Die Dating- und Seitensprungportale Ashley Madison und Lovoo füllten ihre Portale mit gefakten Mitgliederaccounts. Die Gründer von Lovoo wurden festgenommen. Viele Hotelbuchungsportale sind unangenehm aufgefallen, weil sie mit gefälschten Meldungen wie „Nur noch 2 Zimmer“ oder „20 weitere Besucher“ die Kunden zur Buchung drängten.
Die gesamte Online-Marketingwelt fällt derzeit ohnehin eher durch kriminelle Machenschaften auf. Nach Schätzungen des renommierten US-Werbers und Bloggers Bob Hoffman zählt der Betrug mit gefälschten Online-Zugriffen („Ad Fraud“) bald zur weltweit zweitgrößten Quelle des organisierten Verbrechens - nach dem Handel mit Drogen.
Lug und Trug bis zum Abwinken
Letzte Woche erfuhren wir, dass Mozilla und Google eine umstrittene Erweiterung aus ihren Angeboten entfernten. Nach einer Recherche des NDR greift das Add-on von seinen Nutzern die eingegebenen WWW-Adressen ab und verkauft diese Daten weiter. Das Browser-Plugin trägt den bezeichnenden Namen „Web of Trust“.
Und Facebook musste kürzlich gegenüber seinen Werbekunden zugeben, dass die veröffentlichten Daten zur Sehdauer von Videos über zwei Jahr hinweg irrtümlich falsch, nämlich um 60 bis 80 Prozent überhöht ausgewiesen wurden. Wie kann es sein, dass ein Technologie-Gigant wie Facebook jahrelang falsche Metriken verwendete - und es selbst nicht merkte? Verständlich, dass die werbungtreibende Industrie derzeit vor Wut kocht. Aber schön, dass die Werbebranche selbst auch einmal Opfer mutmaßlicher Tricksereien wurde. Das geschieht ihr ganz recht.
Tatsächlich ist die Werbebranche selbst nicht besser als das Ergebnis ihrer Arbeit. Der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf her. Die Mediaagenturen, die sich gern als Berater ihrer Werbekunden darstellen, erweisen sich als Mitglieder einer „pervertierten“ Branche, die lügt und betrügt. Ein Gutachten des EMR Instituts für Europäisches Medienrecht kommt zum ernüchternden Schluss, dass die Branche wegen ihres möglichen Einflusses auf die Medienvielfalt aus verfassungsrechtlicher Sicht als "potentielle Gefährdung" gilt und daher vom Gesetzgeber reguliert werden sollte.
Diesen Marken vertrauen die Deutschen
Das größte Markenvertrauen genießt dm: 78 Prozent der insgesamt 1000 Befragten sagen, dass sie von den 90 abgefragten Marken dm am meisten vertrauen. Das ist eine Steigerung von plus 15 Prozentpunkten gegenüber 2014. Und auch bei der Brand Experience – also der positiven Markenwahrnehmung - ist die Drogerie Nummer eins mit 73 Prozent.
Quelle: Brand Experience + Trust Monitor 2015 von Sasserath Munzinger Plus und UDG United Digital Group
Platz zwei belegt die Drogerie-Kette Rossmann: 65 Prozent gaben an, Rossmann sei die Marke, der sie am meisten vertrauen. Dabei konnte Rossmann neun Prozentpunkte gegenüber 2014 zulegen. Und sogar 69 Prozent sagten, sie hätten eine positive Markenwahrnehmung von Rossmann. Dadurch landet die Kette im Bereich Brand Experience ebenfalls auf Platz 2.
Bei Miele gaben 54 Prozent gaben an, die Marke Miele positiv wahrzunehmen – sei es in den (sozialen) Medien, ihrem privaten Umfeld vertrauen oder der eigenen Waschküche. 62 Prozent nannten Miele eine vertrauenswürdige Marke.
Im vergangenen Jahr belegte Nivea noch den ersten Platz im Brand Experience + Trust Monitor. Dieses Jahr reicht es mit einem Wert von 61 Prozent nur für Platz vier. Bei der positiven Markenwahrnehmung schafft es Nivea mit ebenfalls 61 Prozent auf den dritten Platz.
