Alternative Energie Solarbranche setzt auf neue Paradiese

Deutsche Solarunternehmen lassen den darbenden Heimatmarkt hinter sich und dringen nach Südostasien vor. Sie setzen sich sogar gegen die Konkurrenz aus China durch. Deutsche Werte und Qualität sind Verkaufsschlager.

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Zunehmend gefragt: deutsche Solartechnik in Thailand. Quelle: dpa

Im Heimmarkt geht es vielen schlecht, in Südostasien aber herrscht unter deutschen Solarunternehmen Aufbruchsstimmung: „Wenn die Kosten pro Einheit produzierten Stroms mal überall gleich tief sind wie die für andere Energieträger, geht’s hier richtig los“, sagt Alexander Lenz, Asien- und Nahostchef für den Photovoltaik-Anbieter Conergy.

Diese Zeit kommt bald: Solartechnologie wird laufend günstiger, während die Kosten für andere Energieformen steigen. In Thailand, wo Conergy fünf Großanlagen installiert hat, könnte Solarstrom schon im kommenden Jahr Netzparität erreichen. Von einem „Boom“ will Lenz aber noch nicht sprechen. „Wir sind schließlich erst am Anfang“.

Dafür ist das Potenzial umso grösser. Der Bedarf nach Energie wird in den zehn Ländern des Verbandes südostasiatischer Staaten (ASEAN) in den nächsten Jahren exponentiell zunehmen. Ob in Indonesien, Thailand, den Philippinen, Malaysia oder Vietnam – in einigen der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt sind hunderte von Millionen Menschen auf dem Weg zu mehr Wohlstand.

Das braucht Strom, viel Strom. Schätzungen zufolge muss in einigen Ländern mit einem jährlichen Anstieg des Elektrizitätskonsums von bis zu 16 Prozent gerechnet werden. Die bisherigen Anbieter können diesen Nachfrageanstieg nicht decken.

Gleichzeitig wächst der Wunsch verschiedener Regierungen nach umweltfreundlichen, kostengünstigen Alternativen zu Kohle- und Dieselstrom. Mehrere ASEAN-Staaten wollen künftig bis zu einen Viertel ihres Energie-Bedarfs mit regenerativen Energien decken – von Wind-, über Geothermie- bis zu Solarstrom. In den meisten Ländern liegt der Anteil der Erneuerbaren am Energiemix noch weit unter zehn Prozent.

Solartechnologie gilt als ausgereift und zuverlässig

Die Bedingungen für die Erzeugung von Solarenergie sind in Südostasien ideal. Die jährliche Sonneinstrahlung liegt je nach Land zwischen 1516 und 1971 Kilowattstunden (kWh) pro Quadratmeter, in Deutschland – dem größten Solarmarkt der Welt – sind es zwischen 952 und 1225 kWh. Solartechnologie gilt als ausgereift, zuverlässig, schnell installiert.

So unterschiedlich der Entwicklungsgrad der einzelnen ASEAN-Länder ist, so unterschiedlich und komplex sind die wirtschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen, Anreize und Wachstumschancen für Solarenergie. In den Philippinen etwa, das die höchsten Stromkosten in Südostasien hat, produzieren große Freiflächenanlagen über ihre Lebensdauer zum Teil heute schon zu gleichen oder geringeren Kosten Strom wie traditionelle Erzeuger. Das Land diskutiert ein Gesetz, das die Installation von einer Million individuellen Dach-Solaranlagen ermöglichen soll.

Hemmend wirkt aber die Opposition von Seiten traditioneller Anbieter, etwa der Diesellobby. In Indonesien, mit 240 Millionen bevölkerungsmäßig das viertgrößte Land der Welt und ein potentiell gigantischer Markt, wird eine Einspeisevergütung diskutiert. Dazu kommt ein Programm, mit dem kleinere Hybridanlagen gefördert werden sollen. Diese bestehen aus Solarinstallationen und einem Dieselmotor.

In Vietnam wächst der Energiekonsum deutlich schneller als die Wirtschaft. Die Regierung hat bis 2030 ein Ausbauziel von sechs Prozent des Energiemixes für Erneuerbare Energien gesetzt. Gebremst wird in Vietnam der Ausbau der Solarenergie durch den fehlenden gesetzlichen Rahmen und die Qualität des Stromnetzes, meint Alexander Lenz. Trotz den unterschiedlichen Geschäftsbedingungen in den einzelnen Ländern ist für Lenz klar: „Asien wird für uns zum Hauptwachstumsgebiet“.

Thailand ist Favorit unter den deutschen Solaranbietern

Die Sonnenkönige der Solarbranche
Wer hat auf dem schrumpfenden Solarmarkt noch eine Chance? Das Zentrum für Solarmarktforschung (ZFS) hat exklusiv für die WirtschaftsWoche die Zukunftssaussichten der deutschen Solarindustrie unter die Lupe genommen. Und das ist das Ergebnis.... Quelle: dpa
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Vorerst ist Thailand Favorit unter den deutschen Solaranbietern. Nördlich der Hauptstadt Bangkok hat die Duckwitzer Firma Solarlite das erste Parabolrinnen-Kraftwerk mit Direktverdampfung eingeweiht. Solarthermie, wie sie die in Mecklenburg-Vorpommern beheimatete Firma anbietet, ist für die thailändische Regierung einer der Hoffnungsträger im Energiemix. Anders als bei der Photovoltaik generiert die Sonne nicht direkt Strom, sondern Hitze. Bei der Direktverdampfung, die in der Solarlite-Anlage zum ersten Mal kommerziell eingesetzt wird, erhitzt die Sonne über speziell geformte Parabolspiegel Wasser, das durch eine Röhre läuft. Mit dem Dampf wird eine Turbine betrieben.

