Wirtschaftsprüfer fordert Schärfere Checks der Geschäftsmodelle

Norbert Winkeljohann, der Chef der größten deutschen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers, fordert vom Gesetzgeber, auch die Geschäftsmodelle der Unternehmen durchleuchten zu lassen.

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PwC-Chef Norbert Winkeljohann Quelle: Pressebild

Wirtschaftswoche: Herr Winkeljohann, Wirtschaftsprüfer stehen seit der Finanzkrise 2008 in der Kritik. Kreditinstitute wie Commerzbank, Hypo Real Estate oder BayernLB sind trotz des Siegels von PwC fast pleitegegangen und mussten vom Steuerzahler gerettet werden. Leidet Ihr Ruf darunter?

Winkeljohann: Für die Prüferbranche ist es durch die Unternehmenskrisen der vergangenen Jahre nicht einfacher geworden, denn zwischen unserem gesetzlichen Auftrag und dem Anspruch der Öffentlichkeit klafft eine Lücke. Das Testat der Wirtschaftsprüfer ist kein Gesundheitszeugnis für die Unternehmen und keine Kaufempfehlung für die Aktie.

Wir prüfen für Aktionäre und Eigentümer, ob die Informationen des Managements über Gewinn, Vermögen und Schulden des zurückliegenden Geschäftsjahrs eines Unternehmens zutreffen. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht, ob die Rechnungslegung richtig ist. Wirtschaftsprüfer sind keine besseren Manager und nicht in erster Linie dazu da, Geschäftsmodelle zu hinterfragen.

Die größten deutschen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften
Platz 6: Rödl & PartnerIn Deutschland machten die Nürnberger im Geschäftsjahr 2012 einen Umsatz von knapp 154 Millionen Euro. Ein Drittel davon erwirtschaftete die Gesellschaft mit Wirtschaftsprüfungen.* Weltweit setzten Rödl & Partner 281,3 Millionen Euro um - und damit rund 8 Prozent mehr als im Vorjahr. Zum Gewinn macht das Unternehmen keine Angaben. 3.500 Menschen sind bei Rödl & Partner beschäftigt.* Rest der Umsätze: Steuer-, Rechts- und Unternehmensberatung Quelle: Presse
Platz 5: BDODas Hamburger Unternehmen setzte 2012 in Deutschland fast 192 Millionen Euro um und liegt damit leicht über Vorjahresniveau. BDO beschäftigt 1600 Mitarbeiter. Quelle: Screenshot
Platz 4: DeloitteMit einem Umsatz von 657 Millionen Euro im Jahr 2012 hat sich Deloitte gegenüber dem Vorjahr um fast 6 Prozent gesteigert. 37 Prozent des Umsatzes macht das Geschäft mit Wirtschaftsprüfungen aus. Im Geschäftsjahr 2011/2012 fuhr Deloitte einen Gewinn von 13,9 Millionen Euro ein (Vorjahr: 12,5). Für das Düsseldorfer Unternehmen arbeiten mehr als 4.800 Menschen.
Platz 3: Ernst & YoungMit einem Umsatz von rund 1,2 Milliarden Euro schaffen es Ernst & Young auf den dritten Platz im Ranking. Gut 40 Prozent des Umsatzes wurden im vergangenen Jahr mit Wirtschaftsprüfung erwirtschaftet. Die GmbH beschäftigt in Deutschland mehr als 7.200 Mitarbeiter. Quelle: dapd
Platz 2: KPMG Die Gesellschaft setzte 2012 mehr als 1,3 Milliarden Euro um. Das sind fast 9 Prozent mehr als im Vorjahr. Rund 46 Prozent erwirtschaftete KPMG mit Wirtschaftsprüfungen. Zum Gewinn macht das Unternehmen keine Angaben. Aktuell beschäftigt KPMG gut 8.600 Mitarbeiter. Zu den Kunden gehören unter anderem die Deutsche Bank. Quelle: AP
Platz 1: PricewaterhouseCoopersPwC setzte 2012 rund 1,5 Milliarden Euro um und ist damit die größte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Deutschland. Knapp die Hälfte der Umsatzes kamen durch Wirtschaftsprüfungen zustande. PwC konnte den Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um gut vier Prozent steigern. Derzeit beschäftigt das Unternehmen in Deutschland 9.300 Mitarbeiter. Quelle: dpa

Warum nicht? Hinterlassen Ihre hoch qualifizierten und bezahlten Prüfer nicht eine entscheidende Lücke, wenn sie versäumen, Anleger und Investoren vor existenzbedrohenden Risiken zu warnen?

Wir Prüfer würden gern mehr Transparenz in die Unternehmen bringen. Dafür brauchen wir aber die gesetzlichen Möglichkeiten. Ich bin durchaus dafür, dass wir unseren standardisierten Bestätigungsvermerk um eine qualitative Beurteilung des Unternehmens ergänzen.

Das könnte die Aussagekraft des Testats erhöhen und Bilanzleser besser über Chancen und Risiken informieren. Zudem sollte der Gesetzgeber den Prüfern ermöglichen, den Bericht des Managements zur Lage des Unternehmens im Einzelfall intensiver unter die Lupe zu nehmen.

Was hindert die Prüferbranche, das alles schon jetzt zu tun?

Momentan hindern uns die gesetzlichen Vorschriften daran, weil sie den Fokus auf die Prüfung der Bücher und Rechnungslegung richten. Sie decken eine tiefere Kontrolle der Geschäftspolitik mit höherem Erkenntnisgewinn nicht ab. Dazu müsste uns der Gesetzgeber erst befugen, wobei er Wahlmöglichkeiten zulassen könnte.

Nach besonders turbulenten Geschäftsjahren etwa mit großen Fusionen oder Krisen könnte der Aufsichtsrat die Wirtschaftsprüfer mit einer detaillierteren Prüfung beauftragen, damit sie tiefer schürfen als in normalen Jahren. Das ist jedoch im Rahmen der aktuellen Honorare nicht möglich.

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