Energiekonzept Erneuerbare Energien im Realitätscheck

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Teurer Einstieg

Die Umstellung auf eine erneuerbare Energieversorgung sei daher „die zentrale Aufgabe dieses Jahrhunderts“, sagt Frank Mastiaux, der die grüne Sparte Climate & Renewables von Deutschlands größtem Energiekonzern E.On führt. „Sie ist nur vergleichbar mit der Industrialisierung zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts“.

Tatsächlich gewinnt der Wandel bereits an Fahrt: 60 Prozent der 2009 in Europa installierten Kraftwerkskapazitäten nutzen Biomasse, Sonne und vor allem Wind. Nahezu unbemerkt haben sich die Investitionen der Versorger verschoben, so eine Studie der Berater von Steria Mummert: Wollten vor fünf Jahren 34 Prozent ihr Geld in die grüne Erzeugung stecken, planen dies in den nächsten zwei Jahren 75 Prozent.

Der Wandel spiegelt sich auch im Portfolio der Energiekonzerne wider. E.On will in den nächsten fünf Jahren zehn Gigawatt (GW) Grünstrom-Kapazitäten aufbauen. Das entspricht der Leistung von zehn großen Kohlekraftwerken. Konkurrent RWE hat Ökoprojekte mit 17 GW Leistung in der Pipeline. Mitverantwortlich für den Schwenk sind auch die Milliardensummen, mit denen der Staat die Investitionen in Kraftwerke für Wind- und Sonnenstrom unterstützt.

Riskante Träume

Zugleich aber zeichnen sich die ersten Probleme des grünen Schwenks ab: Es drohen Engpässe, und so mancher grüne Traum könnte dadurch zerplatzen.

Längst nämlich hat ein internationaler Wettlauf um den Ausbau von Grünstrom begonnen, ganz besonders beim Wind. 100 GW Windkraft will laut der Unternehmensberatung Ernst & Young alleine China bis 2020 errichten. Aber auch Amerikaner, Dänen, Holländer und Briten planen Hunderte neue Windparks.

„Es gibt jedoch bei Weitem nicht genügend finanzstarke Unternehmen, die die vielen geplanten Projekte stemmen könnten“, warnt E.On-Vorstand Mastiaux. Zum Zug kämen die Länder, die geeignete Häfen und Logistikstrukturen anbieten.

Deutschland ist dabei keineswegs Wunschkandidat. Weil die geplanten Windparks weit vor der Küste liegen müssen, um Möwen, Seehunde und Touristen zu schonen, sind sie besonders teuer.  Zudem hat mit solchen Tiefseeanlagen bislang kaum ein Unternehmen Erfahrungen gesammelt. Und mit bis zu 14 Cent Erzeugungskosten je Kilowattstunde ist der Meeresstrom mehr als doppelt so teuer wie Kohlestrom.

Nicht zufällig stellt die Bundesregierung in ihrem Energiekonzept fünf Milliarden Euro Kredite der staatseigenen KfW Bank für den Bau der ersten zehn Offshore-Parks in Aussicht. Dennoch werden viele deutsche Meeresstromprojekte wohl erst wesentlich später realisiert als geplant – wenn überhaupt.

Damit würde der wichtigste Grundpfeiler der grünen Energiewende wackeln: In den Szenarien des Fraunhofer-Instituts sollen die maritimen Großkraftwerke 2050 ein Drittel des jährlichen Strombedarfs decken (siehe Grafik).

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