Wie sähen andere Marken aus, wenn man sie ihres DNA-Kerns beraubte? Audi ohne Fortschritt, BMW ohne Fahrfreude und Dynamik, Nutella ohne Haselnüsse, Ferrero ohne Küsschen, Coca-Cola ohne Koffein, McDonald’s ohne Big Mac, Heinz ohne Ketchup, Ritter Sport nicht-mehr-quadratisch als Langtafel. Commerzbank ohne Jogger an unserer Seite, die Deutsche Bank ohne Leistung und Leidenschaft (zugegeben, beides wäre durchaus vorstellbar). Oder Apple ohne iPhone und „Think different“, die inzwischen sogar Interesse an der DNA ihrer Kunden bekunden.
Diese wenigen Beispiele zeigen, wie absurd es ist, einer Marke das zu nehmen, was sie ausmacht, was sie von anderen unterscheidet. Man reißt ihr das Herz aus dem Brustkorb. Einen solchen Harakiri-Akt müssten selbst Marketing- und Medien-unerfahrene Finanzmanager als falsch begreifen. In einem Spiegel-Kommentar schreibt Benjamin Maack: „Flanders' Schachzug entspricht auf eine erschreckende Art dem Zeitgeist. Denn er ist ein Symptom für eine Entwicklung, die unsere Medien verändert: Bei Zeitungen und Magazinen, in TV, Radio und Internet entscheiden immer öfter Menschen, die sich besser mit Zahlen auskennen als mit Journalismus. Nicht verwunderlich. Schließlich stellen sie die Fragen, die Vorstände gern hören: Was lohnt sich? Was wollen die Werbekunden? Und was kauft der Leser von heute? Das wird sich kaum ändern lassen.“
Die Zukunft heißt Mainstream
So entsteht Mittelmaß. So werden nach und nach alle journalistischen Produkte gleichgeschaltet und austauschbar. Es dauert nicht mehr lange, dann ist es vorbei mit spannenden Medien, die uns überraschen, die nicht einem von Hedgefonds geprägten Monetarisierungs-Mainstream folgen.
Wir erleben es beim Fernsehen, wo schon längst die Quote regiert und die Redaktionen nur das produzieren lassen, was die Mehrheit der Zuschauer sehen mag. Wir erleben es im Internet, wo Journalisten - die ohnehin bald von Robotern ersetzt werden - dann bald nach Klicks bezahlt werden und ihren Lesern folglich nach dem Mund schreiben. Nun schlägt die gleiche Niveau-Nivellierung auch auf den Zeitschriftenmarkt durch.
Die Digitalisierungspropheten hatten uns das Gegenteil versprochen. Mehr Individualität, mehr Orientierung an Verbraucherwünschen, mehr Wirkung. Stattdessen erleben wir mehr Werbe-Müll, mehr Medien-Müll und eine immer weiter absinkende Online-Werbewirkung.
Der Vorgang um den Playboy ist beispielhaft. Wir tragen die Ära der Individualität zu Grabe. Eine Zeit, in der mutige Menschen das schufen, wovon sie träumten und ihnen wichtig war. Was heute nicht durch Tests und Marktforschung abgesichert ist, bekommt nicht den Segen der Investoren. Hugh Hefner hätte heute, wäre er auf die Finanzierung seiner tollkühnen Idee angewiesen, seinen Playboy niemals gründen können. Wenn er noch ein paar Jahre an der Seite seiner jungen Frau durchhält, wird er den Untergang seines Traumes erleben. Die Investoren können schon heute den Pressetext vorformulieren: „Der Playboy war einfach nicht mehr zeitgemäß…“