Im Gegensatz zu früheren Modellen nutzt Solarlite nicht mehr das umweltschädliche Thermalöl als Wärmeträger, sondern Wasser. Das lässt sich auf Temperaturen von bis zu 500 Grad erhitzen, im Gegensatz zu Thermalöl mit 395 Grad. Damit werde der Wirkungsgrad und die Effizienz eines Parabolrinnen-Kraftwerks deutlich gesteigert, erklärt Solarlite-Chef Jürgen Krüger. Im Vergleich zu Photovoltaik-Kraftwerken sei die Effizienz von solarthermischen Anlagen schließlich 25 Prozent höher. Die Firma arbeitet mit einer thailändischen Universität an weiteren Verbesserungen der Technologie.

Thailand unterstützt den Bau von Großanlagen

Gemeinsam mit dem lokalen Partner Thai Solar Energy plant Solarelite insgesamt 15 Kraftwerksprojekte mit einer Gesamtleistung von 135 Megawatt. Das Königreich Thailand unterstützt den Bau von Solargroßanlagen mit attraktiven Einspeisevergütungen. Thailändische Unternehmer bewerben sich beim Staat um Stromübernahmezertifikate. Diese erlauben es ihnen, eine bestimmte Menge Elektrizität aus ihren Anlagen über einen bestimmten Zeitraum zu einem definierten Preis ins Netz zu speisen. Nicht allen diesen wohlhabenden „Solar-Entrepreneuren“ würde man das Interesse an der Kraft der Sonne auf den ersten Blick ansehen.

Im Yanhee-Krankenhaus tönt es wie in einer Bahnhofswartehalle. Hunderte von Menschen sitzen auf Plastikstühlen und warten, bis eine Stimme aus dem Lautsprecher sie zur Behandlung ruft. „Wir haben 2000 Patienten – pro Tag“, sagt Chefarzt und Gründer Dr. Supot Sumritvanitcha, während Krankenschwestern in kurzen Röcken auf Inline-Rollschuhen an ihm vorbeigleiten. 200 Ärzte, ein 24-Stunden-Betrieb – in 20 Jahren hat es Supot vom einfachen Hausarzt zum größten privaten Krankenhausbetreiber Bangkoks geschafft.

Seine Spezialität sind Schönheitsoperationen, vom Facelift bis zur kompletten Geschlechtsumwandlung. „200 Männer bauen unsere Chirurgen im Jahr zu Frauen um - oder umgekehrt“, sagt er stolz. Er hat den Wunsch des Menschen nach ewiger Jugend und Schönheit kommerzialisiert und „McDonaldisiert“: auf einer „Menu-Karte“ können seine Patienten ihre Operation auswählen und gleich sehen, was eine Nasenkorrektur kostet, eine Bauchfettabsaugung oder diese lange ersehnte Kinnstraffung. Patienten aus Deutschland gehören zu  Supot’s besten Kunden.

Nach Hochdruck-Reinigung wieder einsatzbereit

Vor ein paar Jahren bemerkte der Arzt, dass nicht nur mit Brustvergrößerungen und Laser-Haarentfernung gutes Geld zu machen ist, sondern mit alternativen Energien. Er bewarb sich erfolgreich für Stromübernahmezertifikate. Die Hälfte von 14 geplanten Solarfarmen habe er inzwischen fertiggestellt, so der Arzt in seinem Büro mit Blick über Bangkok. Es sind aber nicht nur kommerzielle Überlegungen, die Supot dazu gebracht haben, Millionen von Dollar in seine Solaranlagen zu investieren. Er glaubt an die Zukunft erneuerbarer Energien.

Auch in Thailand wachse der Widerstand gegen andere Energieformen. „Unsere Reisbauern wehren sich zunehmend gegen Kohlekraftwerke, weil sich die Abluft auf ihre Ernte niederschlage“, sagt er. Und die in Thailand geführte Diskussion um die Möglichkeit der Einführung von Nuklearenergie sei nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima ohnehin zu Ende.

Suput‘s Firma Yanhee Solar ist Conergy’s bester Kunde in Thailand. Der neuste seiner Solarparks hat 56.000 Module, „Made in Frankfurt/Oder“, die pro Jahr 19.500 MWh Strom ins Netz pumpen werden. „Die deutschen Produkte sind die besten“, meint Supot, „und auf die Deutschen ist Verlass. Wenn man etwas abmacht, halten die sich dran. Die reden auch nicht um den heißen Brei. Ganz anders als die Chinesen“. Tugenden wie Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit seien die Hauptgründe gewesen, weshalb er sich für einen deutschen Anbieter entschieden habe. Trotz harter Konkurrenz.

China dränge sich „mit Dumpingpreisen auf den Markt“, so ein Industriebeobachter. Und mit minderwertigen Produkten: bei den schweren Überschwemmungen im letzten Jahr in Thailand standen zwei benachbarte Solaranlagen, eine aus China, eine „Made in Germany“, wochenlang unter Wasser. Die chinesische musste abgeschrieben werden. Die deutsche war nach einer gründlichen Hochdruck-Reinigung gleich wieder einsatzbereit.

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