Zukunft der Mobilität Maschinen können besser steuern

Bahn-Chef Rüdiger Grube und Google-Deutschlandchef Philipp Justus über die Vorteile selbstfahrender Autos, die Gefahren für die Bahn und behäbige Politik.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Wo Kunden zufrieden sind – und wo nicht
Pünktlichkeit: Jeder fünfte ICE kam 2015 mindestens sechs Minuten zu spät an. Die Leistungen entsprechen nicht annähernd den Zielen der Deutschen Bahn. Sie will in diesem Jahr eine Pünktlichkeitsquote von 80 Prozent erreichen, langfristig sogar auf 85 Prozent hoch kommen. Die Tendenz 2016 bleibt jedoch weiter schwach. Im Januar lag die Pünktlichkeitsquote bei 77 Prozent. Quelle: AP
Preise: Die Zeiten der jährlichen Preiserhöhung wegen „gestiegener Energie- und Personalkosten“ sind vorbei. Zumindest im Fernverkehr blieben die Preise seit zwei Jahren stabil - den Fernbussen sei Dank. 19-Euro-Sparpreise locken inzwischen selbst Schüler und Studenten. Die neue Devise des Vorstands: lieber volle Züge statt leerer Kassen. Preislich ist die Bahn inzwischen wettbewerbsfähig. Quelle: dpa
ICE-Restaurant: Leider ist die Küche zu oft kaputt. Mal bleiben die Getränke warm oder der Kaffee kalt. Mitunter fehlen die angepriesenen Snacks wegen schlechter Logistik. Dennoch: Wenn es läuft, dann ist ein Sitz im ICE-Restaurant der schönste Platz im Zug – gerne auch bei einem der guten Weine.Urheber: Volker Emersleben // Deutsche Bahn AG
WLAN: In der zweiten Klasse eines ICE ist WLAN noch immer nicht kostenlos und in der ersten Klasse funktioniert der Download alles andere als einwandfrei. Als 2010 zahlreiche ICE grundsaniert wurden, verzichtete das Unternehmen sogar auf den Einbau der WLAN-Technik. So viel Behäbigkeit wird nun bestraft. Die Fernbusse machen der Bahn in Sachen WLAN was vor. Erst Ende 2016 soll es auch im ICE besser werden. Viel zu spät. Quelle: dpa
Information: Schon mal in Bielefeld am Bahnhof gewesen? Seit Jahren fallen die Anzeigentafeln immer wieder aus. Bielefeld gibt es leider auch anderswo. Und wenn die Anzeigen am Bahnsteig funktionieren, dann korrespondieren sie oft nicht mit den Informationen der Bahn-Apps. In den Zügen sollte die Bahn mal ihre Durchsagen auf Relevanz überprüfen. Immerhin am Bahnsteig soll es bald Entwirrung geben. Die Bahn will Multi-Zug-Anzeigen einsetzen: mit drei Zügen auf dem Display. Das klingt gut. 40 von insgesamt 120 Fernbahnhöfen sind bereits umgerüstet. Quelle: dpa
Apps: Nicht jede Frage an @DB_Bahn beantwortet das Twitter-Team zwar zu voller Zufriedenheit. Dennoch zeigen die Twitterer der Deutschen Bahn, wie schnell und effektiv ein Konzern mit seinen Kunden kommunizieren kann. Eine starke Leistung. Auch der DB Navigator bietet echten Mehrwert. Die Deutsche Bahn beweist mit ihren Apps, dass auch traditionelle Konzerne digitale Maßstände setzen können.   Quelle: dpa
Lounges: Ein großzügiger Service für Vielfahrer: kostenloser Kaffee, Tee, Wasser und Softdrinks. In der ersten Klasse erhalten Fahrgäste auch Bier, Wein und Snacks. Leider ist die zweite Klasse oft zu voll. Die Deutsche Bahn prüft den Aufbau zusätzlicher Lounges in ein bis zwei Städten. Quelle: dpa

