Bis zum 8. Juni sind es noch genau drei Monate. Keinen Tag sehnt Johannes Teyssen, Chef des größten deutschen Energiekonzerns E.On, so sehr herbei wie diesen. An diesem Mittwoch im Juni soll die Hauptversammlung des Börsenkonzerns zustimmen, dass sich der Energieriese aufspalten darf.
Das Sorgenkind, das traditionelles Gas- und Elektrizitätsgeschäft, soll in eine selbstständige Gesellschaft mit dem Namen Uniper ausgegliedert und an die Börse gebracht werden. Dazu bekommt Ex-E.On-Finanzchef Klaus Schäfer, der die neue Gesellschaft leitet, noch ein bisschen Wasserkraft und den Stromhandel.
Von altem Ballast befreit kann sich Teyssen dann als oberster Öko-Manager um das zukunftsträchtige Geschäft mit den erneuerbaren Energien kümmern. Auch das wird kein Sonntagsspaziergang für den neuen Herrn über Sonnen- und Windkraftanlagen: Während sich der Energiemarkt schon seit Jahren auf Ökostrom umgestellt hat, hecheln E.On und Erzrivale RWE der Energiewende hinterher.
Und ausgerechnet jetzt, wenn das stark staatlich regulierte Geschäft mit erneuerbaren Energien von der Bundesregierung gedrosselt wird, will E.On genau wie RWE voll aufdrehen in Sachen grüner Energie. Zukünftig will Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel den Ausbau mit erneuerbaren Energien über Ausschreibungen steuern.
Die garantierten Einspeisevergütungen für Ökostrom sinken. Das neue grüne Wachstumsgeschäft wird also noch härter umkämpft sein. RWE hat es für sich als Wachstumsgeschäft auserkoren. Auch der drittgrößte Energiekonzern, die EnBW aus Baden-Württemberg, stürzt sich auf das Geschäft mit Ökostrom.
Milliardenverluste mit konventionellen Kraftwerken
Doch erst einmal steht für E.On-Top-Manager Teyssen die große Abrechnung auf der Bilanzpressekonferenz morgen an. Die findet schon am neuen Standort der zukünftigen „grünen“ E.On in Essen in der Nähe der Grugahalle statt. Dort muss der Energie-Manager noch für das alte und neue Geschäft Rechenschaft ablegen. Glänzen wird er da auf keinen Fall.
Unter der Führung von Teyssen hat E.On im vergangenen Jahr den höchsten Verlust der Unternehmensgeschichte eingefahren. Unterm Strich steht ein Fehlbetrag von sieben Milliarden Euro, nach einem Nettoverlust von 3,16 Milliarden Euro in 2014. Eine Verdoppelung des Fehlbetrages innerhalb eines Jahres also.
E.Ons Horror-Bilanz ist ein starkes Signal an die Politik
Es sieht so aus, als hätte E.On vor der Aufspaltung des Konzerns noch einmal den ganz großen Besen zum Auskehren herausgeholt, damit die neue grüne E.On mit einer aufgeräumten Bilanz starten kann.
Gleichzeitig sind diese Horrorzahlen eine starke Botschaft nach Berlin. Nach dem Motto: Seht her, wir haben nix mehr, schallt der Ruf aus dem Jammertal der Energieriesen in Nordrhein-Westfalen in die Hauptstadt.
In Berlin ist gerade die Atomkommission bemüht, den Energiekonzernen möglichst viel Geld abzuluchsen, damit diese für ihre Atom-Altlasten nach dem Atomausstieg selbst aufkommen. Fragt sich nur wie bei den Milliardenverlusten.
Seit Anfang des Jahres sind die Preise für Strom im Großhandel auf nur noch rund 20 Euro je Megawattstunde gesunken. RWE-Chef Peter Terium warnte heute zum wiederholten Male, auf diesem Niveau könnten Kohle-, Gas- und Atommeiler nicht überleben.
Einen schnellen Ausstieg etwa aus der Verstromung von Braunkohle will aber RWE dann doch nicht vorantreiben. Auch Uniper, die neue E.On-Abspaltung, will unbedingt das umstrittene Kohlekraftwerk in Datteln in Nordrhein-Westfalen weiter bauen zur Lieferung von Bahnstrom und zur langfristigen Versorgung des Fernwärmenetzes. So schlecht kann es um die konventionellen Kraftwerke dann doch wieder nicht stehen, wenn die Energiekonzerne unbedingt dran festhalten wollen.
RWE ist im vergangenen Jahr vor allem wegen Abschreibungen auf Großkraftwerke und negativer Steuereffekte in die roten Zahlen gerutscht. Das betriebliche Ergebnis allein im Geschäft mit Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken brach fast um die Hälfte auf 543 Millionen ein.
Unter dem Strich steht unter der RWE-Bilanz ein Fehlbetrag von 170 Millionen Euro nach einem Gewinn von 1,7 Milliarden Euro in 2014. Für dieses Jahr rechnet RWE damit, dass der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von zuletzt sieben auf 5,2 bis 5,5 Milliarden Euro sinken wird. RWE-Chef Terium will das laufende Sparprogramm weiter verschärfen und vor allem im Braunkohle-Geschäft weiter den Rotstift ansetzen. Bei der britischen Tochtergesellschaft npower sollen 2400 Arbeitsplätze wegfallen.
RWE streicht seinen Anteilseignern für 2015 die Dividende praktisch ganz. Nur die wenigen Vorzugsaktionäre sollen noch 13 Cent pro Aktie bekommen, Stammaktionäre gehen also leer aus. Die E.On-Aktionäre sollen eine stabile Dividende von 50 Cent je Aktie erhalten. Dies muss aber nicht so bleiben. Seit Bekanntgabe der Aufspaltung Ende 2014 habe sich das wirtschaftliche Umfeld deutlich verschlechtert, betonte Teyssen. Die veränderte Lage müsse in den künftigen Investitionen und Dividenden berücksichtigt werden.