In Zürich spezialisieren sich viele Finanzexperten auf das Thema Nachhaltigkeit. Dienstleister wie die South Pole Group, RepRisk oder Carbon Delta filtern Nachhaltigkeitskriterien aus Unternehmensdaten und bereiten sie auf. So kommen etwa Rankings zustande, die aus den Reserven von Kohle- und Ölfirmen deren potenzielle CO2-Belastung ermitteln, und das wiederum kann für neue Aktienindizes genutzt werden, die mit niedrigen Karbon-Werten um Anleger buhlen, wie der Amundi Global Low Carbon. Die Unternehmen darin sollen nur halb so viel Kohlendioxid ausstoßen wie die im Weltaktienindex MSCI. Je engmaschiger die Beurteilung von Umweltfolgen wird, desto schwerer haben es die Kohle- und Ölkonzerne.
Luxemburg: Der Profianleger
Alexander Funk hat gerade Rückenwind. Auf seinem Eigenheim liefert die Solaranlage ordentlich Strom. Im Portfolio des von Fondsmanager Funk gemanagten Aktienfonds Ökoworld Ökovision Classic, entwickelten sich ausgewählte Solarwerte wie Solaredge und SMA Solar ebenfalls gut. Schon 13 Prozent plus in diesem Jahr konnte Funk mit seinem Team erzielen, in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt zwölf Prozent pro Jahr. „Erzeugen wir künftig den Strom selbst und speichern ihn auch noch in hauseigenen Batterien, werden fossile Energieträger überflüssig“, sagt Funk. Er arbeitet für Ökoworld, die 1995 von Alfred Platow in Luxemburg gegründeten Fondsgesellschaft, die sich als erste in Europa auf Nachhaltigkeit spezialisierte.
Die Kehrtwende beim Klimaschutz in den USA, die Präsident Obama seit einigen Wochen versucht, bezeichnet Platow als „die Erfüllung eines Lebenstraums“ mit geschäftlich interessanten Perspektiven. Allerdings, auch das gehört zur Wahrheit: Der große Umschwung an den Märkten muss von den klassischen Playern ausgehen. Ökospezialisten können allenfalls die Vorreiter sein. Für alles andere sind sie, trotz aller Erfolge, noch immer zu sehr Nischenanbieter. Ökoworld etwa verwaltet gerade mal 763 Millionen Euro.
Funk ist zuversichtlich, dass das auf Dauer so klappt: Da die Öl- und Kohleförderung häufig unter schwierigen Bedingungen erfolge, könnten sich jederzeit Katastrophen wie mit der BP-Plattform Deepwater Horizon wiederholen. „Die daraus resultierenden Verluste, aber auch Reputations- und Haftungsrisiken kann sich heute kein Investor mehr erlauben.“
Noch lockten Ölmultis wie Exxon und Chevron mit drei und vier Prozent Dividendenrendite und böten hohe Anreize für Investoren, aber Funk warnt: Auch die deutschen Versorger E.On und RWE wurden günstig, als der Atomausstieg angekündigt wurde. Aber die Schnäppchenjagd hat sich nicht gelohnt, denn die Dividenden wurden gekürzt, und die Erträge brachen weg.
Zahlen zur Erderwärmung
...forderte die Hitzewelle von 2003 allein in Frankreich.
...Dollar Mehrkosten für den globalen Küstenschutz.
weniger Hitze in Wüstenstädten dank optimaler Luftströmung.
Wie lukrativ das Geschäft mit Wind- und Sonnenstrom sowie mit solchen neuen Technologien ist, die die effiziente Nutzung von Energie fördern, zeigt der Aktienanstieg der Windradhersteller Nordex, Gamesa und Vestas. Funk hat deshalb keine Probleme, aussichtsreiche Branchen und Unternehmen für die Ökoworld-Fonds zu finden.
Dazu zählen auch Unternehmen, die sich um Energieeffizienz kümmern wie Osram bei LED-Leuchten oder der schwedische Wärmepumpenhersteller Nibe Industrier, der auch in Deutschland sehr aktiv ist. Auch der US-Leuchtenhersteller Acuity Brands sei ein energieeffizienter Anbieter, der darüber hinaus durch ein besonders futuristisches Lampendesign auffalle.
Noch rechtfertigen Großanleger den Verzicht auf Kohlekonzerne in ihren Depots mit deren zu hohen Treibhausgas-Emissionen. Im Hinterkopf könnten sie aber auch haben, dass mit regenerativer Energie auf Dauer risikoloser Geld zu verdienen sein wird. Denn die erneuerbaren Energien bekommen jetzt die politische Unterstützung, die der Kohle fehlt: US-Präsident Obama etwa besuchte im Februar Indien. Kurz danach kündigte der US-Solarriese SunEdison an, dort viele Arbeitsplätze schaffen zu wollen. Die indische Regierung will so viel Strom aus Wind und Solarenergie bis 2020 schaffen, wie 216 Atomkraftwerke produzieren. „Das sind tolle Perspektiven“, sagt Funk.