Auf dem Dach des Bahntowers am Potsdamer Platz in Berlin treffen wir Bahn-Chef Rüdiger Grube und Google-Deutschland-Chef Philipp Justus zu einer gedanklichen Reise in die Zukunft der Mobilität. In der Hauptstadt weht ein leichter Wind, vielleicht nicht neu, aber kräftig genug, um die Mobilitätsdrohne der Deutschen Bahn in Schwierigkeiten zu bringen. Sie soll starten, aber sagt erst einmal nur in monotoner Wiederholung „keine Batterie“. Irgendwann hat sie sich erholt, und es soll tatsächlich losgehen. Beim Abheben fegt ein Windstoß die Drohne zur Seite, sie schwenkt ungeplant aus und kollidiert Sekunden später mit der Terrassenwand. Nach einem kurzen Moment betroffenen Schweigens nehmen wir das als Hinweis, dass man auch beim Gespräch über die Mobilität der Zukunft auf dem Boden bleiben darf. Es gibt ja auch dort genug zu besprechen.


Herr Grube, der Taxifahrer auf dem Weg hierher hat uns ungefragt berichtet, er habe sich einen Tesla S ­bestellt. Ist Elon Musk der Einzige, der noch wahre ­Begeisterung für Autos entfachen kann?

Grube: Ich kenne Elon Musk aus meinen Zeiten bei Daimler. Er ist ein Mensch mit großen Visionen. Aber Visionen alleine reichen nicht. Man muss mit seinen Produkten auch Geld verdienen.

Herr Justus, zwischen dem Tesla Model S und dem ­kugeligen selbstfahrenden Autoprototyp von Google ­liegen Welten. Wird all das nebeneinander in Zukunft einen Markt finden?
Justus: Wir entwickeln das selbstfahrende Auto seit 2008, dabei verzichten wir im Auto sogar auf Lenkrad und Bremspedale. Das zeigt, dass es völlig unterschiedliche Herangehensweisen in der Lösung von Fragestellungen der Mobilität gibt – die alle ihre Berechtigung haben können.

Anteil pünktlicher Züge der Deutschen Bahn im Personenverkehr

Versetzen wir uns einmal 20 Jahre in die Zukunft. Wie werden wir uns dann fortbewegen?
Justus: Es wird eine Vielfalt von Bewegungsmöglichkeiten geben. Nicht entweder Bahn oder Auto oder Fahrrad. Die Frage wird sein: Wie komme ich am besten, bequemsten, sichersten und schnellsten ans Ziel. Wir werden von Ende zu Ende denken. Verbindungen werden nahtlos.

Grube:Seit einigen Jahren nehmen wir wahr, dass sich unsere Kunden zunehmend für multimodale Lösungen interessieren. Sie informieren sich etwa über unsere Mobilitäts-App Qixxit, welches Verkehrsmittel am besten zu ihrem Reisewunsch passt. Sie wollen künftig aber nicht nur suchen, sondern auch buchen. Die Verkehrsmittel müssen noch intelligenter verknüpft werden.

Und das Geld verdient, wer solche Dienste anbietet ...
Grube: Meine größte Befürchtung ist, dass sich zwischen den Kunden und uns als Bahn eine digitale Plattform zwischenschaltet, die mit uns gar nichts zu tun hat und den Buchungsprozess für unsere Kunden managt. Uns bliebe, salopp gesagt, noch die Rolle des Lohnkutschers. Deshalb arbeiten wir an eigenen Lösungen: Wir entwickeln eine App, mit der Sie suchen und zugleich buchen können – über alle Verkehrsträger hinweg.


Die großen Plattformen wie Uber und Airbnb kommen aus den USA. Warum nicht aus Deutschland?
Justus: Viele Innovationen kommen aus den USA, aber ich mache mir um den deutschen Standort keine Sorgen. Es gibt große Start-ups wie Zalando, Soundcloud und Delivery Hero. Die zeigen, dass es geht. ­Ihre Angebote sind auf Smartphones installiert und werden überall mitgenommen. Somit findet Mobilität auf Endgeräten statt. Ich glaube nicht, dass wir in Deutschland Trends verschlafen. Es gibt in den USA natürlich ein Umfeld, das über 50 Jahre gewachsen ist. Dazu zählen starke Universitäten und bessere Finanzierungsmöglichkeiten.
Grube: Die Amerikaner waren Deutschland bei der Softwareentwicklung voraus. Aber wir sind aufgewacht. Die Arbeit von Ingenieuren und Softwareentwicklern wächst zusammen. Noch vor zwei Jahren gab es zum Beispiel in Deutschland schlicht zu wenig Wagniskapital. Inzwischen hat Berlin auf diesem Feld London überholt. Aber man muss natürlich wissen, dass das Volumen für Venture Capital im Silicon Valley bei über 20 Milliarden Euro liegt, in Berlin bei ­einem Zehntel.

