Energie Thurn und Taxis auf dem Weg zum weltgrößten Solarstromerzeuger

Die Adelsfamilie Thurn und Taxis will in Bayern den größten Solarpark der Welt bauen. Bezahlen müsste den Strom der Otto Normalverbraucher. Doch jetzt regt sich politischer Widerstand.

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albert von thurn und taxis Quelle: dpa

Für seine 26 Jahre hat Fürst Albert II von Thurn und Taxis schon einiges erreicht. Er ist Hausherr auf Schloss St. Emmeram im bayrischen Regensburg. Der zwölfte Fürst von Thurn und Taxis ist der Filius von Fürstin Gloria, lange bekannt durch Dauerpräsenz in den Klatschspalten der Yellowpress und eine der schillerndsten Figuren des deutschen Adels. Wie seine Mutter macht auch der studierte Volkswirt und Theologe gern mal auf schrill, wenn er sich in giftgrüner Hose und leuchtend blauem Sakko ablichten lässt.

Albert fährt Autorennen, 550 PS hat sein Lamborghini Gallardo, mit dem er in diesem Jahr zu den Rennen der ADAC GT Masters antritt. Sein Saisonziel: „Ich habe den klaren Ehrgeiz, Meister zu werden. Nach zwei Vizetiteln in Folge habe ich noch eine Rechnung offen.“ Beim Saisonauftakt vor zwei Wochen in Oschersleben bei Magdeburg belegte er die Ränge vier und sechs.

Nebenbei ist Albert dann auch noch Milliardär. Nicht dank eigener Hände Arbeit, sondern weil er das Vermögen der Familie Thurn und Taxis geerbt hat – Immobilien und Ländereien mit viel Wald.

Jetzt will der rasende Aristokrat auch noch Deutschlands Sonnenkönig werden: Im bayrischen Straubing, rund um das familieneigene Gut Harthof, will er die größte Solarstromanlage der Welt hochziehen. Und wieder würde Fürst Vollgas damit sein Vermögen ohne eigener Hände Arbeit mehren, diesmal allerdings nicht dank seiner Herkunft, sondern mithilfe des ganz ordinären Stromkunden.

Investition mit staatlich garantiertem Gewinn

Denn 28 Cent müssten die Stadtwerke Straubing für jede Kilowattstunde Sonnenstrom an den Fürsten überweisen, den er von dem geplanten Solarmonstrum auf seinen Äckern ins öffentliche Netz einspeist – und das für 20 Jahre. Das wären über 20 Cent mehr, als Versorger an der Leipziger Strombörse zahlen müssten. Den Obolus für den Milliardär müsste die Gemeinschaft der übrigen Stromzahler aufbringen – vom Unternehmer über den Arbeitnehmerhaushalt bis zum Alleinerziehenden oder Hartz-IV-Empfänger.

Die Rechnung des Fürsten ist einfach: 180 Millionen Euro soll die Anlage kosten, 18 Millionen Euro jährlich soll sie einbringen, und das zwei Jahrzehnte lang – für Albert eine Investition mit staatlich garantierten Gewinnen. Doch Albert könnte ein bisschen spät dran sein mit seinen Solarplänen. Denn Berlin will die Vergütung für die Einspeisung von Solarstrom ins Netz, die letztlich von den Stromkunden bezahlt wird, reduzieren.

Vorbild für die Sonnenstrompläne des Fürsten ist der 71-jährige Erdbeerplantagenbesitzer und Unternehmer Klaus Krinner. Der ist in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt, hat aber ein Produkt entwickelt, das in vielen deutschen Haushalten zu finden ist: Krinner ist der Erfinder des Christbaumständers mit „Rundum-Einseil-Technik“. Das geniale Teil, mit dem auch Menschen mit zwei linken Händen ihren Weihnachtsbaum fixieren können, hat Krinner zum Multimillionär gemacht. Einen Teil des Geldes steckte er in Solartechnik.

Krinner kaufte im vergangenen Jahr Albert 120 Hektar Land ab, packte noch ein paar Hektar dazu und initiierte im bayrischen Straßkirchen den bis heute größten deutschen Solarpark. Seit Weihnachten ist die 54-Megawatt-Anlage am Netz. Das Projekt wurde in der Rekordzeit von fünf Monaten hochgezogen: 51 000 Fundamente mussten gegossen werden, um die 225 000 Solarmodule zu verankern, von der Außenwelt abgeschirmt durch 1300 Bäume und 2800 Sträucher. Weitere 20 000 Gehölze sollen folgen. Insgesamt wurden 160 Millionen Euro investiert, aufgebracht von einem Joint Venture zwischen dem Solarzellenproduzenten Q-Cells und dem US-Hersteller von Siliziumscheiben MEMC Electronic Materials.

