Wohltätige Organisationen Das Geschäft mit den Spenden

In der Weihnachtszeit brummt nicht nur beim Handel das Geschäft: Auch für Wohltätigkeitsorganisationen ist es die beste Zeit des Jahres. Immer mehr buhlen um die deutschen Spendenmuffel. Der Druck nimmt zu.

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Das sind die transparentesten Hilfsorganisationen
WWF Deutschland (Platz 10)Gesamteinnahmen: 64,2 Millionen Euro (Bezugsjahr 2013) Spendenanateil: 35,7 Millionen Euro (55,6 Prozent) Transparenz: Der WWF erhält für seine Transparenz die Note 4,2 von fünf Punkten – und zwar in allen Kategorien. Das Beratungshaus Phineo und Spiegel Online haben 50 gemeinnützige Organisationen auf ihre Transparenz in drei Bereichen untersucht: Wie offen sie über ihre Vision und Strategie informieren, wie transparent sie über ihre Aktivitäten berichten, um diese umzusetzen, und inwieweit sie offen legen, wie die Wirkung dieser Arbeit aussieht. Quelle: dpa
Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (Platz 6)Gesamteinnahmen: 41,3 Millionen Euro (Bezugsjahr 2013) Spendenanateil: 35,4 Millionen Euro (85,6 Prozent) Transparenz: Der Rettungsdienst teilt sich den sechsten Platz mit vier weiteren Hilfsorganisationen. Vor allem die Transparenz über Aktivitäten und deren Wirkung bewerten die Studienautoren mit je fünf Punkten vorbildlich. Allerdings könnte die Institution besser über ihre Ziele informieren (3,3). Insgesamt liegt die Transparenz bei 4,4. Quelle: AP
Kindernothilfe (Platz 6)Gesamteinnahmen: 58,5 Millionen Euro (Bezugsjahr 2013) Spendenanateil: 55,2 Millionen Euro (94,4 Prozent) Transparenz: Wenn es um die Mitteilung ihrer Visionen und Ziele geht, ist die Kindernothilfe vorneweg. Etwas schlechter, aber trotzdem noch gut, wird die Offenheit über Aktivitäten sowie deren Früchte bewertet mit jeweils 4,2 Punkten. Das Foto zeigt ein Kind nach dem Taifun Hayan auf den Philippinen. Quelle: obs
Plan International Deutschland (Platz 6)Gesamteinnahmen: 116,1 Millionen Euro (Bezugsjahr 2012 / 2013) Spendenanateil: 109,5 Millionen Euro (94,9 Prozent) Transparenz: Die Gesellschaft für Entwicklungszusammenarbeit berichtet ausführlich über ihre Aktivitäten – und heimst damit die Bestnote von fünf Punkten ein.  Für die Transparenz über Visionen und Ziele sowie über die Wirkung der Maßnahmen gibt es jeweils 4,2. Quelle: Plan International Deutschland
Stiftung RTL – Wir helfen Kindern (Platz 6)Gesamteinnahmen: 6,42 Millionen Euro (Bezugsjahr 2012) Spendenanateil: 6,39 Millionen Euro (99,5 Prozent) Transparenz: Wenn die Kinderhilfestiftung von RTL etwas macht, berichtet diese ausführlich darüber. Das wird mit der Bestnote von fünf Punkten honoriert. Luft nach oben  gibt es allerdings bei der Transparenz über Visionen und Ziele sowie über die Wirkung der Projekte. Aber auch das Ergebnis von jeweils 4,2 Punkten kann sich sehen lassen. Quelle: dpa
Deutsches Komitee für Unicef (Platz 3)Gesamteinnahmen: 97 Millionen Euro (Bezugsjahr 2013) Spendenanateil: 66,5 Millionen Euro (68,6 Prozent) Transparenz: Der deutsche Unicef-Ableger teilt sich den dritten Rang mit drei anderen Hilfsorganisationen. Besonders transparent zeigt sich die Entwicklungshilfeorganisation, wenn es darum geht, ihre Strategie und die Maßnahmen zu kommunizieren (5,0). Auch wenn es um die Wirkung geht, ist die Kommunikation gut (4,2). Quelle: REUTERS
Care Deutschland (Platz 3)Gesamteinnahmen:   25,6 Millionen Euro (Bezugsjahr 2013) Spendenanateil:  7,3 Millionen Euro (28,8 Prozent) Transparenz: Die Studienautoren bewerten die Transparenz von Care in den einzelnen Kategorien genauso, wie bei der deutschen Unicef. Die Entwicklungshilfeorganisation erklärt für seine Transparenz über Visionen und Ziele sowie über seine Aktivitäten jeweils fünf Punkte und 4,2 für seine Offenheit über die Wirkung der Maßnahmen. Quelle: Care Deutschland

In diesen Tagen schauen sie einen wieder an, die Kinder, die mit großen Augen zum Spenden bewegen sollen. Wenn Weihnachten naht, sitzt bei vielen das Geld etwas lockerer, nicht nur beim Geschenkekaufen. Zahlreiche Organisationen buhlen um Unterstützung.

