Servicewüste Deutschland. Es hat sie immer gegeben. Manche hofften, wenn man die Serviceunfreundlichkeit deutscher Unternehmen und ihrer Mitarbeiter anprangert, würde ein Weckruf durchs Land gehen - und alles würde besser. Doch das Gegenteil ist der Fall: Es wird immer schlimmer.
Das ist zumindest der Eindruck, den man gewinnt. Während früher nur das unmittelbare Umfeld vom Missgeschick erfuhr, erfahren heute, dank Foren, Blogs und Social Media, Abertausende von den Service-Unzulänglichkeiten deutscher Dienstleister. Unter dem Pseudonym Tom König berichtet der Journalist Tom Hillenbrand regelmäßig bei Spiegel Online über die haarsträubendsten Erlebnisse. Zum Beispiel, dass die Postbank bei einer Konto-Kündigung das Geld der Kunden nicht herausrückt.
Manchmal hat der Kunde ein Problem selbst verursacht und hofft, dass das Unternehmen bei der Lösung hilft. Wenn es sich jedoch stur stellt oder das Problem erst zu einem wirklichen Drama ausarten lässt, dann hat man schnell einen Kunden auf immer verloren. Und einen Blogpost im Umlauf, der den Schaden erst richtig groß macht. So ist es mir mit Air Berlin ergangen, deren Dienste ich nach einem Drama in Abu Dhabi künftig nicht mehr wahrnehmen werde. Und so ist es dem Unternehmer und Blogger Thomas Knüwer ergangen, der sich nach einem Erlebnis mit Car2go als Kunde mit einem Blogpost verabschiedete.
Noch im Jahre 2008 berichtete das Handelsblatt, Deutschlands Dienstleister unternähmen immer größere Anstrengungen, um ihre Kunden zufriedenzustellen. Wie viel davon Wirklichkeit wurde, entlarvt ein aktueller Bericht des ZDF.
Die Hand auf der heißen Herdplatte
Natürlich hat kein Dienstleister ausschließlich zufriedene Kunden. Diesen Zustand wird man niemals herstellen können. Die Reaktionen in den Foren und Blogs lassen jedoch den Schluss zu, dass die Hälfte der Kommentatoren zustimmen und von ihren eigenen Erlebnissen berichten - und die andere Hälfte sich als hochzufrieden mit den Anbietern erweisen. Das Ergebnis ist, auf den ersten Blick, eine scheinbar durchschnittliche Kundenzufriedenheit. Wie die eine Hand auf der heißen Herdplatte und die andere Hand in kaltem Wasser eine im Durchschnitt angenehme Temperatur erzeugt...
In Wirklichkeit ist dies für die betroffenen Unternehmen eine Katastrophe. Jeder einzelne dieser vielen, unzufriedenen Kunden, die zum Absprung bereit sind, muss laufend durch neue Kunden ersetzt werden, um den Umsatz zu halten. Dass diese Rechnung nicht aufgeht, lernt jeder angehende Marketing-Student schon im ersten Semester. Und die CEOs dieser Unternehmen sollten zumindest von diesem Phänomen gehört haben - selbst dann, wenn sie (nur) Juristen oder Controller sind.