Anteil pünktlicher Züge der Deutschen Bahn im Personenverkehr

Ein Angstszenario der deutschen Autobauer sieht die Branche als Anhängsel der IT-Konzerne, die das zukünftige Geschäft treiben werden. Realistisch?

Justus: Ich teile diese Angst nicht. Die Autoindustrie braucht Softwarekompetenz, und IT-Konzerne brauchen die Autohersteller. Wir sehen Partnerschaften. Das gilt auch für unser selbstfahrendes Auto. Da steckt viel deutsche Technologie drin, etwa von unseren Partnern wie Bosch, Continental und ZF. Unser Bestreben ist nicht, alles selbst zu können. Auf der anderen Seite kommen Autokonzerne auch auf uns zu.


Aber wer gibt in Zukunft den Takt vor?
Justus: Es geht um Fragen des Zusammenspiels, nicht um den Taktgeber. Hightechkonzerne wie Apple, Microsoft und Google kooperieren an einigen Stellen, an anderen Stellen sind sie Konkurrenten.
Grube: Die Digitalisierung trifft uns bei der Deutschen Bahn enorm. Es gibt keinen Bereich mehr, in dem nicht digitale Projekte realisiert werden. Sie führt zu besserer Qualität, höherer Pünktlichkeit, stabilem Betrieb. Auch das automatisierte Fahren ist deshalb ein großes Projekt bei der Bahn. Die Aufgaben des Lokführers und des Fahrdienstleiters werden in Zukunft immer mehr verschmelzen. Züge könnten dann in ein bis zwei Jahrzehnten aus der Betriebszentrale gesteuert werden.

Bahn als schnellstes Transportmittel

Die Wertschöpfung entsteht aber bei den digitalen Plattformen. Wie schaffen Sie es, Herr Grube, nicht ­zurückzufallen?
Grube: Indem wir selbst Plattformen entwickeln und unsere digitale Kompetenz ausbauen, wir uns aber auch an Start-ups beteiligen. Wir verknüpfen schon heute über Qixxit verschiedene Verkehrsträger. Außerdem investieren wir in spannende Start-ups. Ein Beispiel ist Clever Shuttle: Für die letzte Meile bringen wir künftig Kunden mit Elektrofahrzeugen nach Hause. Das Angebot testen wir bereits in München und Leipzig. Es ist günstiger als ein Taxi, weil der Fahrer unterwegs weitere Fahrgäste mitnehmen darf. Die Fahrer besitzen einen Personenbeförderungsschein. Das ist aber nur ein Beispiel von vielen.


Also „Uber der Bahn“?
Grube: Das sind nicht meine Worte. Im Schwarzwald testen wir ein ähnliches Produkt namens Flinc. Wir schicken Fahrzeuge in dünn besiedelte Gebiete, um Kunden an ihr Ziel, beispielsweise zum Bahnhof, zu bringen. Alles mithilfe einer Mobilitäts-App.

