Werbesprech

Weihnachtliche Werbung nervt nur

Pünktlich zu Weihnachten laufen die Werbeblöcke über, dass uns Hören und Sehen vergeht. Doch viele der Marken haben dort nichts verloren. Die Kraft ihrer Kampagnen verpufft und geht im vorweihnachtlichen Trubel unter. Besser wäre, sie würden Weihnachten einfach vergessen.

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Die verrücktesten Werbeaktionen
U-Boot in MailandFür eine Versicherung, die ihre Kunden dafür sensibilisieren wollte, dass wirklich alles passieren kann, tauchte in Mailand ein U-Boot auf. Und zwar mitten in der Stadt. Es rammte einen Smart und riss den Asphalt auf. Die verwirrten Matrosen, die dem Boot entstiegen, wurden von Sanitätern abtransportiert. Quelle: Screenshot
Nacktshopping Quelle: dpa
Sexspielzeug für die Spielfreak-Frauen Quelle: dapd
Brötchen wie Brüste Quelle: Screenshot
Guerilla-MarketingSchon fast ein Klassiker sind die Guerilla-Marketingkampagnen von Nike, bei denen der Sportartikelhersteller übergroße Fußbälle so arrangierte, als seien sie in Gebäude oder Autos eingeschlagen. Auch gigantische Turnschuhe sollten auf die Produkte des Unternehmens aufmerksam machen. Quelle: Screenshot
Vorname gegen Gratis-Games Quelle: Screenshot
Die Kostenlos-Zeitung Quelle: dapd

Jedes Jahr pünktlich zu Weihnachten wiederholt sich das gleiche Spiel. Alle Unternehmen holen ihr letztes Werbegeld aus den Budgets und trommeln, als gäbe es kein Morgen. Nachvollziehbar ist noch, wenn Spielwarenhersteller, Parfüms und Sektkellereien sich im Dezember ihren Kunden anbieten. Doch daneben finden sich zahlreiche Marken, die zwar die Werbeblöcke zum Bersten füllen, mit Weihnachten jedoch nur entfernt in Verbindung zu bringen sind. Sie alle zusammen sind schuld daran, wenn wir in diesen Tagen entnervt wegzappen, wenn uns sieben Minuten lange Werbeblöcke um den Verstand bringen.

Bücher statt Smartphones

Das Marktforschungsinstitut GfK ermittelte, dass Weihnachten dem Handel in diesem Jahr einen Zusatzumsatz von 15 Milliarden Euro bescheren wird. Neun von zehn Deutsche wollen Geschenke kaufen und dabei im Schnitt 288 Euro ausgeben, ein Prozent mehr als im letzten Jahr. Doch unter dem festlich geschmückten Baum liegen in den seltensten Fällen die mit Millionenetats beworbenen Smartphones, Tablets oder Spielkonsolen. Nur drei Prozent der Menschen werden den teuren, technischen Schnick-Schnack verschenken. Mit großem Abstand (42 Prozent) liegen Jahr für Jahr Bücher unter deutschen Weihnachtsbäumen, als wollten sie damit dem angeblichen, um sich greifenden Print-Tod trotzen. Sie bescheren dem Buchhandel zum Fest der Liebe ein Umsatzvolumen von mehr als einer Milliarde Euro. Doch beworben werden Bücher an Weihnachten nicht.

Die Spielwarenhändler machen zu Weihnachten fast ein Viertel ihres Jahresumsatzes. Kein Wunder also, dass Mattel (Barbie, Fisher-Price) & Co. fast ihr gesamtes Werbebudget in die Monate November und Dezember verlagern. Doch müssen sich deswegen auch alle anderen Marken im Dezember ein Weihnachtskleid überziehen? Nutella im Weihnachtsglas, Bärenmarke mit Weihnachtsbär, Somat im Nikolausstiefel? Coca Cola mit ihrem traditionellen Xmas-Truck? Bei Coca Cola dürfen wir ein Auge zudrücken, schließlich haben sie in Amerika den Santa Claus erfunden. Oder auch nicht, wie hierzulande bezweifelt wird. Aber was, bitte, macht ausgerechnet Curry King in den vorweihnachtlichen Werbeblöcken? Sie scheinen wild entschlossen, zum Familienfest das Kochen abzuschaffen. Stattdessen essen wir unsere Currywurst lieber doch auf dem Weihnachtsmarkt.

