Das Geschäft der Wirtschaftsprüfer in Deutschland brummt. Laut Marktforscher Lünendonk verzeichneten die 25 führenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften hierzulande 2011 ein durchschnittliches Umsatzplus von 6,5 Prozent. Auch für 2012 gibt sich die Branche zuversichtlich. „Die Top 25 will in diesem Jahr um weitere 5,7 Prozent wachsen“, sagt Jörg Hossenfelder, Geschäftsführer des Marktforschungsunternehmens Lünendonk, das in Frankfurt das aktuelle Ranking der führenden Wirtschafts- und Steuerberatungsunternehmen Deutschlands präsentierte. „Die Branche profitierte im vergangenen Jahr vor allem von einer erhöhten Nachfrage nach Steuer-, Rechts- und Managementberatung“, so Hossenfelder. In ihrem angestammtem Geschäft der Prüfung von Jahresabschlüssen verzeichneten sie indes Stagnation.
Die Nervosität an den Kapitalmärkten belastet vor allem die Big Four
Unumstrittene Marktführer sind nach wie vor die sogenannten Big Four der Branche – PricewaterhouseCoopers, KPMG, Ernst & Young sowie Deloitte. Die Banken- und Finanzkrise hatte ihre Umsätze besonders stark einknicken lassen, weil ihr Geschäft anders als das ihrer mittelständischen Wettbewerber besonders stark vom Kapitalmarkt abhängt. 2009 und 2010 büßten die Big Four zusammen mehr als 11 Prozent ihres Umsatzes ein. Das Tal der Tränen scheinen aber auch sie vorerst durchschritten zu haben. „Mit einem Umsatzplus von im Schnitt 5,2 Prozent in 2011 konnten sie die Krise im vergangenen Jahr weitgehend abhaken“, so Hossenfelder. Das Gezerre um den Euro, die anhaltende Nervorsität auf den Kapitalmärkten und das teilweise bereits wacklige Geschäft so mancher Konzernkunden lässt die Big Four jedoch weiterhin in Habachtstellung verharren: „Wir beobachten sehr genau wie es in der Wirtschaft weitergeht“, betont Martin Plendl, Deutschlandchef von Deloitte.
Mit mehr Gelassenheit blickt der Verfolgerfeld der Big Four im Ranking der umsatzstärksten Wirtschaftsprüfer in die Zukunft. „Wir begleiten die Mandanten in guten und in schweren Zeiten“, so Uwe Wolf, Managing Partner von Mazars (Rang 13 im Lünendonk-Ranking). Jahresabschlüsse müssen immer geprüft werden, bei guter und bei schlechter Konjunktur. Und wenn die Wirtschaft schlecht läuft, haben die Prüf- und Beratungsunternehmen mit Restrukturierungsprojekten auch genug zu tun.
Aufholjagd gestartet
Um sich in der deutschen Konzernwelt und bei umsatzstarken international tätigen Mittelständlern als ernstzunehmende Alternative zu den marktdominierenden Big Four zu empfehlen, haben einige Player aus dem Mittelfeld Zukäufe und Zusammenschlüsse gewagt. Auf Platz fünf im Ranking rangiert nach wie vor BDO. Einen Sprung nach vorn im Umsatzranking machte zum Beispiel Ebner Stolz, Mönning Bachem (Rang 7). Durch die Fusion dreier mittelständischer Wirtschaftsprüfer entstanden, steigerte das Fusionstrio seinen Umsatz von 2010 auf 2011 um fast 15 Prozent. Und RBS RoeverBroenner schaffte durch die Fusion mit Susat bei einem Umsatz von rund 72 Millionen Euro erstmals den Sprung auf Platz zehn im Wirtschaftsprüfer-Ranking. „Auch in Zukunft werden mittelgroße Prüf- und Beratungsgesellschaften weiterhin Kooperationen eingehen oder Übernahmen tätigen, um die kritische Masse, die je nach Kundengruppe zwischen 75 und 100 Millionen Euro Umsatz liegt, zu erreichen“, so Hossenfelder.
