Werner knallhart

Luxus-Office Hotellobby: Der Geheimtipp für Freiberufler

Ganz langsam spricht sich rum: Mit dem MacBook im Hipster-Café bei Luftfeuchtigkeit 100 Prozent - das ist kein cooler Business-Lifestyle, das ist Berlin-Bullshit. Es geht viel entspannter. Im Luxus-Hotel.

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Der Geheimtipp für Freiberufler: Arbeiten in der Hotellobby! Quelle: Fotolia

Oh Gott, an welchen Orten die Leute so mit ihren Laptops sitzen und versuchen, zu arbeiten!

Einerseits ist es ja großartig, seinen Job von jeder Stelle auf diesem Planeten ausüben zu können: am Frühstückstisch, im ICE-Bordrestaurant, beim Zahnarzt im Wartezimmer, in Rio am Strand, im Zoo auf der Parkbank, während die Kinder mit dem Rücken zu den Elefanten ein Eis essen. Aber dass man an den absurdesten Plätzen arbeiten kann, heißt ja nicht, dass es in jedem Fall schlau ist, es auch zu tun.

Früher gab es für Freiberufler mit Laptop bei der Frage "wo setze ich mich zum Arbeiten hin" zwei wesentliche Kriterien, die den Ausschlag gaben: Wo ist WLAN und wo gibt es Steckdosen? Und am Ende saßen Studenten und Schlipsträger in einer Art Schicksalsgemeinschaft bei Starbucks in braunledrigen Ohrensesseln bei diesen überzuckerten Nullerjahr-Schlagsahne-Karamell-Kaffee-Bechern mit Plastikkuppel. Man mag ja schon gar nicht mehr drüber reden.

Diese Rechte haben Sie als Gast
Hotelzimmer Quelle: dpa
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Hotelzimmer mit Meerblick Quelle: obs
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Sauna Quelle: dpa
Ruhe Quelle: Fotolia

Heute sitzt man in Berlin in Hipster-Cafés. Die zeichnen sich aus durch:

1. Filterkaffee, der fünf Minuten braucht und eine Farbe hat wie früher, wenn der Filter mal umgeknickt war

2. Australisches Bananabread statt New York Cheesecake

3. iPads als Kassen

4. Ausgelegte Design-, Lifestyle- und Startup-Hochglanz-Zeitschriften aus dem Valley, London oder Berlin, die selbst Designer, Lifestyler und Start-up-Gründer einschüchtern

5. klapprige Kiefernholz-Stühle

6. Eiseskälte oder schlechte Luft

Aber das Schlimmste ist:

7. der Lärmpegel!

Warum muss es in Cafés mit Dutzenden von aufstrebenden Apple-Twens, die doch eigentlich einfach nur stumm vor sich hin auf den Bildschirm starren könnten, immer zugehen wie in einem Taubenschlag bei Erdbeben?

Was passiert da zwischen Gedanken wie "dieser dünne Kaffee schmeckt echt total nussig und beerig" und "was soll ich bloß in meinen Mac eintippen?", was so einen Radau erklären würde?

Gut, da sind ja auch noch die Leute hinter der Theke, die Dinge in den Saal rufen wie: "Der Flat White normal und die Lachs-Quiche laktosefrei!"

Da sind die Leute, die sich das letzte Mal vor einer Dreiviertelstunde in der Mensa getroffen hatten und sich deshalb freudig jauchzend um den Hals fallen, um das Wiedersehen zu feiern: "Alter, bestellst du mir was mit?"

"HÄ?"

"BRING MIR WAS MIT! ABER NIX MIT WEIßMEHL UND NIX MIT NÜSSEN!"

"DU, ICH HOL GAR NICHTS. ICH GEH NUR SCHNELL AUFS KLO."

Da sind die Leute, die per FaceTime ihrem Programmierer-Team in Dresden das letzte App-Update um die Ohren hauen und dank ihrer Kopfhörer nicht mitkriegen, dass alle drum herum alles mitkriegen.

Und dann redet ohnehin jeder hier drei Stufen lauter, denn im Hintergrund läuft auch noch Lounge-Musik aus dem Livestream, weil kreative Köpfe sich bei Musik-Untermalung besser auf ihren Durchbruch konzentrieren können.

