Was hat der Weltmarktführer für Wechselrichter aus dem Örtchen Niestetal bei Kassel nicht schon alles versucht: neue Produkte, strikte Kostenkontrolle, verbesserte Logistikkonzepte, verstärkte Internationalisierung, eine Billigmarke für China und nicht zuletzt die Kooperation mit dem dänischen Wärme- und Kältetechnikkonzern Danfoss. Ein Bündel an Maßnahmen, dass den angeschlagenen Riesen wieder in die Spur bringen sollte. Alles verpufft. Zum zweiten Mal in Folge schreibt das frühere Vorzeigeunternehmen SMA Solar rote Zahlen.
Und auch die Aussichten für das laufende Jahr sind düster. 2015 geht das Unternehmen von weiter rückläufigen Umsätzen aus. Im kommenden Jahr soll die Talfahrt aber ein Ende finden. 2016 wolle das Unternehmen zur Profitabilität zurückkehren, schrieb Vorstandssprecher Pierre-Pascal Urbon in dem am Donnerstag veröffentlichten Geschäftsbericht. Im vergangenen Jahr war das Unternehmen angesichts einbrechender Nachfrage auf wichtigen Märkten noch tiefer in die roten Zahlen gerutscht. Unter dem Strich stand ein Fehlbetrag von 179 Millionen Euro. 2013 hatte das Minus fast 67 Millionen Euro betragen.
Der Umsatzrückgang der Vorjahre setzte sich 2014 fort. Die Erlöse sackten um knapp 14 Prozent auf 805,4 Millionen Euro ab. SMA reagiert mit einem harten Sparprogramm. Ziel ist es, die Kosten so weit zu senken, dass das Unternehmen schon bei einem Umsatz von 700 Millionen Euro Gewinne erzielt. Dazu sollen 1600 der gut 5000 Arbeitsplätze weltweit gestrichen werden.
SMA fühlte sich zu sicher
An der im Januar veröffentlichten Prognose für dieses Jahr hielt SMA fest. Der Vorstand stellt sich demnach auf einen weiteren Umsatzrückgang auf 730 bis 770 Millionen Euro ein. Vor Steuern und Zinsen (Ebit) dürfte nach einem Minus von fast 165 Millionen im vergangenen Jahr nun noch ein Verlust von 30 bis 60 Millionen Euro zusammenkommen.
Ähnlich wie die Branchenkollegen aus der Modul- und Zellfertigung fühlte sich SMA zu lange zu sicher. Der Zeitpunkt, rechtzeitig interne Prozesse zu verbessern, etwa bei den Materialkosten, wurde verpasst. „Aber in Zeiten rasanten Wachstums, steigender Nachfrage und Verkäufermärkten war es wichtiger, immer genügend Rohstoffe und Komponenten für die Produktion vorrätig zu haben, anstatt sich Gedanken darüber zu machen, ob das ein oder andere Bauteil vielleicht zwei Tage zu lange auf Lager liegt oder einen Cent preiswerter produziert werden könnte“, suchte Vorstandschef Pierre-Pascal Urbon vor Jahresfrist im Interview mit der WirtschaftsWoche eine Begründung für die Versäumnisse.
Kein glückliches Händchen bewies Urbon auch in China. SMA kaufte vor gut zwei Jahren den chinesischen Wechselrichterhersteller Zeversolar. Doch das Unternehmen erfüllte bislang nicht die Erwartungen an den riesigen Wachstumsmarkt.
Urbon kürzt bei Forschung
Das passierte allerdings mit Ansage: „Ich kann aber hier und heute nicht sagen, ob wir nachhaltig in China erfolgreich sein werden. Der Solarmarkt dort wird nun mal stark von politischen Entscheidungen getrieben. Niemand kann uns garantieren, das Zeversolar tatsächlich bei den Ausschreibungsverfahren für die großen Solarparks zum Zug kommt. Das ist wie bei den chinesischen Modulherstellern. Da gab es plötzlich eine Liste mit Herstellern, die für den Solarausbau in China zertifiziert wurden. Und viele andere Unternehmen eben nicht. Auch chinesische Unternehmen werden bewusst vom Wettbewerb ausgeschlossen. Das ist für uns leider weder kontrollier- noch beeinflussbar“, erklärte Urbon vor Jahresfrist.
Lange Zeit war bei SMA klar, dass zwar die Kosten sinken müssen, aber die wichtigen Ausgaben für Forschung und Entwicklung hochgehalten werden. Doch dieses Tabu hat Urbon inzwischen gebrochen und auch dafür das Geld gekürzt. Damit beschneidet er ausgerechnet den Bereich, der den Vorsprung von SMA im weltweiten Technologiewettbewerb sichern könnte.
Als Beobachter wird man den Eindruck nicht los, dass die Verantwortlichen in Niestetal so langsam aber sicher mit ihrem Latein am Ende sind.