Wettbewerb im Briefmarkt Warum Konkurrenten gegen die Post kaum eine Chance haben

Schwieriger Konkurrenzkampf: Postcon ist der größte Wettbewerber der Deutschen Post und doch ein Winzling. Teilweise muss er seine Briefe zur Zustellung an die an die Post übergeben. Für die Post ist das ein Vorteil.

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Deutsche Post Quelle: dpa

Eine drahtlose Internetverbindung hat Rüdiger Gottschalk in seinem Büro nicht. „Das brauchen wir hier nicht, unsere Computer haben ja einen Internetanschluss“, sagt der Chef des in Ratingen ansässigen Briefdienstes Postcon. Nur heute stört es ihn, ohne drahtloses Netzwerk kann er sein neues Tablet nicht einrichten. „Dann werde ich das eben zuhause machen“, sagt er.

Das fehlende drahtlose Netzwerk ist nur eine von vielen Maßnahmen, mit der Postcon sich Kosten erspart. Das Unternehmen mit dem orangen Logo hat eine schwierige Position: Der Briefdienst muss gegen die Deutsche Post DHL bestehen, in einem Markt, in dem der Bonner Konzern den Namen „gelber Riese“ noch zu recht trägt. Gottschalk setzt dabei ganz auf den Preis: „Wir wollen die günstigsten Preise bieten. Dazu müssen wir die niedrigsten Kosten haben“, sagt er. Bei Postcon zahlen Großversender rund zwanzig Prozent weniger als bei der Deutschen Post, sagt er.

Der Briefmarkt in Zahlen

Die konkurrierenden Briefdienste und die Deutsche Post verbindet eine Hass-Liebe: Hass, weil die Post den Markt kontrolliert und der Konkurrenz das Leben schwer macht. Auch Jahre nach der Liberalisierung hat der Bonner Konzern noch 87,3 Prozent der Marktanteile, wie erst heute die zuständige Bundesnetzagentur in ihrem Tätigkeitsbericht mitteilte. „Auf dem Briefmarkt hat sich bis heute kein funktionsfähiger Wettbewerb entwickelt“, kritisiert der Vorsitzende der Monopolkommission Daniel Zimmer die Situation.

Konkurrenten sind selbst die größten Kunden der Post

Zwar gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von kleinen Zustelldiensten, die ebenfalls Briefe austeilen. Mit geschätzten acht Prozent Marktanteil ist Postcon schon der größte von ihnen. Doch selbst alle zusammengerechnet können nur 75 Prozent aller Haushalte in Deutschland erreichen. Die restlichen Adressen beliefern die Unternehmen, in dem sie die Briefe sammeln und dann an die Deutsche Post weiterreichen. „So gesehen sind wir der größte Kunde der Deutschen Post,“ sagt Postcon-Chef Gottschalk. „Wir fangen nicht damit an, die Post bei der Qualität überholen zu wollen. Das können wir nicht. Die Deutsche Post gilt als das beste Briefunternehmen der Welt“, erklärt er. „Wir versprechen eine vergleichbare Qualität.“

Möglich wird diese Wechselbeziehung erst, weil der Bonner Konzern seinen kleinen Konkurrenten Rabatte einräumen muss, wie er es auch bei seinen Großkunden macht. Weil Briefdienste wie Postcon der Deutschen Post einen Teil der Arbeit abnehmen und auch einen Teil der Kosten tragen, müssen sie nicht das volle Porto zahlen. Doch wie hoch diese Rabatte sind, bestimmt allein die Post. Für sie sind die Rabatte ein Steuerungsinstrument.

Zum Beispiel bei der Portoerhöhung: 70 Cent müssen Verbraucher ab Januar für eine Briefmarke für einen Standardbrief zahlen. Doch der Preisaufschlag von fast 13 Prozent gilt nicht für Großkunden. Denn gleichzeitig mit der Portosteigerung erhöht die Post auch die Rabatte für die Vielversender. Während Großversender im Moment noch bis zu 40 Prozent Rabatt bekommen können, sind es im kommenden Jahr schon 45 Prozent Rabatt bei Standardbriefen. Statt um acht Cent erhöhen sich der Portopreis damit für die Großkunden und Konkurrenten nur um umgerechnet 1,7 Cent. „Damit erlässt die Post den Großversendern einen Großteil der Portoerhöhung direkt wieder“, sagt Gottschalk.

Doch bei mehreren tausend Briefen am Tag summieren sich 1,7 Cent pro Brief schnell zu Millionen Euro. Gottschalk hofft deshalb, dass einige Großkunden die Portoerhöhung zum Anlass nehmen, den Briefdienst zu wechseln. Gleichzeitig muss er glücklich sein, dass die Post die Portoerhöhung durch die Rabatte abfedert. Sonst müsste er selbst bei einigen Kunden auch höhere Preise verlangen, wenn er einige der Briefe an die Post zur Zustellung weitergeben muss.

Trotzdem, profitabel ist das Briefgeschäft für die Post-Konkurrenten selten. Auch Postcon schrieb 2013 zum ersten Mal einen Gewinn, ein Jahr später rutschte das Unternehmen bei rund 500 Millionen Euro Umsatz direkt wieder in die roten Zahlen, weil die Post Großkunden aggressiv umwarb und zurückeroberte. Geld für Investitionen bleibt da wenig übrig. „Ein hoher Lohnanteil und die weiterhin geringen Margen erschweren es ihnen, ihre Marktstellung entscheidend auszubauen“, analysiert die Bundesnetzagentur in ihrem Tätigkeitsbericht. Postcon musste deshalb zuletzt seine Verwaltungsausgaben zusammenstreichen und schloss zwei Standorte. Rund 140 der 2800 Mitarbeiter mussten gehen.

Einen weiteren Nebeneffekt haben die niedrigen Teilleistungsrabatte: Sie helfen der Post, ihre Marktanteile zu sichern. Denn wieso sollte einer der Briefdienste eigene Strukturen in den entlegenen Gebieten aufbauen – wo doch die Post für sie die Lieferung schon so günstig übernimmt?

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