E.On macht Rekordverlust Wie es mit dem Energie-Konzern weitergeht

Noch ein letztes Mal muss E.On-Chef Johannes Teyssen eine Horrorbilanz vorstellen. In wenigen Monaten beginnt für ihn dann ein neues Leben als oberster Öko-Manager. Wie sein Erzrivale Peter Terium von RWE muss auch Teyssen der Energiewende hinterherrennen – und zwar schnell.

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Auch E.On-Chef Johannes Teyssen will demnächst voll auf erneuerbare Energien setzen. Quelle: dpa

Bis zum 8. Juni sind es noch genau drei Monate. Keinen Tag sehnt Johannes Teyssen, Chef des größten deutschen Energiekonzerns E.On, so sehr herbei wie diesen. An diesem Mittwoch im Juni soll die Hauptversammlung des Börsenkonzerns zustimmen, dass sich der Energieriese aufspalten darf.

Das Sorgenkind, das traditionelles Gas- und Elektrizitätsgeschäft, soll in eine selbstständige Gesellschaft mit dem Namen Uniper ausgegliedert und an die Börse gebracht werden. Dazu bekommt Ex-E.On-Finanzchef Klaus Schäfer, der die neue Gesellschaft leitet, noch ein bisschen Wasserkraft und den Stromhandel.

Von altem Ballast befreit kann sich Teyssen dann als oberster Öko-Manager um das zukunftsträchtige Geschäft mit den erneuerbaren Energien kümmern. Auch das wird kein Sonntagsspaziergang für den neuen Herrn über Sonnen- und Windkraftanlagen: Während sich der Energiemarkt schon seit Jahren auf Ökostrom umgestellt hat, hecheln E.On und Erzrivale RWE der Energiewende hinterher.

Wer übernimmt die Zukunft, wer den Ballast?
Eon übernimmt 33 Millionen Kunden – in Deutschland, Großbritannien, Skandinavien, Osteuropa oder der Türkei. Das Geschäft ist solide, die Margen sind aber dünn. Neue Produkte und Dienstleistungen müssen her. Das Problem: Eon wird sich mit neuen, schlagkräftigen Konkurrenten messen. Die heißen, Google, Apple oder Samsung. Fazit: Hoffnungswert. Quelle: AP
Jahrzehntelang produzierten Kohle- und Gaskraftwerke nicht nur Strom, sondern auch Unmengen an Geld. Strom wurde eben in großen, zentralen Anlagen produziert. Jetzt hat per Gesetz grüner Strom Vorrang im Netz und drängt die großen Kraftwerke aus dem Markt. Allein in den ersten neun Monaten brach das Ebitda der Sparte um 32 Prozent ein. Uniper muss retten was noch zu retten ist. Fazit: Sanierungsfall. Quelle: dpa
Eon stieg spät in das Geschäft mit erneuerbaren Energien ein. Inzwischen hat das Unternehmen aber schon Windanlagen mit mehr als vier Gigawatt Leistung installiert – das entspricht rund vier Kernkraftwerken. Bei Offshore-Wind sieht sich Eon weltweit an Nummer zwei, bei Onshore auf Position zwölf. Bald schon wird beim Ebitda die Milliardenmarke geknackt – kein Wunder das Eon die Sparte behält. Fazit: Zukunftsgeschäft. Quelle: obs
Eons Stromleitungen reichen theoretisch 25 Mal um die Erde. Eine Million Kilometer hat der Konzern verlegt. Das Netz will Eon auch behalten und hat gute Gründe: Die Renditen werden zwar von Regulierungsbehörden gedeckelt, aber lieber kleine Renditen als gar keine Renditen wie bald in der Stromproduktion. Fazit: Solides Geschäft. Quelle: dpa
Den Großhandel gibt Eon ab, damit Uniper den Strom aus den Kraftwerken wenigstens selbst vermarkten kann. Die Tochter bewegt Milliarden, kauft Kohle zum Verfeuern ein und bringt russisches Gas in Europa unter. Das war früher einmal ein einträgliches Geschäft, aber auch die Zeiten sind längst vorbei. Fazit: Spekulationsobjekt. Quelle: AP
Jahrelang hat Eon gekämpft, um einen eigenen Zugang zu den russischen Gasfeldern zu bekommen, jetzt übernimmt Uniper das Geschäft. Die neue Gesellschaft ist an einem lukrativen Feld in Westsibirien beteiligt, Juschno Russkoje, fördert dort pro Jahr knapp sechs Milliarden Kubikmeter Gas und fährt solide Gewinne ein. Dumm nur, dass neben dem Strompreis auch der Ölpreis im Keller ist, aber das muss ja nicht so bleiben. Fazit: Dauerbrenner. Quelle: obs
Jahrzehntelang haben die Atomkonzerne mit ihren Reaktoren unverschämt viel Geld verdient, jetzt sind die Anlagen nur noch eine einzige Last. Die Reaktoren müssen teuer abgebaut und die Brennelemente noch teurer entsorgt werden. Kein Wunder, dass Eon die Aufgabe gerne Uniper überlassen hätte. Daraus wird aber nichts: Mit einem neuen Gesetz schob die Bundesregierung dem einen Riegel vor, Eon muss sich um die drei noch aktiven und fünf bereits im Rückbau befindlichen Reaktoren kümmern. Fazit: Ballast. Quelle: dpa

Und ausgerechnet jetzt, wenn das stark staatlich regulierte Geschäft mit erneuerbaren Energien von der Bundesregierung gedrosselt wird, will E.On genau wie RWE voll aufdrehen in Sachen grüner Energie. Zukünftig will Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel den Ausbau mit erneuerbaren Energien über Ausschreibungen steuern.

