Ekkehard Schulz im Aufsichtsrat ThyssenKrupp-Chef in der Business Class

Ekkehard Schulz musste lange warten, bis ihm ein einfacher Aufsichtsratsposten im Konzern angeboten wurde, dem er vierzig Jahre lang gedient hat.

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Berthold Beitz (rechts), Quelle: dpa

Spät kam die Mitteillung, aber sie kam: Ekkehard Schulz, der am 21. Januar auf der Hauptversammlung des Essener Stahl- und Technologiekonzerns das Steuerrad an seinen Nachfolger Heinrich Hiesinger abgibt, wird in den Aufsichtsrat des Stahlkochers von der Ruhr berufen. Nach den strengen Regeln der Corporate Governance kommt das einem Verstoß gegen die guten Sitten schon recht nah: Denn eigentlich sollte Schulz nach diesem Kodex eine zweijährige Karenzzeit abwarten, bevor er vom Vorstandschef zum Kontrolleur seines Nachfolgers erkoren wird. Jedoch ist Schulz bereits seit Jahren Mitglied des Kuratorium der Krupp-Stiftung, die knapp über 25 Prozent am Konzern hält und damit die einzige Instanz ist, die im Unternehmen an oberster Stelle das Sagen hat.

Die einzige Instanz? Oder konzentriert sich der allerhöchste Einfluss doch auf nur zwei Personen, die Organe und Instanzen mehr als Logenplatz für ihr Tun nutzen? Die beiden mächtigsten Männer bei ThyssenKrupp sind immer noch der 96-jährige Berthold Beitz und Aufsichtsratschef Gerhard Cromme. Beitz ist Vorsitzender des Kuratoriums, Cromme ist einfaches Mitglied, aber mit Sonderrechten: Beitz hört auf ihn. Und Cromme ist als Aufsichtsratschef von Siemens der mächtigste Manager in Deutschland. Beitz und Cromme bilden ein Gespann, an dem niemand bei ThyssenKrupp vorbei schleichen kann. Einziger wichtiger Machftaktor neben dem großen B und dem großen C ist der bei ThyssenKrupp traditionell große Einfluss der Arbeitnehmervertreter. Sie können aber auch nicht alles verhindern, was B und was C in den Sinn kommt. Zum Beispiel der Bau zweier Stahlwerke in Brasilien und in den USA.

Bollwerk Kruppscher Tradition

Schon früh hatten Cromme und Beitz, das mächtige Bollwerk Kruppscher Tradition, den Vorstandschef Schulz zu sich in das Krupp-Kuratorium auf den Hügel in Essen  geholt. Kuratoriumsmitglieder haben außer C und B dort wenig bis gar nichts zu sagen. Als Meinungsführer wollte Schulz auch gar nicht auftreten. Auf ihn war immer Verlaß und diese Verlässlichkeit sein Markenzeichen. Er ist der Mann, der sich bei Thyssen in höchste Ämter hochgearbeitet hatte, die Fusion zwischen Thyssen und Krupp auf Thyssen-Seite mit eingefädelte und in der gesamten Branche fortan fast prototypisch die Rolle eines Stahlmanagers ausfüllte wie Hans Albers den Seebären. Als Aufsichtsratsmitglied wird der Rat von Schulz fachlich aufmerksam gehört. In der Personalpolitik des Konzerns werden andere die Fäden ziehen - siehe B und C.

RWE ließ Schulz nicht rein

Ein Traum-Amt, das Schulz wirklich gern noch erklommen hätte, ist ganz woanders angesiedelt - beim Energieversorger RWE. Schulz war lange Zeit bestrebt, dort Aufsichtsratschef zu werden und den mittelständisch agil auftretenden RWE-Vorstandschef Jürgen Großmann in einem Konzernrahmen zu halten, der im Revier nun mal üblich ist. Unabgestimmte Alleingänge, wie Großmann sie als Unternehmerblut immer bevorzugte, sind in solchen ehernen Rahmen nicht erlaubt. Was gut ist für ThyssenKrupp, könnte auch ein Rezept für RWE sein, so das Kalkül vieler, die Schulz gern als Oberkontrolleur bei RWE gesehen hätten. Doch RWE tickt nach ganz anderen Spielregeln. Dort haben nicht mächtige Männer in Kuratorien das Sagen, sondern auf einem schier unübersichtlichen Feld der Intrige und der politischen Ränkespiele die Kommunen, die wie das Kuratorium auf dem Hügel als einziger Großaktionär die Geschicke des Stromkonzerns bestimmen. Mit einer Ausnahme: Sie agieren nicht als monolithischer Block sondern in einem leise wispernden, vielstimmigen Chor, vor dem kein Vorstands- und kein Aufsichtsratschef die Ohren verschließen darf.

Da wäre Ekkehard Schulz nicht der richtige Mann gewesen. Was bleibt ist kein Aufsichtsratsposten in der Senatorklasse - aber der soliden Business-Class in dem Unternehmen, das er wirklich kennt.

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