Wo öffentlicher Nahverkehr am teuersten ist
Platz 10: San Francisco und Chicago Wer in der berühmten Cable Car von San Francisco (Foto) oder in der Hochbahn von Chicago unterwegs ist, muss zwei US-Dollar für das günstigste Ticket bezahlen. Das macht den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) dieser beiden Städte zum zehntteuersten der Welt, hat die Deutsche Bank ausgerechnet. Dafür hat sie die Preise des jeweils günstigsten Nahverkehr-Tarifs in Städten weltweit in US-Dollar umgerechnet und verglichen. Um einzuordnen, wie teuer oder günstig die Preise sind, hat die Deutsche Bank New York als Bezugspunkt gewählt: Die Preise in Chicago und San Francisco sind beispielsweise 20 Prozent günstiger als im Big Apple. Quelle: dpa
Platz 9: Berlin und ParisBerlin teilt sich den neunten Platz mit Paris. In beiden Städten kostet der günstigste ÖPNV-Tarif umgerechnet 2,06 US-Dollar. Das sind gerade mal 82 Prozent des New Yorker Preises. Quelle: dpa
Platz 8: SydneyWer im australischen Sydney im öffentlichen Nahverkehr unterwegs ist, zahlt 2,14 US-Dollar für das günstigste Ticket – und damit 15 Prozent weniger als in New York. Quelle: AP
Platz 7: Edinburgh und OttawaDen siebten Platz teilen sich wieder zwei Städte: Im schottischen Edinburgh und im kanadischen Ottawa (Foto) kosten die günstigsten ÖPNV-Tickets jeweils umgerechnet 2,48 US-Dollar. Das ist ein Prozent weniger als in New York. Quelle: AP
Platz 6: New YorkWer einmal in New York ist, muss in den Central Park, ins Empire State Buildung – und eine U-Bahn-Fahrt mitmachen. Ein Ticket des günstigsten Tarifs kostet 2,50 US-Dollar, was die Deutsche Bank als Bezugspunkt für alle anderen weltweiten Preise genommen hat. Quelle: REUTERS
Platz 5: TorontoIn der größten Stadt Kanadas kostet ein ÖPNV-Ticket des kleinsten Tarifs umgerechnet 2,73 US-Dollar. Damit zahlen Menschen in Toronto neun Prozent mehr als in New York. Quelle: dpa
Platz 4: FrankfurtAuch Deutschlands Bankenmetropole hat es ins Ranking geschafft: Wer mit der S-Bahn vom Hauptbahnhof zum Hauptsitz der Deutschen Bank fahren möchte, muss umgerechnet 2,88 US-Dollar zahlen. Das sind 15 Prozent mehr als der niedrigste Tarif in New York und platziert Frankfurt im weltweiten Vergleich auf Platz 4. Quelle: dpa

Hat die Bahn auf der Schiene eine Zukunft, wenn selbstfahrende Autos Kunden von Tür zur Tür bringen?
Grube: Ja. Die Bahn ist und bleibt das sicherste, schnellste, komfortabelste und effizienteste Transportmittel. Staus auf der Autobahn und in der Stadt bekommen sie auch mit Google-Autos nicht gelöst.

Intelligente IT-Systeme werden Verkehrsflüsse in ­Zukunft optimal steuern ...
Grube: Da sprechen wir aber über einen Punkt weit in der Zukunft. Autonomes Fahren wird zum Standard, vielleicht 2025, 2030 oder 2035. Wann genau, weiß ich nicht. Aber ich spüre bei jeder Teambesprechung zu dem Thema, dass die Einführung eher früher als ­später kommen wird. Deshalb lässt sich ja auch die ­extrem hohe Bewertung von Uber erklären. Aber das autonome Auto wird die Bahn nicht ersetzen. Und Uber …

... das Unternehmen wird gerade mit einem Marktwert von rund 55 Milliarden Euro bewertet ...

Grube: Uber hat eine Vision für ein Geschäftsmodell, das eine Art Brücke zum autonomen Fahren darstellt. Heute werben wir bei der Deutschen Bahn mit dem Spruch: „Diese Zeit gehört dir“, das heißt, wir verkaufen Reisezeit als Qualitätszeit. Wenn das in Zukunft auch autonom fahrende Autos können, dann wird der Betreiber dieser Autos Gleiches über seine Dienstleistung sagen können. Wir werden mit neuen Geschäftsmodellen konkurrieren. Deswegen müssen wir autonom fahrende Autos mit in unser Portfolio aufnehmen. Auch wir arbeiten an Projekten und werden mit Sicherheit in Zukunft Flotten mit fahrerlosen Autos betreiben.

Dann sind aber doch selbstfahrende Autos eine Bedrohung für Ihr Geschäft!

Grube: Nur dann, wenn wir als Deutsche Bahn selber nichts unternehmen würden. Aber das wird nicht ­passieren. Wir sind ein Mobilitätskonzern, wir investieren in neue Geschäftsmodelle und Angebote. ­Arroganz und Ignoranz gegenüber neuen Mobilitätsformen wird es bei uns nicht geben. Veränderungen verstehen wir nicht als Bedrohung, sondern als Motor für Fortschritt.

