Biosprit Deutschland verpasst den Anschluss

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Shell will das Geschäft mit Quelle: dpa

15.000 Tonnen pro Jahr kann die erste großtechnische Fabrik für synthetischen Diesel produzieren, die vor knapp einem Jahr in Freiberg in Betrieb genommen wurde. Daran beteiligt ist Shell Deutschland, dessen britische Mutter gerade angekündigt hat, das Geschäft mit Biokraftstoffen auszubauen. Shell nimmt bereits den gesamten in Freiberg produzierten Sprit ab und setzt ihn seinem Spitzentreibstoff V-Power Diesel zu.

Die nächstgrößere Anlage, unternehmensintern Sigma genannt, soll für 200.000 Jahrestonnen ausgelegt werden. Das wären 0,7 Prozent des aktuellen deutschen Jahresverbrauchs an Diesel. Ob Sigma wie geplant in Schwedt an der Oder gebaut wird, macht Choren von der Steuergesetzgebung in Deutschland abhängig. Nur wenn Biosprit auch nach 2015 von der Mineralölsteuer befreit sei, rechne sich das 800 Millionen Euro teure Projekt, argumentiert das Unternehmen. Die Produktionskosten liegen nach internen Berechnungen anfangs bei 100 Cent pro Liter, die später, nach einer Optimierung des Verfahrens auf 60 bis 70 Cent sinken könnten.

Sprit aus Stroh

Als reine Resteverwerter betrachten sich hingegen die Entwickler von Bioliq. Wissenschaftler des Forschungszentrums und der Technischen Universität in Karlsruhe gewinnen ihren Biosprit ausschließlich aus Stroh. Da dessen Energieinhalt gering ist, lohnt es sich nicht, die Biomasse über Entfernungen von über 25 Kilometer zu transportieren. Dieser Einzugsbereich wäre aber nicht groß genug, um eine Biospritanlage von industrieller Größe mit Nachschub zu versorgen. Die Karlsruher haben deshalb ein zweistufiges Verfahren entwickelt. In relativ kleinen dezentralen Anlagen wird das Stroh zunächst in eine ölartige Flüssigkeit umgewandelt, die bis zu 15-mal so viel Energie enthält wie das gleiche Volumen Stroh. Diese Slurry genannte Flüssigkeit wird zu Raffinerien befördert, wo sie in Treibstoffe und Chemierohstoffe umgewandelt wird.

Eckhard Dinjus, der das Verfahren als Leiter des Instituts für Technische Chemie des Forschungszentrums Karlsruhe (heute: Institut für Funktionelle Grenzflächen) entwickelte, beziffert die Strohmenge, die pro Jahr in Deutschland in Kraftstoff umgewandelt werden könnte, auf 30 Millionen Tonnen. Daraus könnten immerhin fünf Millionen Tonnen Sprit hergestellt werden, also zehn Prozent des aktuellen Jahresverbrauchs. Die Produktionskosten sollen höchsten 100 Cent pro Liter betragen.

Im Trend: Pflanzen, die nicht als Lebensmittel dienen

Klassischer Biodiesel der ersten Generation, hergestellt aus Raps und anderen Ölpflanzen, ist zumindest hierzulande in Verruf geraten, weil er mit der Nahrungsmittelproduktion konkurriert. Außerhalb von Deutschland feiert er dagegen ein Comeback mit Rohstoffen, die nicht als Nahrungsmittel dienen. Vielversprechend sind ölhaltige Algen, die in Aquafarmen produziert werden, sowie Jatropha-Pflanzen, die ein für Mensch und Tier ungenießbares Öl produzieren.

Allein in den USA arbeiten mehr als ein Dutzend Unternehmen daran, Kraftstoff aus Algen zu gewinnen. Das funktioniert ebenso problemlos wie mit dem Rohstoff Rapsöl. Jedoch fehlt noch eine Technik, mit der die Algen in großen Mengen kostengünstig gezüchtet werden könnten. Großbehälter scheiden aus, da Algen nur wachsen, wenn sie genügend Licht haben.

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