Elektrisiert von Krinners Projekt, wollten die Thurn und Taxis noch eins draufsetzen: Bis zu 65 Megawatt Spitzenleistung soll ihr Kraftwerk haben – genug für den Jahresbedarf von rund 18 000 Haushalten. Fast 200 Hektar Ackerland hat der Fürst dafür bereitgestellt – ein Areal, größer als das Fürstentum Monaco, mit Platz für fast 300 Fußballplätze.

sinkende förderung

Allerdings gibt es nun ein kleines Problem. Die Pläne für Alberts Solarpark datieren nämlich aus dem Sommer 2009, als in Berlin noch die große Koalition regierte. Jetzt hat Schwarz-Gelb das Sagen, die Einspeisevergütungen für Solarstrom stehen vor der Kürzung – und damit auch die Sonnenstromanlage des Fürsten und seine Kalklulation.

Noch hofft Stefan Stehl, der Gesamtbevollmächtigte des Fürstenhauses, auf Korrekturen, pocht auf Investitionssicherheit und Vertrauensschutz. Wie in Berlin entschieden wird, ist offen – die politische Diskussion ist noch nicht abgeschlossen. (siehe Kasten).

Doch auch, wenn die Einspeisevergütung zusammengestrichen wird, hat der fürstliche Sonnenpark vielleicht noch eine Chance. Entscheidend ist nämlich, ab welchem Zeitpunkt der Vertrauensschutz gilt – und darüber gehen die Ansichten zwischen Fürstenhaus und staatlichen Stellen auseinander. Bislang ist der 31. Dezember 2009 als Stichtag vorgesehen. Wurde bis dahin ein Bebauungsplan beschlossen, gibt es die bisherigen Einspeisevergütungen.

Weil das beim fürstlichen Projekt nicht der Fall ist, argumentiert das Adelshaus mit Spitzfindigkeiten: „Nach unserer Rechtsauffassung entscheidet nicht das Datum der Verabschiedung des Bebauungsplans, sondern das des Aufstellungsbeschlusses, einen solchen Bebauungsplan in Angriff zu nehmen“, diktierte Stehl kürzlich einem Branchenmagazin. Den Aufstellungsbeschluss fällte die Stadt Straubing im Oktober 2009, Albert wäre aus dem Schneider.

Versilberte Felder

Mehr als eine Viertelmillion Euro hat das Fürstenhaus nach Stehls Angaben schon in das Projekt investiert – für Architekten, Planungsbüros und -verfahren: „Ich gehe davon aus, dass der Gesetzgeber die Diskrepanz sieht zwischen dem, was gesetzlich als Vertrauensschutz verankert ist, und dem, was er jetzt vorhat.“

Bedroht wird Alberts Aufstieg vom Waldfürsten zum Sonnenkönig aber nicht nur durch Berlin – auch in der unmittelbaren Nachbarschaft sind nicht alle mit den Plänen einverstanden. Denn auf dem Gelände des Solarparks könnten theoretisch auch 5000 Einfamilienhäuser gebaut werden, wie Barbara Unger, Bürgermeisterin der Nachbargemeinde Feldkirchen, vorrechnet. Bis auf 700 Meter würde der fürstliche Solarpark an Feldkirchen herankriechen. „Wer hier wohnt, sieht bald nur noch ein riesiges silbernes Meer“, mosert die CSU-Politikerin.

Roman Preis, Stadtkämmerer der Stadt Straubing, sieht eher ein versilbertes Feld. Denn von den 18 Millionen Euro, die der Stromverkauf pro Jahr in die Adelskassen spülen soll, würde auch die Stadt profitieren: Sitz der Betreibergesellschaft ist Straubing, Preis rechnet mit einem zusätzlichen Gewerbesteueraufkommen von 17 bis 20 Millionen Euro, verteilt auf 20 Jahre.

Spätestens bis Juni wollen Albert und Thurn & Taxis-Verwalter Stehl alle Genehmigungen für die Anlage beisammen haben. Dann ist Berlin am Zug.

Schlimmstenfalls müssten Fürst Albert und sein Verwalter noch einmal neu rechnen: Sollte die Einspeisevergütung für Solarstrom vom Acker tatsächlich gestrichen werden, bliebe als Plan B noch die Einspeisevergütung für Strom aus Solaranlagen vom Dach. Noch sind das bis zu 39 Cent pro Kilowattstunde. Platz genug für eine solche Anlage wäre vorhanden: auf den Dächern von Schloss Emmeram mit seinen vier Flügeln, der Basilika, der Gruftkapelle, dem Erbprinzenpalais und dem Kreuzgang. 

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