Weihnachten in den Ruin?

Dass uns MediaMarkt und Saturn in diesen Tagen werblich auf die Pelle rücken, liegt zunächst auf der Hand. Doch nicht alles, was glänzt, ist Gold. Weihnachten ist für den Handel zugleich die teuerste Zeit des Jahres. Zum Jahresende tobt eine „Rabattschlacht bis an den Rand des Ruins“. Es kann nur gehofft werden, dass diese Margenvernichtung über die Marketingbudgets abgedeckt ist. Zumindest MediaMarkt wäre gut beraten, das Geld besser anzulegen. Denn die Ingolstädter Metro-Tochter ist zusammen mit Philips und Samsung wegen der Einschränkung des Online-Handels ins Visier der EU-Kommission geraten. Angeblich sollen sie so die Preise künstlich hochgehalten haben. Würde die Kommission die Höchststrafe verhängen, bekäme MediaMarkt ein Bußgeld von bis zu 2,1 Milliarden Euro aufgebrummt.

Kein frohes Fest für Audi

Edle Weihnachtsgeschenke für Augen und Ohren
Fender StratocasterWahrscheinlich die berühmteste E-Gitarre der Welt. Wird seit 1954 gebaut. Eric Clapton, Buddy Guy, Jeff Beck, Robert Cray, Jimi Hendrix und "Gitarrengott" Ritchie Blackmore, alle hatten eine Fender Stratocaster. Selbst Luftgitarristen schwören auf sie. Das Bild zeigt die Standard Stratocaster HSS Plus Top. Geflammte Ahorndecke, Korpus aus Erle, lackierter Ahornhals, Palisander-Griffbrett.Preis: ab circa 500 Eurowww.fender.com Quelle: Presse
Godin Seagull S6Gitarre hätte man damals lernen sollen, und nicht so schnell aufgeben. Dann wäre man jetzt Besitzer eines schönen Instruments wie der Godin Seagull S6. Der Hersteller kommt aus La Patrie, Québec in Kanada. Eine schlichte, aber hochwertige Akustik- und Westerngitarre nicht nur für Anfänger. Kräftiger Klang. Die Decke ist aus Zeder, Boden und Zargen aus dreilagigem Kirschholz, das Griffbrett aus Palisander. Gibt es schon ab 350 Euro bis etwa 600 Euro, also gar nicht mal so teuer.Preis: ab 350 Eurowww.seagullguitars.com Quelle: Presse
Gibson Memphis ES-390Neben Fender gehört auch Gibson zu den großen Gitarrenherstellern aus den USA. Wie alle "Jazz-Gitarren" verbindet die Memphis ES-390 den warmen, federnden Klang einer akustischen Gitarre mit dem kräftigen, schneidenden Sound einer E-Gitarre.Preis: circa 2000 Eurowww.gibson.com Quelle: Presse
Bösendorfer 290 ImperialBei Klavieren denkt man an sofort an Steinway & Sons. Aber auch Bösendorfer baut erstklassige Flügel. Franz Liszt hat auf einem Bösendorfer gespielt. Die Klavierfabrik aus Wiener Neustadt feiert gerade 185-jähriges Jubiläum. Als Markenzeichen gilt ein "voller, singender Klang" Der 290 Imperial - hier in der Standardausführung "schwarz-poliert" - gehört zu den Spitzenmodellen des Hauses. Die Auslieferung dauert derzeit drei bis vier Wochen, wird also knapp mit Weihnachten.Preis: 145.990 Eurowww.boesendorfer.com Quelle: Presse
Bösendorfer im Porsche-DesignÜber den Zusammenhang zwischen einem Porsche und einem Flügel könnte man lange unergiebige Vermutungen anstellen. In jedem Fall ist dieser Bösendorfer im Porsche-Design gehalten und darf deshalb als exklusives Designstück gelten. Für den Deckel verwendet Bösendorfer ein Hightech-Material "Honeycomb", das Heben des Deckels wird von einer Gasfeder unterstützt. Wem Porsche nicht gefällt: Auch für Audi-Fahrer gibt es eine eigene Variante.Preis: auf Anfrageww.boesendorfer.com Quelle: Presse
C. Bechstein Klavier Classic 124Es muss nicht immer ein Konzertflügel sein. Auch auf dem Klavier lässt es sich klangschön musizieren. Wie zum Beispiel auf dem C. Bechstein Classic 124. Ein Klavier für anspruchsvolle Hobbyspieler. In verschiedenen Farben und Ausführungen erhältlich.Preis: circa 18.000 Eurowww.bechstein.com Quelle: Presse
Transrotor Crescendo BiancoDas Unternehmen Transrotor gehört ist mit seinen extrem aufwendig gefertigten Plattenspieler-Maschinen seit Jahrzehnten zur Spitze der Highend-Szene. Der Crescendo Bianco wiegt insgesamt 35 Kilo, der Motor ist ohne Kontakt zum Chassis unsichtbar unter dem Gerät aufgestellt und kann deshalb keine Vibrationen auf den Plattenteller übertragen.Preis: ab circa 6100 Euro (je nach Tonarm und Tonabnehmer)www.transrotor.de Quelle: Presse