Das Geschäft läuft. So stieg die Summe der Spenden allein in den ersten acht Monaten 2014 um 4,6 Prozent auf rund 2,7 Milliarden Euro. Immer mehr NGOs drängen auf den Markt. Inzwischen gibt es 600.000 Vereine und Stiftungen, die sich dem Gemeinwohl verschrieben haben. Vor fünf Jahren waren es noch 570.000.

Die größten Spendensammler in Deutschland

Statistiken zeigen, dass es zwar immer wieder Schwankungen im Spendenaufkommen gibt, der Betrag aber insgesamt weitgehend auf dem gleichen Niveau verharrt – die gleiche Summe verteilt sich also auf mehr Organisationen. Durch den anhaltenden Boom der Wohltätigkeitsunternehmen wird der Wettbewerb härter und der ökomische Druck wächst. Denn bei dem Tempo, in dem die Anzahl der Organisationen wächst, hält die Entwicklung des Spenden- und Mitgliederaufkommens nicht mit.

„Die Zahl der NGOs in Deutschland wird weiter zunehmen“, schätzt Eckhard Priller vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Der Experte für Zivilengagement ist eigentlich bereits seit Herbst im Ruhestand. Der Wissenschaftler ist einer der wenigen, die überhaupt zu dem Thema geforscht haben. Das Wachstum der NGOs sei „nicht nur positiv“, sagt er, „denn die Zahl der verfügbaren ehrenamtlichen Mitarbeiter und die finanziellen Mittel werden ja nicht mehr. Vor allem kleine Organisationen werden Probleme haben, geeignetes ehrenamtliches Führungspersonal zu bekommen.“


Zahl der Spender sinkt

Und er sieht noch ein weiteres Problem: der steigende Druck zur Wirtschaftlichkeit. „Durch die Ökonomisierung der NGOs verändern sich auch deren Tätigkeitsfelder. Vor allem die Organisationen, die in weniger lukrativen Gebieten arbeiten, erweitern ihre Handlungsbereiche. Ein Beispiel sind Wohlfahrtsverbände, die in Privatschulen investieren“, erklärt Priller.

Was Sie beim Spenden beachten sollten

„Durch die zunehmende Ökonomisierung geht bei vielen immer mehr das Ideelle verloren. Die Organisationen erfüllen vor allem die Aufgaben, die Geld bringen“, sagt er. Das Geld komme nur zu 4 bis 6 Prozent von Spenden, der Rest seien staatliche Zuwendungen, selbst erwirtschaftete Mittel wie Gebühren und Mitgliedsbeiträge.

So kommen etwa bei der Umweltschutzorganisation Germanwatch 2013 bereits rund 37 Prozent der Einnahmen aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Im Jahr 2008 stammte aus diesem Bereich gerade einmal rund vier Prozent der Einnahmen, nahezu 100 Prozent stammten aus dem ideellen Bereich.

Diese Einschätzung bestätigen auch die jüngsten Zahlen des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI). Demnach generieren die gemeinnützigen Organisationen in Deutschland 41 Prozent ihrer Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge, 27 Prozent durch selbst erwirtschaftete Mittel, 10 Prozent durch öffentliche Mittel und nur 20 Prozent durch Spenden und Sponsorengelder.

In den vergangenen Jahren haben sich die Schwerpunkte der Spenden verschoben. „Vor allem im Umwelt- und Naturschutz sind die Spenden zurückgegangen“ erklärt Priller, „aber auch das ehrenamtliche Engagement in diesem Bereich ist gesunken.“

Das Deutsche Rote Kreuz schlug vergangene Woche Alarm. „Im Jahr 2013 lagen die Spendeneingänge des Roten Kreuzes bei 64,7 Millionen Euro. In diesem Jahr werden wir mit etwa 30 bis 35 Millionen Euro deutlich darunter liegen“, sagte DRK-Präsident Rudolf Seiters der „Welt am Sonntag“. Er begründet das mit Art der Katastrophen: Die Krankheit Ebola etwa sei nicht emotional genug bebildert worden. Zudem seien viele Katastrophen Menschen gemacht.

Laut den neuesten Zahlen des DZI sinkt die Zahl der Spender. Nur noch 42 Prozent der Deutschen spenden überhaupt – im Jahr 2012 waren es noch 47 Prozent. Doch die, die Geld geben, geben jeweils mehr.

Im internationalen Vergleich sind die Deutschen eher Spendenmuffel. In Großbritannien spenden 74 Prozent der Bevölkerung, in den Niederlanden sind es 71 Prozent, US-Amerikaner 68 Prozent, Dänemark immerhin noch 62 Prozent.

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