Bedeutung. Denn an diesem Tag musste das Berliner Unternehmen Insolvenz anmelden. Nach Einschätzung des Insolvenzverwalters ist es das größte Insolvenzverfahren der deutschen Geschichte. Betroffen sind rund 835.000 Kunden. Der Konzern schuldet Hunderttausenden von Ihnen Geld. Meist dreistellige Beträge, die die Verbraucher als Vorauszahlung überwiesen hatten. Gut 130.000 Kunden haben laut Insolvenzverwalter bereits Forderungen angemeldet. Quelle: dpa
Praktiker„20 Prozent auf alles - außer Tiernahrung“: Diese Rechnung ging für Praktiker nicht auf. Zahlungsunfähig musste die drittgrößte deutsche Baumarktkette im Juli Insolvenz anmelden. Das Unternehmen habe sich ins Jenseits rabattiert, urteilten Branchenkenner. Auch Hoffnungen, zumindest die Tochtergesellschaft Max Bahr retten zu können, zerschlugen sich. Betroffen von der Pleite sind über 300 Märkte mit rund 15.000 Beschäftigten. Quelle: dpa

Sollte Geiwitz Weltbild filetieren und in Teilen verkaufen, stünde Bastei Lübbe als ein Käufer bereit: „Ich kann mir schon vorstellen, dass bestimmte Teile von Weltbild, etwa das Digitalgeschäft, auch für uns interessant sein könnten“, sagt Vorstandschef Schierack. Womöglich wäre ein Kauf funktionierender Weltbild-Teile auch für eine Allianz mehrerer deutscher Verlage eine attraktive Option. Zunächst aber ist Geiwitz am Zug – und Hugendubel.

Angesichts der Probleme ihres Partners hatten die Münchner schon seit geraumer Zeit die Herauslösung ihres Geschäfts samt Web-Site aus der DBH betrieben. Ende Januar sollte der Schritt vollzogen werden. Doch die Weltbild-Pleite warf die Pläne praktisch auf der Zielgeraden über den Haufen und „mache die geplante Aufspaltung der DBH vorläufig in der ursprünglichen Form hinfällig“, so ein Sprecher.

Selbst beteiligte Sanierer waren offenbar davon ausgegangen, dass sie mehr Zeit haben. Ende Oktober hatte Weltbild den Restrukturierungsexperten Josef Schultheis als Geschäftsführer an Bord geholt und nach Informationen der WirtschaftsWoche weitere Schwergewichte der Sanierungsszene als Berater angeheuert. Darunter Kolja von Bismarck, Partner der Wirtschaftskanzlei Linklaters, sowie Tammo Andersch und Michael Axhausen von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Auch soll der Insolvenzrechtler Helmut Balthasar, Partner der Kölner Insolvenzkanzlei Görg, involviert gewesen sein.

Die Beteiligten wollen sich nicht äußern. Doch offenkundig waren auch sie überrascht vom Veto der Bischöfe am 9. Januar, das die Weltbild-Pleite besiegelte. Eine finale Abstimmung über die geforderten Finanzspritzen von 135 Millionen Euro sei für die Sitzung nicht geplant gewesen, heißt es intern. Tags darauf reichten die Geschäftsführer den Insolvenzantrag ein, und das Augsburger Amtsgericht bestellte Geiwitz. Die Entscheidung für den Schlecker-Abwickler ist in der Insolvenzszene durchaus umstritten. Zwar loben Kollegen wie der Hamburger Insolvenzverwalter Berthold Brinkmann Geiwitz‘ „stringente Verfahrensführung“. Zudem beackert kaum ein anderer Verwalter derzeit ähnlich prominente Pleitefälle.

Doch gerade die Ballung sorgt bei wichtigen Weltbild-Gläubigern für Bedenken: Reichen die Kapazitäten der Kanzlei aus, um den neuen Großeinsatz zu stemmen? Sie hätten lieber den Münchner Sanierer Michael Jaffé mit dem Job betraut. Doch das Gericht spielte nicht mit. Nun steht Geiwitz in der Pflicht und muss liefern.

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