Dioxinskandal Was taugen Bioprodukte aus dem Ausland?

Der jüngste Dioxinskandal beflügelt den Boom von Bioprodukten. Die deutschen Erzeuger können die Nachfrage schon lange nicht mehr bedienen. Bedeutet Masse auch schwindende Klasse? Und wie wird Bio garantiert und kontrolliert, wenn die Ware aus dem Ausland kommt?

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Eine Frau geht am Mittwoch Quelle: dpa

Majoran aus Ägypten, Litschi-Früchte aus Thailand: Laut Frachtdokumenten waren beides Produkte aus biologischem Landbau, also frei von Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln.

Denkste!

Im vergangenen Jahr fischten Lebensmittelkontrolleure des hessischen Landeslabors am Frankfurter Flughafen zum ersten Mal bei ihren Stichprobenkontrollen auch Biolebensmittel mit unzulässiger Pestizidbelastung heraus. Bei den Lieferungen aus Ägypten und Thailand aus vermeintlichem Biolandbau entdeckten die Kontrolleure eine achtfache Überschreitung der gesetzlichen Höchstwerte. Seit Anfang 2007 kontrollieren die Wissenschaftler des Labors am größten deutschen Flughafen eintreffende Lebensmittellieferungen auf Pestizide, Schwermetalle, gentechnisch veränderte Organismen oder Schädlingsbefall.

Funde wie diese zeigen ein neues Problemfeld auf: Wie bio sind Biolebensmittel aus dem Ausland? Denn wegen immer neuer Skandale wie zuletzt um dioxinverseuchtes Tierfutter greifen immer mehr Menschen zu Lebensmitteln mit den bunten Biosiegeln wie Demeter, Bioland oder EU-Bio. Doch die deutschen Erzeuger können den Bedarf schon lange nicht mehr alleine decken. Die Konsequenz: mehr Importe. Schließlich ist die CO2-Bilanz kein Kriterium der Bioindustrie. Daher kommen auch viele Biolebensmittel aus Nicht-EU-Staaten. Doch sind die Produkte aus dem Ausland so gut wie die deutschen? Wie verlässlich sind die Kontrollen? Welche Auflagen gelten in China? Wie unbelastet ist zum Beispiel Biofisch aus Vietnam?

Bioeier werden knapp

Bio erlebt zurzeit in Deutschland einen neuen Boom. Der Buchhandel bestückt ganze Tische zum Thema mit Werken von Karen Duve („Anständig essen“), Jonathan Safran Foer („Tiere essen“) oder Hans Weiss („Schwarzbuch Landwirtschaft“).

Sogar Bioeier waren knapp. Seit Ausbruch des Dioxinskandals wurden bis zu 30 Prozent mehr verkauft, berichtet der Bundesverband Naturkost Naturwaren. Freuen können sich die Hersteller aber nicht so recht über den Nachfrageschub. Denn der Umsatz mit Bioeiern kann höchstens durch den Import von ausländischer Ware gesteigert werden.

Tatsächlich setzte die Biobranche von Anfang an auf Importe – zwangsläufig. Bananen, Kiwis und alle anderen sogenannten Klimagünstlinge, die in heimischen Gefilden nicht gedeihen, mussten schon immer nach Deutschland verfrachtet werden. Dass auch Kartoffeln, Möhren und Eier aus deutschen Landen rar sind, ist ein neueres Phänomen.

Vier von fünf Biobirnen im deutschen Handel werden inzwischen im Ausland geerntet, 72 Prozent aller Biotomaten und 44 Prozent aller Bioäpfel. Laut einer im Januar veröffentlichten Studie der Universität Bonn stieg der Umsatz der Biobranche in Deutschland zwischen 2000 und 2009 um rund 180 Prozent. Flächenanteil und Zahl ökologisch bewirtschafteter Betriebe wuchsen im gleichen Zeitraum lediglich um 75 Prozent. „Die Folge: Deutsche Bioprodukte verlieren immer mehr Marktanteile“, konstatieren die Forscher. Auch Getreide und Futtermittel müssen zunehmend importiert werden.

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