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Die Servicewüste lebt!

Service ist und bleibt für die meisten deutschen Unternehmen ein Fremdwort. Immer mehr unzufriedene Kunden machen in Foren und Blogs ihrem Unmut Luft. Die Unternehmen wollen einfach nicht begreifen, dass sie dem Image-Schaden leicht aus dem Weg gehen können - und dass zufriedene Kunden sogar die Rentabilität steigern.

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So nehmen Internet-Portale ihre Nutzer aus
Gegen die Portale des Internet-Unternehmens Unister, Betreiber populärer Websites wie ab-in-den-urlaub.de, fluege.de und Preisvergleich.de, werden immer wieder Vorwürfe laut. Zuletzt berichtet die Zeitschrift Computerbild von weitreichenden Manipulationen, um Nutzer über den Tisch zu ziehen. Laut Heise Online widerspricht das Unternehmen den Vorwürfen teilweise und geht rechtlich gegen den Bericht vor. Die Computerbild wiederum bleibt bei ihrer Darstellung. Im Folgenden ein Überblick über die Maschen von Abzockern im Internet. Quelle: www.fluege.de
Klickfallen bei der FlugbuchungNutzlose Services wie eine Umbuchungs-Option oder eine Reiseschutzversicherung auf Flugportalen sind vorausgewählt und müssen erst manuell abgewählt werden. Eine derartige „Opt-Out-Regelung“ bei Buchungen über das Internet sind nicht zulässig. Quelle: dpa
Frei erfundene PreissenkungenImmer wieder fallen einzelne Anbieter durch frei erfundene Preissenkungen auf. Das ist wettbewerbswidrig. Ein Sonderangebot muss auch eine echte Preissenkung sein, das Produkt muss also regulär zu einem höheren Preis zu haben sein. Ein weiterer Trick: Service-Gelder, die bei einer Buchung versteckt aufgeschlagen werden. Quelle: dpa
Frei erfundene GebührenIntransparenz beim Preis ist für manches Online-Flugbuchungsportal die Strategie, um bei Preissuchmaschinen den günstigen Preis vorzutäuschen. Im letzten Buchungsschritt wird teilweise eine willkürliche „Servicepauschale“ von 20 bis 30 Euro aufgeschlagen. Dabei sind Flughafengebühr und Mehrwertsteuer in dem Preis bis dato bereits eingerechnet. Quelle: dpa
Falsches FlirtenEinem aktuellen Bericht der Computerbild zufolge arbeitet ein großes Dating-Portal mit computergenerierten Profilen. Doch damit nicht genug: Tausende Nutzer würden gefälschte Flirt-Nachrichten erhalten, um sie zu weiteren Abo-Abschlüssen zu bewegen. Die Vorwürfe sind nicht neu: Gegen die Fake-Profile hatte der Konkurrent eDarling eine einstweilige Verfügung gegen das Portal Partnersuche.de von Unister erwirkt, in der dem Unternehmen untersagt wird, weiterhin gefälschte Mitgliederprofile anzulegen und damit echte Mitglieder anzuschreiben. Die falschen Flirt-Nachrichten hatten offenbar das Ziel, Nutzer zum Abschluss einer Premium-Mitgliedschaft zu animieren. Quelle: www.partnersuche.de

Servicewüste Deutschland. Es hat sie immer gegeben. Manche hofften, wenn man die Serviceunfreundlichkeit deutscher Unternehmen und ihrer Mitarbeiter anprangert, würde ein Weckruf durchs Land gehen - und alles würde besser. Doch das Gegenteil ist der Fall: Es wird immer schlimmer.

Das ist zumindest der Eindruck, den man gewinnt. Während früher nur das unmittelbare Umfeld vom Missgeschick erfuhr, erfahren heute, dank Foren, Blogs und Social Media, Abertausende von den Service-Unzulänglichkeiten deutscher Dienstleister. Unter dem Pseudonym Tom König berichtet der Journalist Tom Hillenbrand regelmäßig bei Spiegel Online über die haarsträubendsten Erlebnisse. Zum Beispiel, dass die Postbank bei einer Konto-Kündigung das Geld der Kunden nicht herausrückt.

Manchmal hat der Kunde ein Problem selbst verursacht und hofft, dass das Unternehmen bei der Lösung hilft. Wenn es sich jedoch stur stellt oder das Problem erst zu einem wirklichen Drama ausarten lässt, dann hat man schnell einen Kunden auf immer verloren. Und einen Blogpost im Umlauf, der den Schaden erst richtig groß macht. So ist es mir mit Air Berlin ergangen, deren Dienste ich nach einem Drama in Abu Dhabi künftig nicht mehr wahrnehmen werde. Und so ist es dem Unternehmer und Blogger Thomas Knüwer ergangen, der sich nach einem Erlebnis mit Car2go als Kunde mit einem Blogpost verabschiedete.

Noch im Jahre 2008 berichtete das Handelsblatt, Deutschlands Dienstleister unternähmen immer größere Anstrengungen, um ihre Kunden zufriedenzustellen. Wie viel davon Wirklichkeit wurde, entlarvt ein aktueller Bericht des ZDF.

Die Hand auf der heißen Herdplatte

Natürlich hat kein Dienstleister ausschließlich zufriedene Kunden. Diesen Zustand wird man niemals herstellen können. Die Reaktionen in den Foren und Blogs lassen jedoch den Schluss zu, dass die Hälfte der Kommentatoren zustimmen und von ihren eigenen Erlebnissen berichten - und die andere Hälfte sich als hochzufrieden mit den Anbietern erweisen. Das Ergebnis ist, auf den ersten Blick, eine scheinbar durchschnittliche Kundenzufriedenheit. Wie die eine Hand auf der heißen Herdplatte und die andere Hand in kaltem Wasser eine im Durchschnitt angenehme Temperatur erzeugt...

In Wirklichkeit ist dies für die betroffenen Unternehmen eine Katastrophe. Jeder einzelne dieser vielen, unzufriedenen Kunden, die zum Absprung bereit sind, muss laufend durch neue Kunden ersetzt werden, um den Umsatz zu halten. Dass diese Rechnung nicht aufgeht, lernt jeder angehende Marketing-Student schon im ersten Semester. Und die CEOs dieser Unternehmen sollten zumindest von diesem Phänomen gehört haben - selbst dann, wenn sie (nur) Juristen oder Controller sind.

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