Justus: Wir reden bei dem Thema ohnehin zu viel über Bedrohung und Ängste und viel zu wenig über die Chancen. Jedes Jahr sterben weltweit 1,2 Millionen Menschen bei Verkehrsunfällen, fast immer ist der Mensch schuld. Bei keiner anderen Technologie würden wir solche Unfallzahlen akzeptieren. Maschinen machen weniger Fehler als Menschen. Beim autonomen Fahren sind wir heute noch nicht fehlerfrei, aber da werden wir hinkommen. Die Sensorik verbessert sich, und die Datenverarbeitung wird schneller. Wir werden antizipativ verstehen, was um einen herum vor sich geht.

Die größten Pannen der Deutschen Bahn
Juli 2015Wegen der großen Hitze sind die Luftkühlungen mehrerer IC-Züge ausgefallen. Anders als im Sommer 2010 reagierte die Bahn diesmal schnell: Sie stellte für die besonders betroffene Linie Berlin-Amsterdam zwei Ersatzzüge bereit. Sie sollen eingesetzt werden, wenn die Luftkühlung in anderen IC auf der Strecke versagt, wie ein Sprecher mitteilte. Außerdem wurden in Osnabrück mehrere Busse stationiert. Dort mussten insgesamt mehrere Hundert Fahrgäste in nachfolgende Züge umsteigen, weil in ihren Zügen die Klimaanlage ausgefallen war. Es habe aber kein Fahrgast gesundheitliche Probleme bekommen, so der Sprecher. Bei etwa einem Dutzend älterer Intercitys auf der Linie Berlin-Amsterdam hatten die Klimaanlagen ihre Arbeit eingestellt. Quelle: dpa
Oktober 2014Ein Warnhinweis sorgt für Lacher, Spott und eine Entschuldigung der Deutschen Bahn: „Cannstatter Wasen: Es ist mit Verspätungen, überfüllten Zügen und verhaltensgestörten Personen zu rechnen“ ist am Samstag auf den Anzeigetafeln an mehreren Bahnhöfen in der Region Stuttgart zu lesen gewesen, wo das Volksfest an seinem letzten Wochenende in diesem Jahr wieder Tausende Besucher anlockte. „Wir entschuldigen uns dafür“, sagte eine Bahn-Sprecherin am Sonntag und bestätigte Online-Berichte der „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Stuttgarter Zeitung“. Ein Mitarbeiter habe den Text entgegen aller Vorgaben verfasst. Er werde Anfang der Woche zum Rapport bestellt. Dann solle auch der gesamte Vorgang aufgeklärt werden. Quelle: dpa
August 2013Ein ungewöhnlich hoher Krankenstand in der Urlaubszeit sorgte im August 2013 für ein Fahrplanchaos am Mainzer Hauptbahnhof - und für massiven Ärger bei den Fahrgästen. Die Deutsche Bahn hat für das Chaos am Mainzer Hauptbahnhof wegen massiver Personalprobleme auf Facebook um Entschuldigung gebeten. „Für die derzeitigen Einschränkungen möchte ich mich entschuldigen“, antwortete ein Mitarbeiter in dem Sozialen Netzwerk auf Beschwerden einer Nutzerin. Die Situation sei „wahrlich nicht schön“. Quelle: dpa
August 2013Um dem Problem der häufig verstopften und verdreckten Zugtoiletten Herr zu werden, setzt die Bahn ab sofort neue Reinigungskräfte, sogenannte Unterwegsreiniger, in ICE-Zügen ein. Die Reinigungskolonne, die auf der Fahrt die Toiletten putzt, wird um 50 Beschäftigte auf 250 aufgestockt, wie der Vorstandsvorsitzende DB Fernverkehr, Berthold Huber, ankündigte. Die Mitarbeiter sollen zugleich stärker entsprechend der Zugauslastung eingesetzt werden. Damit würden die Toiletten in besonders gefragten Bahnen mindestens zweimal und damit doppelt so oft auf der Fahrt gereinigt wie bisher. Der Fahrgastverband Pro Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) lobten die Initiative, wiesen aber zugleich auf andere Probleme hin. „Neben den kaputten oder dreckigen Toiletten gibt es tagtägliche Kundenbeschwerden vor allem über die Klimaanlagen und Verspätungen“, sagte Pro-Bahn-Bundessprecher Gerd Aschoff. Und das sind nicht die einzigen Pannen der Deutschen Bahn... Quelle: dpa
November 2011Nach der persönlichen Anmeldung im neuen elektronischen Ticketsystem „Touch & Travel“ waren für nachfolgende Nutzer die Kundendaten sichtbar. Quelle: dpa
Juli 2010Am einem Wochenende fallen in mehreren ICE-Zügen die Klimaanlagen aus. Fahrgäste kollabierten, Schüler mussten dehydriert ins Krankenhaus eingeliefert werden. Im Zuge der Panne wurde bekannt, dass die Klimaanlagen der Bahn nur bis 32 Grad funktionieren. Damals fielen in Dutzenden Zügen die Klimaanlagen aus. Quelle: dpa
April 2010 - ICE verliert TürBei voller Fahrt verliert ein ICE auf dem Weg von Amsterdam nach Basel eine Tür. Das Stahlteil schlägt in einen entgegenkommenden ICE ein. Auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Frankfurt und Köln werden sechs Menschen leicht verletzt. Ursache für den Unfall ist eine lose Stellmutter an der Verriegelung. Foto: dpa

