In Nordrhein-Westfalen träumt der grüne Umweltminister Johannes Remmel derweil davon, die Steinkohlezeche Prosper-Haniel in Bottrop nach der Schließung Ende 2018 in ein Untertagekraftwerk umzubauen, das 450.000 Haushalte mit Strom versorgen soll. Eine Machbarkeitsstudie hat ergeben, dass dies prinzipiell geht. Auf dem Gelände, so der Plan, soll ein künstlicher See entstehen. Wird Energie gebraucht, stürzen seine Wassermassen durch einen Schacht 600 Meter tief über Turbinen in ein Unterbecken und produzieren dabei Strom. Zu Zeiten, in denen zu viel davon im Netz ist, wird das Wasser hochgepumpt.
Die Kosten von 250 bis 300 Millionen Euro für den unterirdischen Großspeicher lägen laut Remmel nicht höher als bei klassischen, rein oberirdisch betriebenen Pumpspeicher-Kraftwerken. Doch wegen der geringeren Eingriffe in die Natur sei die Akzeptanz in der Bevölkerung höher, glaubt der Grünenpolitiker. Wie der Duisburger Professor für Wasserbau und Gutachter André Niemann sieht er die weltweit einmalige Technik schon als Verkaufsschlager. „Sie würde enorme Strahlkraft für den Export entfalten.“
Zug-Power vom Hügel
Auf weltweite Aufmerksamkeit setzen auch die Manager des 2010 gegründeten Start-ups Advanced Rail Energy Storage (Ares) in Santa Barbara, 9000 Kilometer von Deutschland entfernt an der kalifornischen Pazifikküste. Ihr ziemlich verrückt klingendes Speicherkonzept: Elektroloks sollen mit überschüssigem Strom aus Solarkraftwerken tonnenschwere Güterzüge auf parallelen Gleisen mehrere Kilometer einen lang gestreckten Hügel hochziehen. Bei großer Nachfrage rollen die Loks talwärts, und ihre Generatoren speisen Strom ins Netz.
Ares-Chef Jim Kelly, ein erfahrener Elektroingenieur mit forschem Kinnbart und 38-jähriger Berufserfahrung beim US-Energiekonzern Edison International, beteuert, sein Experiment sei äußerst seriös und schätzt, dass sein System die Kilowattstunde um rund 40 Prozent billiger anbieten kann als herkömmliche Pumpspeicherkraftwerke. Die Behörden in Kaliforniens Nachbarstaat Nevada teilen Kellys Zuversicht und haben neulich grünes Licht für ein erstes 55-Millionen-Dollar-Projekt in dem Wüstenland gegeben. Der Baustart ist Mitte nächsten Jahres.
Ballons unter Druck
Auf dem nordamerikanischen Kontinent, weit oben im kanadischen Toronto, verdient ein anderer Speicherrevolutionär schon Geld mit seiner Innovation. Am Grund des Lake Ontario hat Hydrostor-Chef Curtis VanWalleghem für das Energieunternehmen Toronto Hydro ein rundes Dutzend Ballons befestigt. Ist Strom billig, blasen Kompressoren sie auf; sind die Preise hoch, entweicht die Luft unter dem Druck des Wassers und treibt einen Stromgenerator an. „Dank der Preisdifferenz ist das ein sehr lohnendes Geschäft“, erläutert der jugendliche Hydrostar-Boss potenziellen Kunden, die er am liebsten hemdsärmelig an dem See herumführt.
Als die Vordenker anfangs ihre Idee vorstellten, hätten viele sogenannte Experten mit den Augen gerollt, berichtet VanWalleghem. „Inzwischen nehmen sie uns ernst.“ Erst vor wenigen Wochen ist der global tätige Infrastruktur-Ingenieurdienstleister AECOM eine Partnerschaft mit Hydrostor eingegangen. Das Ziel: die internationale Vermarktung der Technologie.