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Der TV-Wahnsinn 2017

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Netflix kann warten

Doch es gibt vom abgelaufenen TV-Jahr nicht nur gute Nachrichten. Der „Tatort“ ist in die Jahre gekommen und beginnt zu schwächeln. Die Erstausstrahlungen wurden von einer halben Million Zuschauern weniger gesehen als noch 2015. W&V-Redakteurin Petra Schwegler macht das Dilemma aus: „Keine Folge ohne Burn-out, Beziehungstragödien, Alkoholprobleme, Familienkrach, Rabenmütter oder Psycho-Anfälle. Während Tatort-Ermittler gehäuft durchs persönliche Schlamassel irrlichtern, wird fast zufällig ein Fall gelöst. Immer öfter endet der Sonntagabend mit dem Gedanken: Dieser Tatort muss auf die Couch!“ Er braucht dringend einen Reset.

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Komaglotzen und Serienmarathon

Währenddessen rüsten die Streaming-Dienste auf und blasen zum Angriff auf die analogen TV-Sender. Sky, Netflix, Amazon und Co. wollen die klassischen TV-Veranstalter mit immer neuen Eigenproduktionen gehörig unter Druck setzen. Die Erfolge von „Game of Thrones“ und „House of Cards“ machen ihnen Mut. Alleine bei Netflix starten in diesem Jahr neun neue Serien.

2017 ist also „Binge Watching“ angesagt. Unter diesem Begriff versteht man „Komaglotzen“ oder auch Serienmarathon: das Schauen von mehreren Folgen einer Serie am Stück. Das Binge-Phänomen ist Studien zufolge bei jüngeren Fans und Serien-Junkies deutlich stärker als bei älteren zu beobachten. Es sind überwiegend Teenager, die am Wochenende stundenlang Serien schauen. Das hat ein bisschen etwas vom PokémonGo-Phänomen.

Da tut sich eine interessante Entwicklung auf, die dem ewigen Konflikt der Generationen gleicht: Analoges Fernsehen wird von den über 30jährigen bevorzugt, die über Konsumkraft verfügen, einen Haushalt führen und eine Familie versorgen. Die Streaming-Dienste ziehen dagegen die Jüngeren an, die weder über Geld, noch über einen festen (Ehe-) Partner verfügen.

Wenn sich das bewahrheitet, wäre es fein für die Werbungtreibenden. Dann könnten die nervigen Dating Sites vom Schlage Parship, Elitepartner, eDarling und c-date die analogen TV-Werbeblöcke Richtung Netflix & Co. verlassen - und die Markenwelt hätte die analoge TV-Welt mit ihren enormen Reichweiten wieder für sich.

Diese Moderatoren machen richtig Kasse
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Judith-Sheindlin Quelle: Susan Roberts (Judge Judy & Painting), CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

Netflix kann warten

Doch ganz so schnell wird das nicht passieren. Denn am 13. Januar startet wieder #IBES: „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus“. Dann gehört der analoge Bildschirm wieder dem Moderatorenduo Sonja Zietlow und Daniel Hartwich. Freuen wir uns auf den Welt- und Europameister Thomas Häßler, auf Reality-Königin und It-Girl Gina-Lisa Lohfink und die zehn weiteren, mehr oder weniger prominenten Dschungelhelden.

Dann sitzen wir (fast) alle wieder vor der Glotze - die Älteren ebenso wie die Jungen. Versäumen Sie das Spektakel nicht. Netflix kann warten.

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