Discounter Das strategische Dilemma des Aldi-Imperiums

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Logo des Discounters Aldi Nord Quelle: APN

Andere Unterschiede sind weniger offensichtlich: So begab Aldi Süd vor wenigen Monaten ein Schuldscheindarlehen in Höhe von 200 Millionen Euro und erprobte damit erstmals den Kapitalmarkt als Instrument für die Finanzierung der Auslandsexpansion. Im Nord-Reich sind Kredite dagegen verpönt wie eh und je.

Auch vermeintlich teurer Service-Firlefanz, etwa Backautomaten, die Aldi Süd gerade flächendeckend aufbaut, kommt im Norden oft erst in die Geschäfte, wenn es sich gar nicht mehr vermeiden lässt.

Als das deutsche Bäckerhandwerk Aldis Automaten als reine Bräunungsstationen geißelte und mit großem Tamtam eine Klageschrift wegen Verbraucher-täuschung gegen das Unternehmen einreichte, zeigte sich ein weiterer Unterschied zwischen den Aldi-Welten. Aldi Süd reagierte mit einem harschen Statement aus der Pressestelle. Ein Novum: Jahrelang hatten Nord- wie Südstaatler auf alle öffentlichen Aussagen verzichtet. Inzwischen -bekommen Journalisten gelegentlich Antworten auf ihre schriftlich eingereichten Fragen – zumindest im Süden. Der Norden schweigt weiter.

Zusammengefasst heißt das: Während der Norden bislang für die reine Lehre des sogenannten Harddiscounts steht, gibt sich der Süden ein wenig softer.

Die wohl spannendste Frage nach dem Tod von Theo Albrecht lautet daher: Nähern sich Nord- und Süd-Reich wieder an, oder beschleunigt sich die Kontinentaldrift rund um den Aldi-Äquator?

Bisher gibt Aldi-Nord-Verwaltungsratschef Hartmuth Wiesemann als Generalbevollmächtigter von Theos Gnaden den Gralshüter des Harddiscounts. Insider erwarten, dass er nach Albrechts Tod weitermacht wie bisher: Preisführerschaft verteidigen, Komplexität reduzieren und – natürlich – Kosten drücken.

Doch damit steuert der Norden langfristig auf ein strategisches Dilemma zu. Setzt der Nord-Potentat weiter allein auf den Preis als Kaufanreiz, riskiert er, von der Konkurrenz in die Zange genommen zu werden. Nicht nur Discounter, auch Supermärkte sind dank einer ausgefeilteren Eigenmarken-Architektur im Preiseinstiegsbereich schon heute satisfaktionsfähig. Der Verbraucher wiederum war in der -Wirtschaftskrise weniger preissensibel als erwartet.

Zugleich ist das Süd-Konzept mit hohen Investitionen verbunden. Und ob das Modell langfristig erfolgversprechender ist, muss sich aus Sicht der Nord-Manager erst noch beweisen. Bis dahin setzt Wiesemann auf Bewährtes und spart sich kostspielige Experimente – wahrscheinlich ganz im Sinne von Theo Albrecht.

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