Anke Engelke & Co. hätten es wahrscheinlich nicht anders gemacht: Im Werbespot "Einschlafen" von "E wie einfach" klagt eine junge Frau ihrem Partner, dass sie nicht schlafen könne. Der knockt sie daraufhin mit einer Kopfnuss aus. Die Botschaft: „So einfach kann einschlafen sein - und genauso einfach ist ein Wechsel zu "E wie einfach". Dass das kein feinsinniger Humor ist, steht außer Frage. Ob es in diesem Clip um die Verherrlichung von Gewalt in der Partnerschaft oder um die Unterdrückung der Frau geht, ist Ansichtssache. Für Verfechter der viel zitierten Political Correctness ist der Clip des Stromanbieters offensichtlich ein Affront.
Feministinnen gehen auf die Barrikaden, Internetnutzer empören sich zuhauf – "E wie einfach" entschuldigt sich wortreich bei Facebook und nimmt den Clip aus dem Netz. "Da waren sie ein bisschen übervorsichtig", findet Werner Grimmer vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov in Köln. Er ist sich sicher, dass der Clip dem Image des Unternehmens nicht geschadet hat und diejenigen, die sich über die Werbung echauffieren, gar nicht diejenigen sind, die angesprochen werden sollten.
Schmerzgrenze Religion
Grundsätzlich könne man potenzielle Kunden über mehrere Wege auf sich und sein Produkt aufmerksam machen:
- Erotik
- Emotionen
- Provokation
- Humor
- Musik
"Provokation kann natürlich immer nach hinten losgehen", sagt Grimmer, "Das lohnt sich, wenn man noch unbekannt ist und in die Schlagzeilen kommen will." Es gebe nur eine Schmerzgrenze, die Unternehmen in ihrer Werbung nicht angreifen sollten und das seien Rassismus und die Religion. "Da würde ich die Finger von lassen", sagt er. Das musste im vergangenen Jahr auch das Modelabel Benetton erfahren, das in seiner Kampagne ‚unhate’ ein Bild zeigte, auf dem Papst Benedikt XVI. beim Kuss mit dem ägyptischen Imam Ahmed el Tajjeb von der al-Azhar-Moschee in Kairo zu sehen war.
Witze auf Kosten aller
"E wie einfach" ist derzeit aber nicht wegen provokanter Werbung, sondern wegen mittelmäßigem Humor in den Schlagzeilen. Aber woran liegt das? Dürfen Unternehmen nicht die gleichen Witze machen wie Engelke & Co.? Daran, so Grimmer, liegt es gar nicht. Die Zielgruppe des Stromdiscounters seien junge, kommunikative Menschen, die dank Harald Schmidt und Konsorten nicht zu hundert Prozent politisch korrekt sind. Die, die sich über den Spot aufregen, gehören wahrscheinlich nicht zu den potenziellen "E wie einfach"-Kunden. Deren Zielgruppe reagierte bislang zwar auch empört – allerdings wegen der Reaktionen von offensichtlich eher konservativen Stromkunden. So kommentierte beispielsweise der Nutzer Weltenspalter: „Im Internet hieß eine Überschrift zum Thema "Eon-Tochter blamiert sich mit Kopfnuss-Video". Angesichts der Reaktionen hätte man schreiben sollen "Deutschland blamiert sich durch zwanghaft-reflexive Empörung über ein schlichtes Comedy-Video".“
Alle bekommen Fett weg
Wer sich durch das Comedyprogramm der Privatsender zappt, ist Schlimmeres gewohnt und hat wahrscheinlich über gleichwertige Sketche zumindest schon mal geschmunzelt. Gegen Mario Barth sind die Massen nicht Sturm gelaufen, sondern ins Stadion gerannt, um mindestens genauso diskriminierende, frauenfeindliche Witze zu hören. Um die Feministen unter den Empörten zu beruhigen, empfahl Nutzer JassesHarry bei der Videoplattform Youtube: „Einfach einen Spot drehen wo die Frau einem Mann eine Kopfnuss verpasst, und fertig.“ Zwar nicht genauso, aber so ähnlich ist das bereits geschehen – eine Frau opferte ihren Mann einem alles verschlingenden Alien. „Aufräumen kann so einfach sein“ - die Empörung blieb allerdings aus. Überhaupt nehmen die Werbespots von ‚E wie einfach’ diverse Typen aufs Korn – in einem weiteren Clip verprügelt eine ältere Dame einen jungen Mann mit Glatze, Springerstiefeln und Bomberjacke mit ihrer Handtasche. Botschaft: „Widerstand kann so einfach sein.“
Diese Ausgewogenheit ist wichtig, sagt Grimmer. „Wenn man sich nur auf Frauen einschießt, das wäre problematisch“, sagt er. Wenn jeder sein Fett weg bekommt, ist alles okay. Deswegen kann man sich nun zu recht fragen, warum ausgerechnet der Spot zum Thema „einfach einschlafen“ aus dem Netz genommen wird. Grimmer ist sich sicher, es hätte gereicht, den Clip nicht im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu zeigen. Im Umfeld von Late-Night-Shows hätte er niemanden gestört.