Werner knallhart

Firmen saugen Arbeitskraft der Kunden ab. Na und?

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Mega-Mmpff für Kontoführungsgebühren

Ich gönne den Banken den Triumph, dass sie die Abwicklung von Überweisungen an mich abgedrückt haben, weil ich im Gegenzug deren Filialen seit Jahren nicht mehr betreten muss. Aber dass ich für deren Nichtstun seit kurzem wieder Kontoführungs-Gebühren bezahlen muss, beschert mir ein Mega-Mmpff! Wechsel-Gedanken schwirren jetzt in meinem Kopf.

Viele Kinos haben genau das verstanden: Faulheit und Abkassieren, das geht nicht zusammen. Dass ich bei der Buchung meiner Kino-Karten online eine Vorverkaufs-Gebühr bezahlen muss, wie bis vor einigen Jahren oft noch üblich, hat sich in vielen Kinos erledigt. Denn Kunden lassen sich für ihren Einsatz an Mühe nicht auch noch abkassieren.

Ich gönne den Fluggesellschaften, dass sie dank der Online-Buchungen ihren Kundenservice entschlacken konnten, weil das die Tickets billiger macht und ich mir Special-Meal und Sitzplatz in Ruhe selber aussuchen kann.

Aber es gibt eine Airline, da steht mein Mmpff eigentlich sogar als Platzhalter für ungeheuerliche Kraftausdrücke. Ich fliege nicht Ryanair, weil ich nicht bereit bin, mich für wenig Geld als Melkvieh demütigen zu lassen. Da kostet das Einchecken direkt am Flughafen bis zu 50 Euro extra. 50 Euro für ein bisschen Rumtippen auf der Tastatur. Das setzt mich unter Druck. Das macht keinen Spaß. Ryanair ist nichts für mich.

Ich gönne meinem Lieblingsrestaurant die Freude daran, im Hochbetrieb nicht mehr dauernd ans Telefon rennen zu müssen, wenn ich den Tisch stattdessen online reserviere. Weil ich dafür in Ruhe gucken kann, wo noch was frei ist und ich nicht ad hoc beim Telefonieren in aller Eile neu entscheiden muss, falls der Lieblings-Zeitpunkt nicht mehr geht.

Kostet in einem Café ein Cappuccino aber mehr als 3,50 Euro, obwohl ich ihn mir selber am Tresen bestellen und abholen muss, dann sollen die die leere Tasse gefälligst selber abräumen. Ich zahle keine Premium-Preise und liefere obendrein Putz- und Aufräumdienste. Ganz einfach, weil sich die Mühe für mich nicht auszahlt. Es ist ja trotzdem teuer.

Es gibt aber eine Branche, da verschiebt sich gerade alles von Freude zu Mmpff. Die Logistik. Bislang war es für mich ein Gewinn an Lebensfreude, dass ich anstatt nervige „Sie waren leider nicht zuhause“-Zettel im Briefkasten zu finden, meine DHL-Lieferung an der Packstation abholen kann. Ich warf mich mit Verve in Aktion für meinen Dienstleister.

Aber das wandelt sich. Dank Angeboten wie denen von Amazon Prime Now (Lieferungen in Hochgeschwindigkeit in Metropolen) und Amazon Fresh (Lebensmittel-Lieferservice) lernen wir: Zustellung treffsicher in einem vom Kunden wählbaren Zeitfenster von zwei Stunden oder gar innerhalb von 60 Minuten ab Bestellung, so etwas geht auch.

Extra zur Packstation zu rennen, bietet mir dadurch nicht mehr den großen Vorteil, verlässlich an meine bestellten Artikel zu kommen. Einziger Vorteil: Packstation ist billiger.

Aber Herr Voß hat ja recht, wenn er darauf hinweist, dass es wichtig ist, dass wir uns als Kunden immer klar machen, wo wir zur Mitarbeit herangezogen werden. Er erinnert an den Warentrennstab auf dem Fließband in der Supermarkt-Kasse. Wehe, wenn wir den nicht brav hinlegen. Stimmt eigentlich. In Zeiten, in denen die Nahfeld-Technik theoretisch in der Lage wäre, beim Auschecken den Gesamtpreis aller Waren in einem Schlag selber zu erfassen, ist unsere Mitarbeit eigentlich nur erforderlich, weil die Supermärkte technisch hinterher hinken. Wo ist denn da der Mehrwert für uns Kunden?

Diese Plackerei aus Tradition müssen wir dringend hinterfragen. Wir könnten ein Zeichen setzen: Trennstab-Boykott.

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