Als Audi 1986 für seinen Quattro den Slogan „Vorsprung durch Technik“ erfand und diesen Vorsprung mit einem spektakulären TV-Film, der in die Werbegeschichte einging, unter Beweis stellte, war dieser Anspruch auch nach innen gerichtet. Die eigene Entwicklung verstand den Aufruf und entwickelte Autos, die heute selbstverständlich in einem Atemzug mit Mercedes und BMW genannt werden. Wenn das auch Tina Müllers Absicht bei Opel ist, dann beschreitet sie selbstbewusst den richtigen Weg. Nun müssen jedoch auch Taten folgen. Die jüngsten Kreationen des Hauses, Adam und Mokka, liegen zwar im Soll, der Opel Adam schwächelte jedoch bereits nach wenigen Monaten. Das beste, was Opel passieren kann: In zehn Jahren blicken wir auf die #umparkenimkopf-Kampagne zurück und erkennen, dass dies der Startschuss in eine erfolgreichere Zukunft war.
Über die „Mach mit bei F.I.K.“-Kampagne hingegen müssen wir nicht viele Worte verlieren. Sie verdient höchstens Hohn und Spott. Sie enthält keine Aussage über die O2-Marke und kaum ein Internet-User wird sich mit ihr ernsthaft identifizieren wollen. Umsatzsprünge wird diese krude Sex-sells-Kampagne wohl nicht auslösen.
Wie man dagegen eine bislang fast unbekannte Marke ins Zentrum der Aufmerksamkeit seiner Zielgruppe pusht, das beweist die Modemarke Wren mit ihrem viralen „First Kiss“-Blockbuster. Der Film geht emotional unter die Haut und besitzt viel Gespür für seine Zielgruppe. Und - das hören Werber nicht gern - er macht eine Marke bekannt, ohne Millionen für Werbung („paid media“) zu investieren. Von Wren werden wir sicherlich noch hören.
Das Ende des Blähbauchs
Activia als alteingeführte Marke im hoffnungslos überbesetzten Joghurt-Regal betreibt mit Shakira einen wahren Quantensprung. Der Werbefilm bleibt bei seiner Botschaft „Wohlfühlen“, zeigt jedoch statt „Mutti in der Küche, die gegen ihren Blähbauch anlöffelt“ den schönsten Bauch des Popgeschäfts, wie die Frankfurter Rundschau einmal schwärmte. Die Marke bleibt sich und ihrer Botschaft treu und wird Shakiras Honorar locker wieder einspielen.
Werbekampagnen müssen sich nun einmal am Erfolg messen lassen. Und dazu ziehen die Unternehmen in der Regel den Umsatz als Erfolgskennziffer heran. Coca-Cola setzte durch seine Kampagne acht Prozent mehr Brause ab. Auch Hornbach erzielte und erwartet in einem schwierigen Umfeld einen leicht steigenden Umsatz. Wren, Activia und womöglich auch Opel werden die gewonnene Aufmerksamkeit ebenfalls zu monetarisieren verstehen. Pure Aufmerksamkeit jedoch, die nicht auf die Marke einzahlt und letztendlich damit auch den Umsatz ankurbelt, ist wertlos. Sergio Zyman, ehemaliger Marketingchef von Coca-Cola, sagte dazu: „Advertising is not an art form. It’s about selling more stuff more often to more people for more money.“ Recht hat er.