58 Prozent der Befragten gaben an, Sony für vertrauenswürdig zu halten. Das heißt: Platz fünf im Bereich "Trust". Eine positive Markenwahrnehmung hatten allerdings nur 48 Prozent - das reicht nur für Platz 14.
Platz sechs im Bereich Trust geht an Samsung. Diese Marke wird von 55 Prozent der Befragten als vertrauenswürdig genannt. Sogar 59 Prozent nahmen Samsung positiv wahr.
Haribo landet auf Platz sieben. 55 Prozent finden, man könne der Marke vertrauen. Ein positives Image hat Haribo auch: Platz sechs (57 Prozent).
Armaturen der Marke Hansgrohe erscheinen ebenfalls vertrauenerweckend: Platz acht in der Kategorie Trust.
Der Discounter wird von 53 Prozent der Befragten als vertrauenswürdig bewertet. Das genügt im Bereich Trust für Platz neun. Eine positive Markenwahrnehmung von Lidl hatten sogar 57 Prozent. Damit landet Lidl im Bereich positiver Markenwahrnehmung sogar auf Platz sieben.
Edeka finden 53 Prozent der Befragten vertrauenswürdig, 50 Prozent haben ein positives Markenimage de Lebensmittelhändlers. Das bedeutet in beiden Kategorien Platz 10.
Rewe vertrauen 53 Prozent der Befragten (Platz 11). Eine positive Markenwahrnehmung von Rewe haben 50 Prozent der Befragten (Platz neun).
Vertrauen in Aldi Nord und Aldi Süd haben 51 Prozent der Befragten. Etwas weniger nehmen Aldi auch positiv wahr: 49 Prozent. In beiden Fällen ist das Platz 12 in der jeweiligen Kategorie.
Der Marke Henkel vertrauen 51 Prozent der Befragten. Platz 13 in der Kategorie Trust.
51 Prozent vertrauen der Marke Amazon, die auf Platz 14 landet. Eine positive Markenwahrnehmung haben allerdings 59 Prozent. Das bedeutet Platz fünf in der Kategorie Markenwahrnehmung.
Platz 15 im Bereich Vertrauen geht an Bahlsen. 50 Prozent der Befragten vertrauen der Marke. 49 Prozent nehmen Bahlsen als Marke positiv wahr, was für den 11. Platz in der Kategorie Markenwahrnehmung reicht.
Je größer die Marke, desto größer die Lüge
Auffällig am wachsenden Problem mit den Lügen der Werbebranche ist: Es sind die ganz Großen, die am meisten tricksen, lügen und betrügen. Es sind die großen Unternehmen mit ihren größten und bekanntesten Marken, die sich offenbar nur auf unlauterem Weg behaupten können. Umsatzziele und Renditezwänge sind dafür keine Entschuldigung. Im Gegenteil: Eine verantwortungsvolle, gewissenhafte und nachhaltige Markenführung verlangt nach Vertrauen. Doch dieses Vertrauen verspielen sie immer mehr.
Man hatte uns das digitale Zeitalter als das transparenteste aller Zeiten versprochen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Es wird mehr gelogen denn je. Die Digitalisierung hat höchstens ein neues Kapitel aufgeschlagen und die Möglichkeiten für Lug und Betrug um ein Vielfaches vergrößert.
Die Verbraucher sollten Marken, die lügen, konsequent abstrafen und boykottieren. Die sozialen Netzwerke geben ihnen die Macht, sich öffentlich zu wehren. Sie sollten besser den kleinen Marken vertrauen, die sich bemühen, mit ehrlichen Produkten und vertrauenswürdiger Werbung gegen die Großen zu bestehen. Auch dann, wenn der Preis einmal höher ist. Wir sollten gelernt haben, dass Lügen uns am Ende teurer zu stehen kommen.
Es ist durchaus begrüßenswert, dass inzwischen fast alle großen Unternehmen in Deutschland einen Chief Compliance Officer installiert haben. Was sie jedoch in Wirklichkeit und viel dringender brauchen, ist ein CWO. Einen Chief Wahrheits-Officer. Und es wäre wünschenswert, wenn Unternehmen wie Volkswagen und Audi, Procter & Gamble und Beiersdorf mit gutem Beispiel voran gingen.