Werner knallhart

Wie mieser DHL-Service dem Image von Amazon schadet

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"DHL hat Mist gebaut"

Denn 164 war einen kurzen Fußmarsch entfernt, zur 181 und zurück hingegen wäre ich eine knappe Dreiviertelstunde zu Fuß und per Bus mit Umsteigen unterwegs gewesen, wozu ich als König Kunde nun so gar nicht aufgelegt war.

Was denn nun? Ich rief am nächsten Morgen bei Amazon an: "DHL hat Mist gebaut." Amazon wusste von nix. Obwohl sie diejenigen sind, die DHL für die Dienstleistung bezahlen.

Die Bestellung wurde storniert, eine neue direkt über Amazon Now per 60-Minuten-Lieferdienst in Auftrag gegeben. Die Superexpress-Lieferkosten von 6 Euro 99 übernahm Amazon - zu meiner Freude, aber sicherlich zum Gram von Amazon, denn gepatzt hatte DHL. Und ausfechten mussten es Amazon und Kunde.

Dann gleich die nächste DHL-Tragödie: Wo bleibt mein Drucker-Toner? Laut Amazon-App vor Tagen zugestellt in die berüchtigte Packstation 164. Doch von DHL kein Hinweis per SMS, wie sonst bei Packstationslieferungen üblich. Erst ein Blick in die Bestelldetails in der Amazon-App deckt den DHL-Murks auf: "Aufgrund eines Problems mit der Abholstation konnte Ihre Sendung nicht in die geplante Abholstation gebracht werden."

Das sind Amazons nächste Projekte

Unerquickt rufe ich Amazon an. Dort heißt es: "Hier steht, die Sendung wurde in einer Postfiliale abgegeben." Och, mal was anderes. "Hat Ihnen der Bote denn keine Karte in den Briefkasten geworfen?""Nein, natürlich nicht. Er war ja gar nicht an meiner Haustür. Die Sendung sollte ja in eine Packstation."

Wir müssen beide lachen. Das Schicksal schweißt uns Opfer irgendwie zusammen. Der Amazon-Mitarbeiter gibt mir die Adresse durch, ich notiere mit Kuli. Was DHL dem Empfänger verschweigt, muss Amazon mündlich vermitteln. Und springt damit für seinen überforderten Dienstleister in die Presche.

"Ich sehe gerade, DHL hat uns mittlerweile mitgeteilt, dass die Packstation überfüllt ist", sagt der Amazon-Mitarbeiter, erleichtert darüber, dass er Licht ins Nichts bringen kann.

Diese Information ist allerdings glatt unwahr. Ich war dort. Die Packstation war nicht voll, sondern komplett außer Betrieb. Das bestätigte auch die freundliche Mitarbeiterin in der Postfiliale, während sie nach meinem Drucker-Toner wühlt: "Hier ist gerade Chaos. Zwei Packstationen sind ausgefallen und alle Pakete werden über die Stadt verteilt. Jetzt geht die Suche los. Ich finde Ihr Paket nicht." Ein Defekt passiert nun mal, aber der unsouveräne Umgang mit Pannen ist - nun ja, belastend für alle.

Kein Wunder, dass DHL Amazon gegenüber offenbar lieber von zu hoher Nachfrage spricht, als von technischen Problemen und logistischem Superchaos. Minuten später: "Ach da ist ja Ihr Päckchen, Sie waren ja noch gar nicht im System. Sie hingen irgendwo in der Luft."

Noch nicht im System. Hat diese Kunden-Scheucherei System? Ja, ich hänge in der Luft. Schöner kann man es nicht beschreiben. Und Amazon hängt offenbar auch im leeren Raum. Dort sendet man nichts ahnend an defekte Packstationen und DHL spielt Osterhase und lässt uns alle suchen.

Wenn man nun liest, Amazon plane ein eigenes Zustellnetz, dann tut es einem wirklich für DHL leid, die den Ansprüchen des Pioniers aus Amerika offenbar nicht gerecht werden. Ich würde es der Deutschen Post gönnen, weiter mit Amazon zu wachsen. DHL würde mehr Personal, mehr Kapazität, mehr Zeit für den Empfänger gut zu Gesicht stehen. Mehr Luft für die Boten statt Liefer-Drohnen-Marketing-Gags! Sag ich jetzt mal als König Kunde, der sich nicht gerne von einem seiner Hoflieferanten vom Thron stoßen lässt.

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