Befragt nach den größten Problemen, mit der die Branche in den nächsten zwei bis drei Jahren zu kämpfen haben wird, nannten die Wirtschaftsprüfer an erster Stelle den erhöhten Preisdruck im Geschäft mit den gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfungen, die Suche nach qualifiziertem Personal und die drohende Regulierung durch die Europäische Union.
Preisdruck im Prüfgeschäft nimmt kein Ende
„Die Honorarsätze, die Wirtschaftsprüfer generell derzeit im Prüfgeschäft erzielen, liegen im Schnitt 20 bis 30 Prozent unter dem, was eigentlich nötig wäre, um die stetig steigenden Anforderungen an die Abschlussprüfung gewährleisten zu können“, sagt Ralf Gröning, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von RölfsPartner (Rang 9 im Lünendonk-Ranking). Im öffentlichen und halböffentlichen Sektor lägen die üblichen Prüfhonorare sogar noch unter diesem Schnitt. „Wir haben uns deshalb bei RölfsPartner entschlossen, uns an bestimmten Ausschreibungen erst gar nicht mehr zu beteiligen“, so Gröning.
„Gleichzeitig haben sich gerade in den letzten sechs Monaten völlig neue Chancen für uns im Prüfgeschäft ergeben. Unternehmen, die jahrzehntelang mit ein und demselben Wirtschaftsprüfer zusammengearbeitet haben, führen derzeit verstärkt Ausschreibungen durch, zu denen gezielt auch nicht Big Four-Prüfer eingeladen werden.“
Neue Prüfmandate ausgeschrieben
Die Diskussion um das EU-Grünbuch und die extreme Marktkonzentration gerade in der Abschlussprüfung von Konzernen, ist also nicht folgenlos geblieben.
Allerdings gilt nach wie vor: Jenseits der Big Four sind nur wenige Prüfgesellschaften überhaupt in der Lage, Prüfmandate von DAX-Unternehmen oder auch großen international tätigen Mittelständlern zu übernehmen. Viele mittelgroße Prüfer halten entweder nicht in ausreichender Zahl Personal vor oder sind nicht in allen Ländern vertreten, in denen der Mandant tätig. Mittelgroße Prüfgesellschaften wie RBS Roever Broenner Susat (Rang 10 im Lünendonk-Ranking), PKF Fasselt Schlage (Rang 12) oder Mazars (Rang 13) hoffen deshalb, dass die Europäische Union das sogenannte Joint Audit doch noch verpflichtend vorschreibt. Die Big Four der Branche wären dann nämlich gezwungen, Prüfmandate im Verbund mit kleineren Prüfgesellschaften durchzuführen.
Regelmäßige Prüferwechsel werden wahrscheinlich Vorschrift
Was Brüssel der Branche an neuen Regulierungen aufbrummen wird, ist nach wie vor unklar. Fest steht offenbar, dass keine Verordnung kommen wird, die den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften die strikte Trennung von Prüfung und Beratung vorschreibt –egal wie groß sie auch sein mag. Als wahrscheinlich gilt die Einführung der externen Rotation. Dabei sind sich die Big Four und ihre mittelgroßen Wettbewerber darin einig, dass der von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier vorgeschlagene Zeitraum von sechs Jahren für einen regelmäßigen Wechsel der Prüfgesellschaft viel zu kurz ist. „Allein der organisatorische Aufwand, der mit Prüfmandaten gerade bei Großkonzernen verbunden ist, wäre für jeden Wirtschaftsprüfer wie für ihre Mandanten eine zu große Belastung“, urteilt Jens Poll, Geschäftsführender Partner von RBS RoeverBroennerSusat. „Ein Wechsel alle zehn Jahre wäre angemessener, am besten bei einer Mindestbeschäftigungsdauer von fünf Jahren“. In diesem Herbst wird das Gesetzgebungsverfahren soweit vorangeschritten sein, dass sich allmählich abzeichnen dürfte, welche konkreten Regulierungen kommen werden. „Vor Frühjahr 2013 rechnen wir allerdings nicht mit einer klaren Entscheidung“, sagt Peter Bömelburg, Geschäftsführender Partner von Rödl & Partner in Nürnberg ( Rang 6 im Lünendonk-Ranking).