Werner knallhart

Ich traue O2 irgendwie nicht über den Weg

Was gibt es eigentlich für Mobilfunktarife von O2? Mitarbeiter am Telefon sagen einem was anderes als online. Sogar die Werbung unterscheidet sich je nach Kunden. Kein Wunder, dass der O2-Kundenservice in Rankings abschmiert.

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O2: Kundenservice wie Ende der 90er-Jahre. Quelle: dpa

Diese aufgekratzte Computer-Stimme der O2-Telefonhotline-Ansagerin. Die ist für mich der Inbegriff der Kundenverachtung. Die besitzt mitunter die Frechheit und erklärt einem erst, dass man alles Mögliche an Fragen und Anliegen doch lieber online abwickeln sollte. Und wenn man stoisch weiter wartet, dann schmeißt die olle Kuh einen am Ende womöglich fröhlich grüßend aus der Leitung - wegen des "unerwartet hohen" Andrangs. Das ist Kundenservice wie Ende der 90er-Jahre.

Man stelle sich so eine Ignoranz zum Beispiel mal bei Amazon vor! Undenkbar. Aber O2 will ja offensichtlich auch nicht das kundenfreundlichste Unternehmen der Welt werden. Den O2-Oberen geht es eher ums kostengünstige Abwimmeln. Ausbaden müssen es Kunden und Mitarbeiter mit Kundenkontakt.

Ein Kollege gab mir den Rat: „Am besten lügst du und drückst am Anfang die Taste für Neukunde, dann kommst du dran.“ So weit ist es schon. Ich bin bei O2 Kunde seit einer Zeit, da hießen die noch Viag Interkom. Mit Stammkunden kann man es ja machen. Die sind so doof und bleiben einem ewig treu. Egal, was man denen an Sauerbier zur Vertragsverlängerung auftischt.

Die WirtschaftsWoche hat vergangene Woche ein Ranking veröffentlicht, welcher Mobilfunk-Anbieter am besten zu den jeweiligen persönlichen Bedürfnissen der Kunden passt. Mit im Rennen waren neben den Riesen O2, T-Mobile und Vodafone auch Anbieter wie Otelo, Aldi Talk und Mobilcom-Debitel. Nun ja, hier mal ein paar Zahlen zu O2.

Qualität des Kundenservices von O2: Platz 14 von 16. Um Gottes Willen! Und so kommt O2 auch in der Gesamtwertung nur auf Platz 14 von 16. Hinter diesem Mobilfunk-Giganten kommen nur noch die Anbieter Ja! mobil und Freenetmobile. Testsieger übrigens Vodafone. Die Firma kommt beim Kundenservice auch auf den Spitzenwert von 24,4 Punkten. O2 nur auf peinliche 12,0. Schlechter sind da nur zwei: Freenetmobile und Base. Und letzte gehören wie O2 auch zur Mutter Telefónica.

Da haben wir es: O2-Kundenservice ein Desaster. Als ich das gelesen habe, habe ich mir gedacht: Da hätten die WiWo-Kollegen auch einfach mich fragen können.

Jüngst stand bei mir eine Vertragsverlängerung an. Da bekam ich einen Anruf von O2. Und ich war gespannt, was sie mir denn anbieten würden, mir als treuestem Kunden. Oje, ich war ja so naiv.

Ich sagte: „Ich würde zukünftig gerne zusätzlich haben, dass ich vom EU-Ausland nach Deutschland und innerhalb des jeweiligen EU-Landes selber unbegrenzt telefonieren kann.“

„Ja, das geht aber nicht.“

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„Hmm. Okay, und wie sieht es mit ein paar GB Surfvolumen im EU-Ausland aus?“ Das bietet O2 Studenten auch an. Und ein Kollege surft im Urlaub mit O2, was das Zeug hält. Aber für mich geht das nicht so einfach. Wenn überhaupt, dann hätte ich dafür weniger Gigabyte Surfvolumen in Deutschland bekommen als früher. „Und Ihr Minutenvolumen für Anrufe von Deutschland in die EU sinkt dann von 100 auf 60 Minuten pro Monat.“

Hä? Ich dachte, der Sinn von Vertrags-Verhandlungen sei, den Kunden mit tollen Angeboten zu begeistern, statt ihn schlechter zu stellen als bislang.