Co-Working-Spaces für Kenner

Was aber, wenn man dringend mal kurzfristig produktiv sein will? Dann fühlt man sich in so einer leer geatmeten Co-Working-Brabbelbude ganz, ganz einsam. Aber da gibt es etwas Besseres und ich habe den Eindruck, dass ist an der Generation Start-up bis vor Kurzem völlig vorbei gegangen: Arbeiten in der Hotellobby!

In unseren Großstädten liegen vor allem nachmittags fantastische Großraumbüros mit WLAN in Luxushotels brach. Oftmals zentral gelegen, bequem möbliert, in diskrete Sitzecken aufgeteilt, perfekt belüftet und beheizt und mit hohen Decken und großen Fenstern für freies Denken. Und vor allem: LEISE!

Diese Apps erleichtern die Geschäftsreise
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Vielleicht läuft mal ein bisschen leiser Jazz, vielleicht ist schon der Pianist für den Abend da. Aber definitiv schaukelt sich die Lautstärke der Gespräche aller Gäste nicht hoch. Weil man sofort unangenehm auffallen würde. So ähnlich wie im ICE. Wenn dort nicht gerade besoffene Fußballfans oder eine besoffene Hausfrauentruppe den Waggon beschallen, herrscht dort gedämpfte Ruhe. Das liegt bestimmt am Teppichboden.

Gut, die Preise mögen höher liegen als sonst so, aber viel höher als bei Starbucks sind sie auch wieder  nicht. Dafür gibt es meist eine originellere Teeauswahl, zuvorkommenden Service am Platz, sehr gepflegte Waschräume mit aufgerollten Frottee-Handtüchern - all das in topmoderner, prunkvoller oder klassisch gediegener Atmosphäre.

Das Ritz-Carlton am Potsdamer Platz etwa bietet Grand-Hotel-Atmosphäre und eine Tea Lounge mit klassischem Afternoon Tea. Die Übernachtung kostet gut und gerne 300 Euro die Nacht. Aber ein Nachmittag vorm Laptop bei einer Kanne Tee: durchschnittlich 14 Euro.

Okay, okay! Im Marriott Hotel daneben kommt man günstiger weg und sitzt in der Lobby-Lounge in einer Art Atrium unter einer Decke, die so hoch ist wie das Hochhaus. Von mehreren großen Flachbildschirmen spielt eine Band Café-Haus-Musik. Jeder Musiker von seinem eigenen Monitor. Originell! Tasse Kaffee: 4 Euro. Kanne Tee: 6 Euro 50.

Wer aus Zeitmangel in Hamburg etwas Schnelles nah am Hauptbahnhof sucht, muss kein Meeting mit Kollegen bei McCafé einberufen. In zwei Minuten Laufweite vor dem überrannten Hauptausgang liegt das Hotel mit dem sehr klassischen Namen Reichshof. Mit einer von Licht durchfluteten Lobby und fast schon berauschender Stille. Ein Stück Kuchen 3 Euro 80, ein Stück Törtchen 3 Euro 50, Kaffee 3 Euro 50, Kanne Tee 5 Euro.

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In Köln mit Panorama-Blick auf den Rhein und großen langen Tischen für größere Gruppen in durch Regale aufgeteilten diskreten Ecken: das Glashaus-Restaurant im Hyatt Regency Samstagnachmittag mit Kuchenbüffet all you can fress für 19 Euro inklusive Heißgetränke - für alle, die beim Denken Zucker und Koffein brauchen.

Mittlerweile stelle ich fest: Selbst junge Kollegen finden Gefallen an diesen Ruheoasen. Work-Life-Balance zur selben Zeit. Wenn Sie mich fragen: Ich nutze noch die kommenden Jahre dafür, bevor es sich bis zum letzten vor sich hin dümpelnden Start-up herum gesprochen hat: Hotel-Lobbys sind die Co-Working-Spaces für Kenner - oder besser: für Leute, die bei der Arbeit nicht nur Internet, sondern auch Sauerstoff und Ruhe zum Denken brauchen.

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