Die garantierten Einspeisevergütungen für Ökostrom sinken. Das neue grüne Wachstumsgeschäft wird also noch härter umkämpft sein. RWE hat es für sich als Wachstumsgeschäft auserkoren. Auch der drittgrößte Energiekonzern, die EnBW aus Baden-Württemberg, stürzt sich auf das Geschäft mit Ökostrom.

Milliardenverluste mit konventionellen Kraftwerken

Doch erst einmal steht für E.On-Top-Manager Teyssen die große Abrechnung auf der Bilanzpressekonferenz morgen an. Die findet schon am neuen Standort der zukünftigen „grünen“ E.On in Essen in der Nähe der Grugahalle statt. Dort muss der Energie-Manager noch für das alte und neue Geschäft Rechenschaft ablegen. Glänzen wird er da auf keinen Fall.

Unter der Führung von Teyssen hat E.On im vergangenen Jahr den höchsten Verlust der Unternehmensgeschichte eingefahren. Unterm Strich steht ein Fehlbetrag von sieben Milliarden Euro, nach einem Nettoverlust von 3,16 Milliarden Euro in 2014. Eine Verdoppelung des Fehlbetrages innerhalb eines Jahres also.

E.Ons Horror-Bilanz ist ein starkes Signal an die Politik

Es sieht so aus, als hätte E.On vor der Aufspaltung des Konzerns noch einmal den ganz großen Besen zum Auskehren herausgeholt, damit die neue grüne E.On mit einer aufgeräumten Bilanz starten kann.

Gleichzeitig sind diese Horrorzahlen eine starke Botschaft nach Berlin. Nach dem Motto: Seht her, wir haben nix mehr, schallt der Ruf aus dem Jammertal der Energieriesen in Nordrhein-Westfalen in die Hauptstadt.

In Berlin ist gerade die Atomkommission bemüht, den Energiekonzernen möglichst viel Geld abzuluchsen, damit diese für ihre Atom-Altlasten nach dem Atomausstieg selbst aufkommen. Fragt sich nur wie bei den Milliardenverlusten.

Seit Anfang des Jahres sind die Preise für Strom im Großhandel auf nur noch rund 20 Euro je Megawattstunde gesunken. RWE-Chef Peter Terium warnte heute zum wiederholten Male, auf diesem Niveau könnten Kohle-, Gas- und Atommeiler nicht überleben.

Einen schnellen Ausstieg etwa aus der Verstromung von Braunkohle will aber RWE dann doch nicht vorantreiben. Auch Uniper, die neue E.On-Abspaltung, will unbedingt das umstrittene Kohlekraftwerk in Datteln in Nordrhein-Westfalen weiter bauen zur Lieferung von Bahnstrom und zur langfristigen Versorgung des Fernwärmenetzes. So schlecht kann es um die konventionellen Kraftwerke dann doch wieder nicht stehen, wenn die Energiekonzerne unbedingt dran festhalten wollen.

RWE ist im vergangenen Jahr vor allem wegen Abschreibungen auf Großkraftwerke und negativer Steuereffekte in die roten Zahlen gerutscht. Das betriebliche Ergebnis allein im Geschäft mit Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken brach fast um die Hälfte auf 543 Millionen ein.

Unter dem Strich steht unter der RWE-Bilanz ein Fehlbetrag von 170 Millionen Euro nach einem Gewinn von 1,7 Milliarden Euro in 2014. Für dieses Jahr rechnet RWE damit, dass der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von zuletzt sieben auf 5,2 bis 5,5 Milliarden Euro sinken wird. RWE-Chef Terium will das laufende Sparprogramm weiter verschärfen und vor allem im Braunkohle-Geschäft weiter den Rotstift ansetzen. Bei der britischen Tochtergesellschaft npower sollen 2400 Arbeitsplätze wegfallen.

RWE streicht seinen Anteilseignern für 2015 die Dividende praktisch ganz. Nur die wenigen Vorzugsaktionäre sollen noch 13 Cent pro Aktie bekommen, Stammaktionäre gehen also leer aus. Die E.On-Aktionäre sollen eine stabile Dividende von 50 Cent je Aktie erhalten. Dies muss aber nicht so bleiben. Seit Bekanntgabe der Aufspaltung Ende 2014 habe sich das wirtschaftliche Umfeld deutlich verschlechtert, betonte Teyssen. Die veränderte Lage müsse in den künftigen Investitionen und Dividenden berücksichtigt werden.

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