Der US-Bundesstaat Kalifornien hat weltweit als erste Regierung ein Gesetz auf den Weg gebracht, das ­autonomes Fahren regulieren soll. Der Inhalt fällt strenger aus als erwartet: Der Mensch muss die Kontrolle über das Fahrzeug behalten. Das Gesetz hat Google nicht gefallen, oder?
Justus: Natürlich müssen Länder Rahmenbedingungen für diese neue Technologie schaffen. Es sind ja fundamentale Fragen zu klären. Wer hat zum Beispiel die Verantwortung bei einem Unfall: der Fahrer oder der Hersteller? Aber wenn jemand in einem selbstfahrenden Auto unterwegs ist, dann will er E-Mails lesen, Musik hören und andere Dinge machen. Wenn der Fahrer wieder die Kontrolle übernehmen muss, ist das nicht intuitiv. Das ist realitätsferne Gesetzgebung, die die Einführung dieser Technologie erheblich erschweren wird.

Und wie soll ein Auto in Zukunft entscheiden, wenn ein Zusammenprall mit der einen oder anderen Menschengruppe unausweichlich ist?
Justus: Das sind Fragen, die wir als Unternehmen nicht beantworten können. Interessanterweise gehen wir fast selbstverständlich davon aus, dass der Fahrer dieses Dilemma besser entscheiden kann. Ich habe meine Zweifel, dass das so ist. Wenn man sich darüber strukturiert Gedanken macht, treffen Maschinen in solch einer Situation bessere Entscheidungen. Davon bin ich überzeugt.
Grube: Die heutige Infrastruktur ist auf autonomes Fahren natürlich noch nicht vorbereitet. Wir bekommen frühestens 2021 den Mobilfunkstandard 5G der nächsten Generation. Erst dann steht eine digitale Übertragungsrate zur Verfügung, die die Kommunikation von und mit Autos ermöglichen würde.

In einer App - alles vereint

In den USA haben Experten im vergangenen Jahr ­einen Jeep gehackt und ferngesteuert. Ersetzen wir beim selbstfahrenden Auto das Unfallrisiko durch das Datenrisiko?
Justus: Wir werden uns mit der Datensicherheit beschäftigen müssen. Unsere Philosophie bei Google lautet: Der Betrieb des Autos, die Sicherheit, genießt höchste Priorität und darf nicht mit anderen Bereichen wie dem Entertainment konkurrieren. Datensicherheit wird immer wichtiger, das ist uns sehr bewusst.

