Weniger Kerosinverbrauch Lufthansa und BASF verpassen Flugzeugen eine Haifischhaut

Lufthansa und BASF wollen zusammen eine grundlegende Neuerung für den Flugzeugbau vorstellen: eine neue spritsparende Außenhaut für die Jets. Quelle: dpa

Lufthansa entwickelt mit BASF eine neue Flugzeug-Haut. Der Überzug soll den Spritverbrauch senken - und bei beiden Partnern das leicht angekratzte Ökoimage verbessern.

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Carsten Spohr hätte für den Start der jüngsten Lufthansa-Innovation eigentlich einen großen Rahmen wählen können. So wenig der Manager Termine mag mit kurzen Botschaften und langen Fotogelegenheiten vor imposanten Kulissen wie Windparks, so sehr schätzt er die Ankündigung von High-Tech-Projekten, mit denen seine Fluglinie in der Branche Neuland betritt. Doch stattdessen wird es nur eine verhältnismäßig bescheidene Ankündigung.

Nach Informationen der Wirtschaftswoche will Spohr an diesem Freitag zusammen mit dem Chef des Chemiekonzerns BASF Martin Brudermüller eine grundlegende Neuerung für den Flugzeugbau vorstellen: eine neue spritsparende Außenhaut für die Jets. Dabei haben der nach Umsatz weltgrößte Chemiekonzern und Europas größte Fluglinie zusammen eine neue Technik zur Beschichtung der Flugzeugoberfläche entwickelt. Sie funktioniert nach dem Prinzip der Haut von Haifischen und reduziert dank einer besonders feinen Rillenstruktur die Anzahl störender Luftverwirbelungen. Das sorgt für weniger Luftwiderstand. Somit gibt es weniger Fluglärm und der Verbrauch der Maschinen kann um bis zu drei Prozent sinken. Beim Lufthansa-Konzern wäre dies rund 20 Millionen Liter Sprit weniger im Jahr.

Die Neuerung hilft zunächst den Fluglinien. Weil die Airlines bis zu einem Drittel ihrer Kosten an die Mineralölkonzerne überweisen, könnte der Lack den Gewinn um bis zu ein Prozent steigern. Das ist enorm. Denn bei einer Fluglinie bleibt am Ende mehr als fünf Prozent vom Umsatz als Gewinn übrig. Und rund die Hälfte aller Gesellschaften verdient mehr oder weniger nichts.

Doch der Nutzen für BASF und Lufthansa geht über die Hilfe für die Flugbranche und mehr Umsatz für das eigene Unternehmen hinaus. Für beide Konzerne ist das neue Produkt auch eine Stütze für ihr Image. Zwar gelten sie in ihrer Branche als vergleichsweise ökologisch aufgestellt. Die Lufthansa erneuert ihre Flotte und bekommt dafür noch mindestens acht Jahre lang zwei neue Flugzeuge pro Monat. Auch Martin Brudermüller will aus dem Ludwigshafener Chemiekonzern ein grüneres, nachhaltigeres Unternehmen machen. „Das Thema Nachhaltigkeit ist der größte Innovationstreiber der Zukunft“, sagt Brudermüller. Intensiv arbeitet die BASF an Technologien, um künftig mehr Kohlendioxid einzusparen.

Doch so sehr sich beide auch bemühen, allein wegen ihres hohen Energieverbrauchs sind sie besonders Klimaschützern ein Dorn im Auge. Die Wahrnehmung soll der neue Flugzeuglack nun verbessern. Für die BASF unterstreicht das Projekt, dass sich das Unternehmen auch weit über das eigene Geschäftsfeld hinaus für die Umwelt einsetzt. Noch wichtiger ist der Lack für die Lufthansa. Denn so sehr sich der Konzern bisher auch durch Investitionen in neue Technik oder den Einsatz nachhaltig erzeugter Treibstoffe profilieren wollte: Er galt als einer der größten Klimaschädlinge.

Besonders schmerzlich daran: Andere Linien wie etwa Easyjet setzen sich mit kleineren Beträgen deutlich wirkungsvoller in Szene. So forderte der britische Billigflieger mehrfach öffentlichkeitswirksam besonders sparsame Flugzeugdesigns. Jüngst konnte der Konzernchef Johan Lundgren gar damit punkten, dass Easyjet für alle seine Kunden einen – wenn auch bescheidenen – Beitrag zum Ausgleich der Klimabelastung zahlt. Das soll nun anders sein. „Da kommen wir endlich wieder ein wenig vor die Welle“, so ein führender Lufthanseat.

Die Idee eines Flugzeuglacks nach Haifisch-Art ist außerdem nicht ganz neu. Bereits vor zwei Jahren hatte die Lufthansa-Technik genannte Wartungstochter des Kranichkonzern mit dem Flugzeughersteller Airbus und dem Zentrums für Angewandte Luftfahrtforschung in Hamburg ein ähnliches System zur Beschichtung der Tragflächen entwickelt. Das Prinzip damals wie heute: Dank einer sehr präzisen Beschichtungstechnik und gezielter Bestrahlung mit ultraviolettem Licht verfestigt sich ein Hightech-Lack so, dass wie auf der Haut schnell schwimmender Haifisch-Arten kleine Rillen entstehen im Abstand von etwa einem zwanzigstel Millimeter. Diese Miniwellen sorgen dafür, dass sich weniger störende Querwirbel bilden, wenn die Luft darüber fließt. Die Strömung führt normalerweise zu einem höheren Luftwiederstand, weil die Luft quasi ein wenig am Flügel kleben bleibt statt schnell abzufließen.

Bisher scheiterte die Lackierung daran, dass sie besonders an runden Oberflächen nur unter Schwierigkeiten und mit hohen Kosten präzise aufgetragen werden kann, demensprechend am Rumpf noch schwieriger als beim Flügel. Dazu kommt es darauf an, den richtigen Abstand zwischen den in der Strömungsmechanik Riblets genannten Rippen zu finden. Denn nicht jede Struktur funktioniert bei jeder Geschwindigkeit.

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