Allerdings haben einige Verbraucher das eh nie anders gemacht. Und rund 12 Millionen Deutsche kennen die Wertstofftonne bereits, ergab eine Auswertung des Osnabrücker Sachverständigenbüros Cyclos. In Hamburg, Berlin oder Bielefeld haben die Städte diese Tonnen bereits vor einigen Jahren eingeführt. Zwischen vier und sieben Kilogramm mehr Wertstoffe pro Person kamen so innerhalb eines Jahres zusammen.
Für die Kommunen allerdings ist das keine gute Nachricht: Denn jedes zusätzliche Gramm Müll, das in Zukunft in der Wertstofftonne statt im Restmüll landet, entzieht sich ihrer Zuständigkeit. Denn die Städte sind zwar für die Sammlung des Restmülls und auch der Bioabfälle zuständig. Doch um die Wertstoffe kümmern sich die privaten Unternehmen, in deren Hand auch etwa 90 Prozent der Recyclinganlagen stehen. Der Großteil der Verbrennungsanlagen für Müll wiederum gehört den städtischen Unternehmen.
Und die müssen dafür sorgen, dass ihre Anlagen auch mit genügend Müll gefüllt werden. „Die Müllverbrennungsanlagen der kommunalen Unternehmen sind überwiegend ausgelastet, das ist kein Argument“, erklärt jedoch Katherina Reiche, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), zu dem auch 430 Entsorgungsunternehmen der Städte zählen.
Beide Parteien streiten sich nun darum, wer die Mülltonnen abholen darf. Nach dem Eckpunktepapier der Koalition bleibt diese Aufgabe erst mal bei der privaten Abfallwirtschaft. Die Städte allerdings werden mit neuen Einflussmöglichkeiten dafür entschädigt, dass ihnen ein Anteil ihrer Müllmenge nun entgeht. Sie sollen in Zukunft über die Art entscheiden können, ob in einer Stadt mit Tonnen oder Säcken die Wertstoffe gesammelt werden und auch, wie oft der gesammelte Müll abgeholt werden soll. Bei der gelben Tonne treffen diese Entscheidungen noch die Dualen Systeme, die auch die Kosten dafür zahlen müssen.
So viel Müll macht unser Einkauf
Insgesamt 16,5 Millionen Tonnen Verpackungsmüll sind 2011 in Deutschland angefallen. 7,3 Millionen davon waren aus Karton und Pappe, 2,8 aus Kunststoff und 2,6 aus Glas. Während die Menge des Verpackungsmülls in den vergangenen Jahren nur langsam gewachsen ist, hat die Zahl der Kunststoffverpackungen stark zugenommen. Zehn Jahren zuvor fielen nur 1,9 Millionen Tonnen an.
Quelle: Bundesumweltamt, Gesellschaft für Verpackungsforschung
Damit fallen rund 204 Kilogramm Verpackungsmüll pro Deutschem und Jahr an. Gut 34 davon entfallen auf Plastikmüll, etwa 90 auf Karton und Pappe.
71 Tüten aus Plastik nutzt jeder Deutsche im Jahr. Zusammengerechnet sind das 68.000 Tonnen für Plastik. Damit ist Deutschland aber noch vergleichsweise zurückhaltend. Der EU-Durchschnitt liegt bei 198 Stück. Spitzenreiter ist übrigens Bulgarien mit 421 Stück pro Person.
Dennoch haben bereits zehntausende Bundesbürger eine Online-Petition gegen die Plastiktütenflut unterzeichnet: www.change.org/plastiktueten
Städte wollen mehr Einfluss
Doch den Städten geht das noch nicht weit genug, sie fordern mehr Einfluss: „Die kommunalen Unternehmen haben ihre Kompetenz in der Sammlung und Erfassung der Wertstoffe, weshalb wir auch dafür zuständig sein sollten. Die Expertise der privatwirtschaftlichen Unternehmen liegt im Recycling und in der Sortierung", sagt Reiche vom VKU. BDE-Präsident Peter Kurth entgegnet: „Die Sammlung und Verwertung des Mülls muss in der Hand der Privatwirtschaft bleiben, weil eine wettbewerbliche Lösung letztlich die kostengünstigste und bürgerfreundlichste ist."
Der Ruf der Abfallwirtschaft allerdings hat gelitten, seit im vergangenen Jahr das Duale System wegen der Schummelei der lizenzpflichtigen Unternehmen beinahe zusammengebrochen wäre. So fordert die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg, dass der Wertstoffkreislauf wieder ganz in die Verantwortung der Kommunen gestellt wird - und damit nach über zwanzig Jahren des Modells der Dualen Systeme wieder verstaatlicht wird.
Immerhin stärkt das neue Gesetz die Finanzierungsstruktur der Dualen Systeme: Denn in Zukunft sollen die Händler und Produzenten nicht nur Verpackungen, sondern eben auch Kleiderbügel, Plastikeimer oder Barbie-Puppen lizensieren müssen. Dadurch fließen neue Einnahmen ins System, der Umsatz der Dualen Systeme dürfte damit ordentlich steigen.