Energieriese RWE will Dividende fast ganz streichen

Bei RWE bricht das Geschäft immer weiter ein. Der Energieriese muss zusätzliche Milliarden abschreiben und kündigt die Streichung fast der kompletten Dividende an. Kommunale Aktionäre sind enttäuscht.

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"Das war unglaublich vertrauenszerstörend"
Bei RWE rumort es gewaltig hinter den Kulissen: Angesichts der Krise des Energiekonzerns trommeln die Kommunen vor der Aufsichtsratssitzung am Freitag für Ex-Bundeswirtschaftsminister Werner Müller als künftigen Chefaufseher. Er soll mit seinen politischen Kontakten das Ruder herumreißen. Amtsinhaber Manfred Schneider kämpft dagegen offenbar für den Ex-SAP-Finanzvorstand Werner Brandt als seinen Nachfolger. Bei der Herbstsitzung des Aufsichtsrats in Essen könnten die Weichen gestellt werden, offiziell gewählt wird im kommenden Frühjahr. Bei der Sitzung muss RWE-Chef Peter Terium außerdem den weiter dramatisch fallenden Aktienkurs erklären und Ängste vor weiteren Dividendenkürzungen zerstreuen. Es schaut nicht gut aus für den Energieriesen – die Krise von RWE in Zitaten. Quelle: dpa
„Das Unternehmen geht durch ein Tal der Tränen.“ (RWE-Chef Peter Terium bei der Quartalsbilanz im November 2013) Quelle: dpa
„Die niedrigen Strompreise hinterlassen ihre Blutspuren in unserer Bilanz.“ (RWE-Finanzvorstand Bernhard Günther, im Mai 2014) Quelle: Presse
„Das Tal der Tränen ist also noch nicht durchschritten.“ (RWE-Chef Peter Terium bei der Jahresbilanz im März 2015) Quelle: dpa
„RWE muss sich gesundschrumpfen und braucht an der Spitze keinen Visionär, sondern einen Sanierer.“ (Fondsmanager Ingo Speich bei der Hauptversammlung im April 2014) Quelle: Presse
„Womit verdient RWE in fünf Jahren sein Geld – das ist die Gretchenfrage.“ (Aktionärsvertreter Marc Tüngler bei derselben Hauptversammlung) Quelle: dpa
„Unabhängig von Länder- und Spartengrenzen: Es geht ums Überleben.“ (RWE-Kraftwerkschef Matthias Hartung im Juli 2015) Quelle: dpa

Der schwer gebeutelte Energiekonzern RWE greift zu weiteren schmerzhaften Mitteln. Nach einem Verlust im vergangenen Jahr will der Vorstand den Großteil der Dividende streichen, wie das Unternehmen am Mittwoch in Essen mitteilte. Zudem kündigte RWE nun an, das laufende Sparprogramm im Konzern noch einmal zu verschärfen. 2016 rechnet der Vorstand mit weiteren Ergebnisrückgängen. „Wir wissen, dass wir mit der heutigen Entscheidung viele Aktionäre enttäuschen. Sie ist jedoch notwendig, um unser Unternehmen zu stärken“, erklärte Vorstandschef Peter Terium laut Mitteilung.

Lediglich die Vorzugsaktionäre sollen noch eine Mini-Ausschüttung von 13 Cent je Anteilsschein bekommen. Für die Stammaktionäre soll es nichts geben. In den vergangenen beiden Jahren hatte der in der Vergangenheit für seine verlässlichen Ausschüttungen bekannte RWE-Konzern noch einen Euro pro Aktie gezahlt. Das entsprach einer Gesamtauszahlung von 615 Millionen Euro. Jetzt sollen gerade noch insgesamt fünf Millionen Euro an die Vorzugsaktionäre fließen.


Der Kämmerer der Stadt Essen, Lars Martin Klieve, reagierte entsetzt auf den Vorschlag des Vorstands. „Das übertrifft meine schlimmsten Alpträume“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Für die auch wegen der Flüchtlingskrise angespannte Stadt fielen damit gut 18 Millionen Euro an eingeplanten Dividenden-Einnahmen weg. 2015 hatte sich die Talfahrt des zweitgrößten deutschen Versorgers beschleunigt. Vor allem in der konventionellen Stromerzeugung brechen die Gewinne angesichts des durch den Ökostrom-Boom ausgelösten Verfalls der Preise im Großhandel weg. RWE musste wegen der immer schlechteren Aussichten rund 2,1 Milliarden Euro auf seine Kohle-, Atom- und Gaskraftwerke abschreiben. Unter dem Strich stand ein Netto-Verlust von 200 Millionen Euro.

Ein Ende des Absturzes ist 2016 nicht in Sicht. So soll der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von 7 auf 5,2 bis 5,5 Milliarden Euro sinken, wie RWE am Mittwoch mitteilte. Dabei rechnet das Unternehmen mit einem weiteren Verfall der Gewinnanteile seiner Kohle-, Atom- und Gasmeiler. Hinzu kommen dürften weitere Belastungen wegen großer Probleme im britischen Geschäft.

Das betriebliche Ergebnis soll von 3,8 auf 2,8 bis 3,1 Milliarden Euro sinken. Um Sondereffekte bereinigt, rechnet der Vorstand noch mit einem Überschuss zwischen 500 und 700 Millionen Euro nach 1,1 Milliarden im vergangenen Jahr. Schulden und Mitarbeiterzahl sollen sich hingegen kaum verändern. RWE beschäftigt knapp 60 000 Menschen.

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