Das Auto ist einer der letzten privaten Rückzugsorte des Menschen. In Zukunft wird das ein überwachter Ort. Unternehmen sammeln Daten und fertigen Bewegungsprofile an. Wo fängt der Datenschutz an, wo hört er auf?
Justus: Die Daten des Nutzers gehören dem Nutzer. Nutzer müssen selbst bestimmen können, was mit ihren personenbezogenen Daten passiert. Das Prinzip gilt bei uns schon heute. Aber: Verkehrsmitteldaten wie Fahrplaninfos, kombiniert mit Echtzeitdaten, sind die Grundlage, bessere Dienstleistungen zu entwickeln.

Weltweit laufen die Bemühungen beim autonomen Fahren auf Hochtouren. Auch Google mischt mit und sucht schon lange nach Autobauern, die die eigene Technologie nutzen könnten. Jetzt ist das Unternehmen fündig geworden.

Deutsche Bahn und Google investieren in digitale Start-ups. Wie viel Geld haben Sie dafür reserviert?
Grube: Bei uns gilt: Jede Idee von Mitarbeitern oder von außen, die Sinn ergibt, werden wir prüfen. Wir werden künftig auch einen Fonds für Investitionen in Start-ups zur Verfügung stellen, allein um administrative Hürden eines großen Unternehmens zu umgehen. Über die Höhe diskutieren wir gerade.
Justus: Wir erleben derzeit, dass die Nutzer auf ihrer Reise durchgehend informiert werden wollen. Wann müssen sie aufbrechen? Gibt es einen Stau auf der Straße? Welches Verkehrsmittel ist das günstigste? Wir nehmen deshalb viele Mobilitätsdienste bei Google Now und Google Maps auf. Unser Kartendienst Maps ist wahrscheinlich das größte Mobilitätsprodukt überhaupt. Informationen etwa zum Nahverkehr haben wir schon integriert.

Dann weiß ich, wo und wie ich umsteigen muss, aber ich muss immer noch überall unterschiedlich bezahlen – den Bus, das Elektrofahrrad, den Zug, das Taxi …
Grube: Das wird es in Zukunft nicht mehr geben. Es wird dann nur noch ein Ticket oder eine App geben, die alle Verkehrsmittel vereinen. Das ist einer der größten Wünsche unseres Kunden. Er möchte ein einziges Ticket haben, um alle Buchungen zu bezahlen, und damit einen Dienstleiter, der alles für ihn erledigt.

Warum gibt es das heute noch nicht?
Grube: Das Problem ist, dass wir in Deutschland eine sehr fragmentierte Mobilitätsverantwortung haben. Die Kommunen und die Länder sind für den Regionalverkehr zuständig, und viele verteidigen ihre Königreiche, indem jeder seine eigene Mobilitätskarte hat. Wir sagen, dass wir eine übergreifende nationale Mobilitätskarte brauchen, mit der der Kunde alles machen kann: Zug fahren, Räder ausleihen, Busse und Taxis nutzen und bezahlen. Am Monatsende gibt es dann eine Rechnung wie fürs Telefon. Und der Kunde hat die Garantie, dass das System stets den günstigsten Tarif abrechnet.
Justus: Die Karte hätte ich gerne …
Grube: Daran arbeiten wir gerade mit Hochdruck ...
Justus: Können wir Sie da unterstützen?

Grube: Gerne. Das passt ja auch strategisch zur Google-Philosophie. Bei unserem ersten Treffen sagten Sie mir mal, alles müsse den „Zahnbürsten-Test“ bestehen. Erinnern Sie sich?
Justus: Natürlich. Die Idee für ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung ist dann interessant für uns, wenn es Millionen von Menschen mindestens zwei Mal am Tag in die Hand nehmen.
Grube: Deshalb sind digitale Mobilitätsdienste so bedeutend. Die Leute sind jeden Tag unterwegs. Sie wollen informiert und digital begleitet werden. Es wird deswegen neue Mobilitätsdienstleister geben. Für uns ist die Digitalisierung ein Wachmacher: Deshalb haben wir das Thema in Angriff genommen, bevor es andere tun – je schneller, desto besser.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, der auch für die digitale Infrastruktur zuständig ist, prophezeit Deutschland einen neuen digitalen Wohlstand in den kommenden Jahren. Spüren Sie den Fortschritt?
Justus: Es gibt einen bemerkenswerten Satz der Bundeskanzlerin: „Es wird alles digitalisiert werden, was digitalisiert werden kann.“ Frau Merkel gibt die Richtung vor. Ich finde es großartig, dass sich die Bundesregierung fortschrittsorientiert zeigt. Die Digitalisierung wird positive Beschäftigungseffekte haben. Da habe ich gar keine Zweifel.
Grube: Der Bundesverkehrsminister ist ja nicht nur für den Verkehr, sondern auch für digitale Infrastruktur zuständig. Deshalb kümmert er sich auch sehr engagiert um Themen wie WLAN im Fern- und Regionalverkehr. Bei digitalen Themen ist er positiv ungeduldig. Und das ist auch gut so.