Das Ende vom Lied: Nicht ein Entgegenkommen. Alles, was O2 mir anbot, wäre ein Schritt  Richtung weniger oder Richtung teurer gewesen.

„Aber“, quengelte ich, „im Internet bieten Sie doch zumindest mehr Gigabyte an, als jetzt hier am Telefon.“

„Ja, gut, das ist eine Aktion von den Online-Kollegen. Am Telefon bieten wir das zurzeit nicht.“

Das Einmaleins der Kundenbetreuung

Ist das nicht Horror? Je nachdem, mit wem man wann über welchen Kanal kommuniziert, erwischt man unterschiedliche Tarif-Angebote. Ich habe das mal auf einer Veranstaltung einem Pressesprecher von O2 vorgehalten. Er entgegnete: „Ja, nu, das sind ja auch zwei unterschiedliche Vertriebswege.“

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Meine Antwort: „Nein, das ist der gleiche Vertriebsweg: von meinem Bankkonto auf Ihr Bankkonto.“

Das ist ja so, als würde ein Kilo Kartoffeln bei REWE an Kasse 1 bei Frau Staller die Hälfte mehr kosten als an Kasse 5 bei Herrn Wagner.

Einmal zum falschen Zeitpunkt zum falschen O2-Mitarbeiter ja gesagt, kann das über zwei Jahre hunderte Euro extra kosten.

Und es geht noch wirrer. Ein Freund zeigte mir vor ein paar Tagen eine Online-Anzeige, die sich in seinem persönlichen O2-Kunden-Account geöffnet hatte. Da stand:

Der Tarif All-in M mit Allnet-Flat und 2 GB LTE-Surfvolumen - „Dieses Angebot ist der Knaller“, stand da - für 12 Euro 49 monatlich im ersten Jahr und 17 Euro 49 im zweiten.

Mein Puls ging hoch ob meiner Vorahnung: „Jetzt logge ICH mich mal ein. Weg!“

In meinem Kunden-Account erschien auch eine Werbung für den Tarif All-in M mit 2 GB: 14 Euro 99 im ersten Jahr, 19 Euro 99 im zweiten.

Hassen die mich? Wollen die mich loswerden? Denken die, Kunden reden nicht miteinander? Wollen die, dass wir vor Dankbarkeit auf die Knie fallen, wenn wir einfach das gleiche Angebot bekommen wie der Nachbar, die Kollegin, der Kumpel, die Schwester?

Dieses Heckmeck! „Dieses Angebot gilt nur online und nur noch bis Ende Oktober“, „für Sie als Bestandskunde“, „für unsere freiberuflichen Kunden“, „nur hier im Shop“, „nur über die Hotline“,  dann die Geheim-Tipps, mit Kündigung zu drohen, an der Hotline zu lügen, Anrufe von irgendwelchen windigen Verkäufern auf Provisionsbasis, die einen unter Druck setzen: „Dieses einmalige Angebot kriegen Sie nur bei mir und das kann ich natürlich nicht ewig aufrecht erhalten.“ - Hach, es schüttelt mich, so unsympathisch finde ich das alles. Und dass ich da nicht der einzige bin, zeigt das WiWo-Ranking.

Das ist doch das Einmaleins der Kundenbetreuung: klare, nachvollziehbare Angebote, statt Verwirr-Taktik und leerer Sprüche. Sonst bleibt das Gefühl, abgespeist zu werden.

Und wissen Sie, was ich befürchte? Mitschuld sind die, die es mit sich machen lassen. Wir armen Stammkunden. Der Freund vom All-in-M-Vergleich und Kunde seit 1999 hat seinen O2-Vertrag jetzt gekündigt und will den Anbieter wechseln. Mal sehen, ob O2 ihn ziehen lässt.

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