Ebenso zünden die PKW- und selbst LKW-Marken zu Weihnachten ein wahres Werbe-Feuerwerk. Sie überschlagen sich mit Rabatten und Superlativen, dass einem Hören und Sehen vergeht: „Noch ein Angebot, das man nicht mehr aus dem Kopf bekommt!“ tönt es für den Sprinter von Mercedes aus dem Radio. Da ist man fast dankbar, dass Volvo seinen „Epic Split“- Clip mit Jean-Claude Van Damme, der über 58 Millionen Mal bei YouTube angesehen wurde, bereits Mitte November lancierte.

Auch Audi sollte sich besser darum kümmern, in der Liste der deutschen Lieblingsmarken wieder Boden gutzumachen, nachdem die Ingolstädter hier zuletzt vom zweiten auf den achten Platz abstürzten. Die Werbekampagne, die daran eine Mitschuld trägt, zu Weihnachten fortzusetzen, erscheint der falsche Weg. In Ingolstadt droht dieses Weihnachten kein frohes Fest zu werden.

Werbung nervt

Vergessen Sie Weihnachten!

Was in den überfüllten Werbeblöcken fast vollständig fehlt, sind Werbespots, die den Verbraucher berühren, statt ihm nur mit Weihnachtsmännern und Rabatt-Geschrei auf die Nerven zu gehen. Spots, die uns die Sorge um das richtige Schenken abnehmen. Wie angenehm fällt da der Werbespot des Otto-Versands auf, der uns wie bei einem Schaufensterbummel in feinstem Storytelling durch sein Sortiment führt.

Die vorweihnachtliche Mediamarktisierung der Werbung ist der falsche Weg, um die Wirkung der Kampagnen zu steigern. Sie erreicht das genaue Gegenteil. Man muss den Sinn des weihnachtlichen Werberummels bezweifeln. „Hauptsache dabei sein, nichts verpassen und hoffen, dass man ein paar neue Kunden gewinnt“, analysiert Olaf Kolbrück das Geschehen. Er empfiehlt, Weihnachten zu vergessen und die Energie lieber in die anderen zehn Monate zu stecken. Mit Recht.

Das zu tun, was alle anderen tun, ist bekanntlich keine Strategie. Eine Strategie, lieber MediaMarkt, Audi, Nutella, Somat, Bärenmarke, Curry King & Co., ist das zu tun, was die Marke voranbringt. Weihnachten, alle Jahre wieder, ist es nicht.

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