Mal Schnecke, mal Windhund
Die Tabellen zeigen die schnellsten Verbindungen im Stundentakt (auf einzelnen Strecken verkehren dazwischen noch andere Fernzüge, die aber in der Regel langsamer sind).Quelle: Deutsche Bahn; Stand: 9.10.2013 Quelle: obs
Entfernung bis 100 km.
Entfernung bis 200 km. * Durchschnittswert
Entfernung bis 300 km. ** wegen Hochwasserschäden bis 4. November 2:09 Std.
Mehr als 300 km.

Aber es gibt kein Gesetz zum autonomen Fahren, keine klaren Regeln für WLAN-Hotspots, keinen flächendeckenden Breitbandausbau. Wir können nicht erkennen, dass die Regierung auf der Höhe der Zeit agiert.
Grube: Richtig ist, dass in Deutschland manches zu lange dauert. Das kann auch damit zu tun haben, dass die Verantwortung innerhalb der Regierung bei unterschiedlichen Ressorts liegt.
Justus: Herr Grube hat recht. Auch bei der Infrastruktur müssen wir weiter denken. 50 Megabit pro Sekunde bis 2018 kann nur ein Zwischenschritt sein. Die Politik muss jetzt einen Plan für ein Gigabit pro Sekunde entwickeln. Die Politik muss die Digitalisierung viel größer denken. Sonst wird der Takt des Fortschritts woanders vorgegeben. Auch bei der digitalen Bildung etwa an Schulen sind andere Länder schneller als Deutschland. Wir brauchen mehr digitale Fachleute.

Wie bleiben Sie selbst eigentlich psychisch mobil?
Grube: Vor allem durch Austausch, intern wie extern. Ich treffe mich beispielsweise öfter mit jungen Mitarbeitern. Da gibt es eine Art Thinktank der „Generation Y“. Die sagen mir, was sie stört und was sich verbessern lässt. Das sind oft ganz konkrete Dinge. Zum Beispiel identifizieren wir so die größten bürokratischen Hemmnisse. So haben wir etwa die Reisekostenabrechnung und einiges mehr verändert.
Justus: Ich treffe mich regelmäßig mit Start-ups und versuche, herauszufinden, woran die nächste Generation der Gründer arbeitet. Für mich sind diese Treffen eine große Quelle von Inspiration.

Was ist das „next big thing“, das die Welt verändert?
Grube: Ich bin gespannt, wann es möglich sein wird, seine Gesprächspartner per Videokonferenz quasi in den Besprechungsraum zu „beamen“. Sie erscheinen als Hologramme. Das wird die Berufswelt verändern.
Justus: Die physische Mobilität des Menschen wächst mit den mobilen Anwendungen auf dem Endgerät noch enger zusammen. Da stehen wir noch am Anfang. Und selbstfahrende Fahrräder. Das war zunächst ein Aprilscherz von Google, den sich über 2,5 Millionen Besucher auf YouTube angeschaut haben. Vielleicht wird das ja irgendwann einmal real (lacht).

Unsere Hoffnung ist, dass die umgekehrte Wagenreihung ein Ende hat. Wann ist es so weit, Herr Grube?
Grube: Probleme mit der umgekehrten Wagenreihung wollen wir bis zum Jahresende in den Griff bekommen. Wir statten die Strecken zurzeit mit Sensoren aus, die dann die Leitzentrale informieren, wie der Zug gereiht ist. Der Kunde wird dann rechtzeitig und gut informiert. Hier arbeiten wir im Rahmen des Programms „Zukunft Bahn“ an vielen Lösungen. Die Welt der Bahn wird einfacher!

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%