Stellen Sie sich bitte mal vor:
Nach einer langen turbulenten Flugreise ohne Snack an Bord beziehen Sie abgekämpft und mit flauem Gefühl im Magen Ihr Hotelzimmer. Sie schieben Ihren Trolley über den dunkelbraunen Teppichboden in die Ecke und werfen Ihren regennassen Mantel aufs stramm bezogene Bett. Draußen dämmert es schon und Sie haben noch zwei Stunden Zeit bis zu Ihrem ersten geschäftlichen Abend-Termin in der sogenannten City-Lounge im Erdgeschoss des Hauses. Immerhin gibt es dort Erdnüsse.
Um Ihre schmerzenden Businessschuh-Füße zu entkrampfen, entscheiden Sie sich, ein schönes heißes Bad zu nehmen. Wenn schon, denn schon. Sie drehen an der Badewanne den Hebel der Mischbatterie auf rot, öffnen den Hahn und machen sich dann ans Koffer auspacken.
Als Sie fünf Minuten später Ihren socken-striemigen Fuß ins Badewasser halten, durchziehen Sie Schmerz und Enttäuschung: Das Wasser ist ja eiskalt! Und das für 140 Euro die Nacht.
Mit Puls 200 und einem nasskalten Fuß hasten Sie zum Telefon und rufen die Rezeption an.
Die Dame von unten haucht beschwichtigend aus der Hörmuschel: "Kein Problem, wir bieten unseren Kunden da einen unkomplizierten Service. Für 15 Euro extra erhalten Sie für 24 Stunden unbegrenzten Zugang zu heißem Wasser direkt in Ihrem Zimmer. Geben Sie einfach Ihre Kreditkartendaten unter dem Menüpunkt unseres Partners AllDayHotWater mit der Fernbedienung in Ihren Fernseher ein und schon rauscht es warm aus der Leitung."
"Ja, hatte meine Sekretärin denn nicht direkt heißes Wasser mitgebucht?"
"Moment... Nein, tut mir leid. Im System ist nichts vermerkt."
"Typisch. Hat sie denn wenigstens beim Frühstück Extras ausgewählt?"
"Ich befürchte nein. Möchten Sie morgen Früh Butter zum Brot und Milch in den Kaffee?"
"Ja."
"Dann buche ich Ihnen das Butter&Milch-Special für fünf Euro. Wollen Sie Ihren Kaffee umrühren? Ein Löffel kostet einen Euro extra."
"Gibt es den billiger im Set mit Messer und Gabel?"
"Das Special lief leider nur bis Mitte Februar. Jetzt läuft unsere Frühstücks-Ei-Aktion. Zum gleichen Preis Salz dazu all you can eat."
Sie haben es bemerkt: Das war Fiktion. Aber weit weg von der Realität war die Geschichte weiß Gott nicht. Ersetzen Sie Heißwasser und Salz durch das Wort WLAN und die Geschichte wird wahr.
Internetzugang gehört zur Lebensgrundlage
Gerade in teuren Hotels werden wir Gäste beim Internet-Service weltweit respektlos abkassiert. Mit 10 Euro, 15 Euro, 18 Euro für 24 Stunden. Und je exklusiver das Hotel, umso wertvoller offenbar auch die Dienstleistung WLAN-Zugang. Wie lässt sich das erklären außer mit Geldmacherei? Ein guter Service darf gerne mehr kosten als ein schlechter. Aber nach meiner eigenen Erfahrung kann mir keiner mehr erzählen, dass teure Hotels stets zuverlässigeres Internet bieten als günstige Unterkünfte.
Auf den Buchungsportalen steht dann mitunter bloß "kostenloses Highspeed-WLAN", auf den Sites der Hotels hingegen irgendwo klein versteckt: "kostenloses WLAN in den öffentlich zugänglichen Bereichen." Aha!
Wie klammheimlich mit diesem kundenunfreundlichen Geschäftsmodell umgegangen wird, zeigt das Beispiel Hilton Munich Airport. Auf der hoteleigenen Seite zu Hoteldetails steht:
"Flughafentransfer U-Bahn/Zug 10,40 EUR
Parkplatz Selbstparker 30,00 EUR
WLAN Internetanschluss im Zimmer ✅
Öffentlicher WLAN Internetanschluss ✅
Zu einigen Posten werden Preise genannt, zu anderen nicht. Wie darf man das deuten? Nach einem Anruf weiß ich: Das WLAN im Lobbybereich ist kostenlos. Das WLAN auf dem Zimmer "leider" (wie die Dame mit bayrischem Akzent betonte) nicht. Sondern es kostet für eine Stunde 6 Euro, für zwei Stunden 11 Euro, für drei Stunden 15 Euro und für 24 Stunden 18 Euro. Und das in einem Hotel mit Zimmerraten ab 127 Euro pro Nacht.
Wer keine Zeit hat, solche Hotels vor der Buchung nach diesen Fallstricken abzutelefonieren oder sämtliche Unterseiten der Websites mit der Lupe zu durchforsten, entdeckt die Zusatzkosten womöglich erst nach dem Einchecken. Kein Netz auf dem Zimmer oder Felder für die Kreditkarte ploppen auf. Wie unsympathisch.
Einige Hotelketten haben die Beschwerden ihrer Gäste allerdings offenbar satt und beginnen zaghaft mit zeitgemäßen Angeboten. So bekommen zumindest Gäste mit Stammgaststatus kostenloses WLAN. Aber so richtig verlässlich ist der Service eben nicht. Und das in Zeiten, in denen die Deutsche Bahn - ich wiederhole: die Deutsche Bahn - kostenloses WLAN an vielen Bahnhöfen und demnächst auch in der zweiten Klasse der ICEs anbietet.
Und mal wieder setzen die jungen Wilden die Maßstäbe und lassen die alten Ketten noch älter aussehen. Die Tiefpreis-Basis-Kette B&B bietet kostenloses Internet im ganzen Haus. Die Kette Motel One ermöglicht den Gästen ebenfalls Gratis-Surfen und verleiht sogar iPads kostenlos. Zimmerpreis bei Motel One am Hauptbahnhof Berlin ab rund 73 Euro. B&B Köln-Airport pro Nacht rund 48 Euro.
Zu einem zeitgemäßen Hotelzimmer gehört heutzutage kostenloses WLAN, wie Heizung, Klopapier und Beleuchtung ohne Aufpreis. Laut BGH gehört ein Internetzugang heutzutage zur Lebensgrundlage. Gerade teure Hotels bieten uns also mitunter das zum Leben Grundlegende nur gegen Aufpreis!
Liebe Hoteliers, setzt Euch Eure Duschhauben doch selber auf, lauft mit den Frottier-Papppantoffeln doch selber zum Eiswürfelautomaten, mampft Euer Betthupferl selber, schmiert Euch Euren Conditioner doch in die eigenen Haare. Und gebt uns das, was Menschen heute zum Arbeiten und zum Entspannen auf dem Hotelzimmer brauchen. Gebt endlich das WLAN frei. Ihr verärgert sonst reihenweise die Gäste.
Und dann droht die Revanche über die Bewertungsportale. Vom WLAN des nächsten Cafés aus.