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Schleichwerbung: Ivanka Trump ist in bester Gesellschaft

Ivanka Trump macht es. Audi, Coca-Cola, McDonald’s oder Samsung machen es auch: Sie betreiben Schleichwerbung und versuchen, uns mit unzulässigen Produktplatzierungen zu verführen. Und der Gesetzgeber? Sieht zu.

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Ivanka Trump. Quelle: AP

Frank-Walter Steinmeier wird voraussichtlich der nächste Bundespräsident. Stellen Sie sich vor, seine Tochter Merit würde nun im Dezember in einer Talkshow auftreten und bei dieser Gelegenheit ihre Schmuckkollektion anpreisen.

Unvorstellbar? Nicht in den USA. Donald Trumps Tochter Ivanka trug bei der CBS-Show „60 Minutes“ deutlich sichtbar einen 10.800 Dollar teuren Armreif aus ihrer Kollektion. Unmittelbar darauf verschickte ihre Schmuckfirma Ivanka Trump Fine Jewelry einen „Style Alert“ an Journalisten und warb für die Kollektion. Es wurde zum PR-Debakel.

Die einen nennen es eine fragwürdige Vermischung von politischer Macht und den geschäftlichen Interessen des Trump-Clans (was es ist), für die anderen ist es schlichtweg dreiste Schleichwerbung. Der ZDF „heute show“ war es einen bissigen Sketch („geile PR-Aktion“) wert.

Das ist der Trump-Clan
Der 45. Präsident der USA heißt Donald Trump, die First Lady Melania. Für den Wahlsieger spielte seine Familie eine wichtige Rolle im Wahlkampf – und tut es auch während der Präsidentschaft noch. Denn Donald Trump misstraut den meisten politischen Beratern. Nur seine engsten Angehörigen dürfen ihm die Meinung sagen und Ratschläge geben. Quelle: REUTERS
Ivanka Trump Quelle: AP
Donald Trump Jr Quelle: AP
Tiffany Trump Quelle: REUTERS
Tiffany Trump Quelle: REUTERS
Eric Trump Quelle: AP
Seine Ehefrau Lara Yunaska stand ihm bei jeder Wahlkampfveranstaltung seines Vaters zur Seite. Eric ist der Sohn von Ivana Trump, Trumps erster Ehefrau. Im Jahr 2012 wurde Eric vom „Forbes“-Magazin zu einem der Top 30-Immobiliengurus gekürt. Er leitet gemeinsam mit seinen Geschwistern das Trump Imperium und ist Gründer. Quelle: REUTERS

Es ist kompliziert

Hierzulande ist Schleichwerbung per Gesetz ("Unlauter handelt insbesondere, wer den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert") verboten. Der Verbraucher soll nicht durch bewusst platzierte Werbung in vermeintlich unabhängigem, redaktionellem Umfeld getäuscht werden. Doch es ist kompliziert. Denn Produktplatzierungen sind dann erlaubt, wenn darauf ausdrücklich hingewiesen wird. Jeder kennt im Fernsehen den Hinweis: „Unterstützt durch Produktplatzierungen“. Es ist also eine stete Gratwanderung zwischen verboten und gerade noch erlaubt.

Aufsehen erregte das ZDF, als enthüllt wurde, dass zahlreiche Firmen, darunter Solarworld, Audi und Mercedes Millionenbeträge gezahlt hatten, um in Thomas Gottschalks Quotenhit „Wetten dass?“ präsentiert zu werden. Ebenso befremdlich sahen es die Kritiker, dass der Haribo-Markenbotschafter über Jahre hinweg seinen Gästen die Gummibärchen des Bonner Unternehmens schamlos offen kredenzte.

Wer mit dem neuen US-Präsidenten wirbt
So klappt der Umzug ins Weiße Haus Quelle: Screenshot
Mit Trump die Bekanntheit steigern Quelle: Screenshot
Wie Trump sein Haus sichern würdeAuch das Berliner Start-up Tink unter dem Dach von Rocket Internet setzte bewusst auf die Reizfigur Trump. In dem Werbevideo tritt ein Mann mit seltsamer Frisur vor blau-weiß-rotem Hintergrund an ein Rednerpult mit der Aufschrift „Trumpf“. Auf die Frage, wie er sein Haus gegen Einbrecher sichert, gibt es eine klare Antwort: „Get a gun.“ Es folgt ein Schnitt, nach dem das Unternehmen seine „smartere“ Lösungen präsentiert: Denn Tink ist eine Plattform für Produkte verschiedener Hersteller, mit denen die Wohnung vernetzt werden kann. Quelle: Screenshot
Neue Heimat für Trump-FlüchtlingeDie kanadische Insel Cape Breton leidet unter Bevölkerungsschwund. Der Kanadier Rob Calabrese wirbt deshalb auf seiner Webseite um „Trump-Flüchtlinge“. Der Radio-Moderator verspricht allen Gegnern auf der Insel eine neue Heimat. Quelle: Screenshot
100.000 Anfragen binnen weniger Tage Quelle: gms
One-Way-Ticket nach KanadaFür die Anreise wäre auch schon gesorgt. Denn der amerikanische Reiseanbieter Kayak reagierte auf den Trump-Sieg mit einer ungewöhnlichen Twitter-Meldung: Er wirbt mit One-Way-Tickets für Ausreisewillige nach Kanada. Dazu hat Kayak zu einem Gewinnspiel aufgerufen: „Wollen Sie aufgrund der Wahl Ihre Koffer packen und nach Kanada kommen? Falls ja – wir verlosen jeweils 250 Dollar für Flugtickets.“ Quelle: Screenshot
Ein letztes Mal...Auch die Fluggesellschaft Royal Jordanian nutzte den Wahlsieg von Donald Trump zu ihren Werbezwecken. Allerdings für eine Reise in die andere Richtung. Quelle: imago images

Jahre zuvor hatte bereits der „Marienhof-Skandal“ die ARD erschüttert. Hier waren die sogenannten „Placements“ sogar in Dialoge und Handlungsstränge eingeflossen. Doch wer glaubt, dass unzulässige Schleichwerbung durch solche Skandale eingedämmt würde, sieht sich eines Besseren belehrt: Weil der Gesetzgeber meist ein Auge zu drückt, nimmt die Schleichwerbung immer mehr zu.

Der längste Werbespot der Welt

Besonders verbreitet sind Produktplatzierungen in Kinofilmen. Das wohl prominenteste Beispiel dafür liefert die James-Bond-Reihe. Die FAZ nannte Spectre, Bonds jüngstes Abenteuer, den „längsten Werbespot der Welt“. Die Einnahmen aus Produktplatzierung sollen alleine für zwei Drittel der Produktionskosten aufgekommen sein. Eine lange Liste der dreistesten Schleich-Platzierungen hat die Website Filmstarts hier zusammengetragen.

Längst haben die Schleichwerber jedoch einen neuen, schwer zu kontrollierenden Kanal für ihre Praktiken gefunden: YouTube. Hier stellen die neuen Stars im Social-Media-Himmel völlig ungeniert die Produkte der Industrie vor. Selbstverständlich gegen Bezahlung.

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