Werbesprech

Werbung aus der Mottenkiste

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Ewig neue Werbung ist nicht nachhaltig

Als ähnlich beliebte Werbe-Ikone darf der Coca-Cola Light Mann gelten, 1998 noch Robert Merrill als Fensterputzer, wurde er inzwischen von James Franco abgelöst. Ebenso zur Legende wurde die Coca-Cola Truck-Promotion zu Weihnachten, die seit 1997 jedes Jahr durch Deutschland tourt. Doch an Strahlkraft unübertroffen bleibt der Marlboro Mann, der schon 1954 erfunden wurde. Unglücklicherweise verstarben gleich mehrere der diversen Cowboy-Darsteller an den Folgen des Rauchens...

Gegründet, beworben, verkauft, vergessen

Betrachtet man diese erfolgreichen Langzeit-Nostalgiker und gleichzeitig die Hektik, mit der die meisten Marketingmanager und ihre Agenturen alljährlich neue Kampagnen aus dem Boden stampfen und dabei jedem neuen Trend hinterherlaufen, stellt sich zwangsläufig die Frage der Nachhaltigkeit für die beworbenen Marken.

Die aufsehenerregendsten Kampagnen von Sixt
Sixt ist bekannt für seine Werbemotive. Doch nicht aus jeder frechen Idee wird eine Anzeigenkampagne. Dieses Motiv zum Beispiel wurde verworfen. Der Entwurf thematisiert den Rücktritt von Reinhard Grindel als DFB-Präsident. Grindel war Anfang April wegen der Annahme einer Luxus-Uhr von einem ukrainischen Oligarchen als Präsident des Deutschen Fußballbunds zurückgetreten, am 10. April gab er auch seine Ämter bei der Fifa und der Uefa ab. Eine hohe Schadenersatzzahlung wollte Sixt nicht riskieren – denn Grindel wehrt sich gegen die Korruptionsvorwürfe.
Wegen des Motiv einer von einer Cabriofahrt zerzausten Angela Merkel gab es schon einmal Ärger für die Familie Sixt. Erich Sixt präsentierte sich im Februar 2019 vor dem Bild. Das Unternehmen testet seit längerem die Anmietung und Abholung von Mietautos per App. Quelle: dpa
Sixtwerbung zu CSU-Chef Horst Seehofer Quelle: Screenshot
Sixtwerbung zu AfD-Vize Gauland Quelle: Screenshot
Sixt Merkel Quelle: Screenshot
Auch, als im April 2015 zum siebten Mal der Bahnstreik die Republik lahm legte, war das Grund genug für Sixt, Claus Weselsky erneut zum Mitarbeiter des Monats zu ernennen. Quelle: Screenshot
Zum neunten Mal kommt es im Mai 2015 im Tarifkonflikt zwischen Deutscher Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL zum Arbeitskampf. Auf Twitter kursiert ein Bild, das eine witzige Reaktion des Autovermieters Sixt darauf zeigt: Ein Miet-Lkw der aussieht, als ob er einen Bahn-Waggon an Bord hätte, zusammen mit dem Spruch: "Die Bahn kommt". Quelle: Screenshot

Bei Twitter erhebt Julia Rieke, Social Media Managerin beim Online-Portal des Magazins "Stern" zu Recht die Frage: Ob es in 20 Jahren auch so nostalgische Artikel wie "Diese Werbebanner bleiben unvergessen" geben wird?“ Nein, die wird es nicht geben. Die meisten Marken, die heute unsere Werbeblöcke und Screens zumüllen, wird es in 20 Jahren nicht mehr geben. Sie werden ebenso vergessen sein wie ihre Werbung.

Manche Werbeblöcke bestehen inzwischen fast nur noch aus Spots von Internet-Portalen für die Suche nach den günstigsten Reisen, Flügen und Hotels. Testberichte.de verzeichnet alleine 128 Flugsuchmaschinen, Reiseportale und Hotelbörsen. Gefühlt jede Woche kommt ein neuer Anbieter hinzu.

Welche dafür vom Markt verschwinden, ist dem Endverbraucher gleichgültig. Die meisten gleichklingenden Namen hat man sich ohnehin nicht merken können. Diese Internet-Marken sind keine. Sie haben keine Zukunft. Sie werden gegründet, beworben, verkauft und vergessen.

Wer heute für eine Marke verantwortlich zeichnet, die 40 Jahre und älter ist und die nächsten 20 Jahre überleben soll, tut gut daran, seine Werbung auf den Prüfstand zu stellen. Oliver Handlos, Kreativchef von Grey Berlin, bringt es auf den Punkt: „Vor allem Big Spender wie die Autobranche und die großen deutschen Biermarken werben mutlos, uninspiriert und mit den ewig gleichen Bildern.“

Vielleicht sollten sie - wie die Allianz - einmal einen Blick in ihre eigene Vergangenheit werfen. Als die Bilder laufen lernten und die Werbung sich noch die Zeit nahm, Geschichten zu erzählen.

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