Energieversorger Brasilien-Geschäft sorgt für Zoff bei E.On

E.On hat Ärger in Brasilien. Weil ein Kraftwerk nicht fertig wird, drohen hohe Strafen. CEO Johannes Teyssen zieht sich den Zorn der Arbeitnehmervertreter zu.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die Sparpläne der Versorger
Wie die Energiekonzerne sparen wollen Quelle: dpa
RWE will jetzt auch bei den Gehältern seiner leitenden und außertariflichen Angestellten sparen. Das Unternehmen strebe für 2014 eine Nullrunde bei dieser Personengruppe an, sagte eine Unternehmenssprecherin am 29. November. Betroffen seien über 6000 Mitarbeiter in Deutschland, europaweit sogar 16.000 Beschäftigte. In einem internen Schreiben kündigte der RWE-Vorstand nach Angaben der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ an, diesem Mitarbeiterkreis 2014 „keine generelle Gehaltserhöhung zu gewähren“. Hintergrund sei die schwache Ertragskraft des Konzerns, die 2014 zu einem deutlichen Ergebnisrückgang führen werde. Neben den Aktionären, die für 2013 eine halbierte Dividende hinnehmen müssen, sollten alle Beschäftigten „ihren Beitrag zur langfristigen Sicherungen der Finanzkraft leisten“. Durch die Maßnahme will der Konzern einen zweistelligen Millionenbetrag sparen. Quelle: dpa
Angesichts der düsteren Aussichten auf dem deutschen Energiemarkt sollen bis 2016 weitere 6750 Stellen wegfallen oder durch Verkauf abgegeben werde, 4750 davon in Deutschland. Terium will auch auf Management-Ebene über Gehaltskürzungen sprechen. Betriebsbedingte Kündigungen soll es soweit möglich nicht geben. RWE setzte auf die konzerninterne Jobbörse, Altersteilzeit und die natürliche Fluktuation. Den bis Ende 2014 garantierten tariflichen Kündigungsschutz will Terium angesichts der Lage nicht verlängern. Von 2011 bis Ende 2013 hat RWE bereits 6200 Stellen abgebaut oder durch Verkauf abgegeben. Der neue Abbau trifft vor allem die Kraftwerkssparte mit 2300 Stellen. Im Rahmen des Effizienzprogramms „RWE 2015“ fallen 2400 Stellen weg, und durch den geplanten Verkauf der Ölfördertochter Dea weitere 1400 Stellen. Auch die Tochter für erneuerbare Energien RWE Innogy speckt ab - 250 Stellen gehen verloren. Zum Jahresende 2013 verringert sich die Zahl der Stellen von 67.400 auf knapp 61.000. Ende 2011 arbeiteten noch 72.000 Menschen für RWE. Quelle: dpa
Bei RWE greifen mittlerweile mehrere Spar- und Effizienzprogramme ineinander. Im Rahmen des Programms RWE 2015 will Terium bis Ende des kommenden Jahres 1 Milliarde Euro einsparen. Zunächst hieß es, die Zahl der Mitarbeiter solle um 8000 sinken, mittlerweile ist von über 10.000 Stellen die Rede. 3000 davon sollten durch Verkäufe von Unternehmensteilen wegfallen. Nun legte Chef Peter Terium nochmals nach (siehe vorangegangenes Bild). Quelle: dpa
Besonders betroffen ist die Kraftwerkstochter RWE Generation. Im Rahmen des Programms NEO sollen die Kosten hier jährlich um 750 Millionen Euro gesenkt werden. Die Kraftwerkstochter soll 3000 Stellen streichen. Die Sparte hat derzeit 18.000 Beschäftigte. Im Rahmen des Atomausstiegs hat RWE bereits das Kernkraftwerk Bibilis stillgelegt, Lingen, und Mülheim-Kärlich befinden sich im Rückbau. In Betrieb sind noch Emsland, Gundremmingen (75% Beteiligung) und Borssele (Niederlande, 30 % Beteiligung) Quelle: dapd
EnBWDer baden-württembergisch Energieversorger zieht aus seiner Ertragskrise weitere Konsequenzen und verkleinert den Vorstand von fünf auf vier Personen. Vorstand Dirk Mausbeck, bisher für Vertrieb und Marketing verantwortlich, wird mit Ablauf seines Vertrages am 30. September 2014 das Unternehmen verlassen. Seine Aufgaben übernimmt zum Teil Vorstandschef Frank Mastiaux (Foto). Die Sparten Handel und Verteilnetze sollen noch verteilt werden. EnBW kämpft in Folge der Energiewende mit schrumpfenden Erträgen. Mastiaux will den einst stark auf Atomkraft setzenden Konzern auf die Erzeugung von erneuerbarer Energie und auf neue Serviceangebote für die Strom- und Gaskunden trimmen. Dazu ist bereits ein umfassendes Sparprogramm aufgelegt worden... Quelle: dpa
Um den Konzern effizienter zu machen, sollen Kerngesellschaften auf die EnBW AG verschmolzen und Tochtergesellschaften verkauft werden. Das im Oktober 2010 angestoßene Effizienzprogramm "Fokus" soll bis Ende 2014 jährlich eine Entlastung von 750 Millionen Euro bringen. Bis Ende 2014 werden 1350 Stellen bei EnBW gestrichen - das soll Einsparungen von rund 200 Millionen Euro bringen. Der Umbau soll sozialverträglich organisiert werden. Freie Stellen - vor allem in der Verwaltung - werden nicht neu besetzt, Altersteilzeitangebote umgesetzt und Abfindungen gezahlt. Vor dem Sparprogramm arbeiteten 21.000 Menschen für EnBW. EnBW hat im Zuge der Energiewende das Kernkraft Neckarwestheim bereits teilweise stillgelegt, das Werk Obrigheim befindet sich im Rückbau. Am Netz sind noch Philippsburg und Fessenheim, Frankreich / Elsass (17,5% Beteiligung). Quelle: dpa

Bei E.On gärt es nach Pfingsten. Langsam machen sich die Arbeitnehmervertreter offenbar Sorgen um das Brasilien-Abenteuer des Vorstandes. Zusammen mit dem Deutsch-Brasilianer Eike Batista wollte der umtriebige E.On-Chef Johannes Teyssen in Brasilien Kraftwerke bauen. Der enorme Energiebedarf in Schwellenländern wurde zum neuen Geschäftsmodell des von der deutschen Energiewende gebeutelten Stromkonzerns auserkoren. Brasilien wurde zum Dorado neuer Wachstumsträume des E.On-Vorstandes.

Pech nur: Das Desaster des Ruhrgebietskonzerns ThyssenKrupp mit seinen milliardenschweren Fehlinvestitionen in Brasilien war den Energiemanagern von E.On keine Warnung. Prompt war das Investment mit Batista in Schieflage. Im vergangenen Jahr ging das Unternehmen von Batista in Konkurs, der Tausendsassa hatte sich übernommen und für E.On bedeutete die prekäre Situation des Gemeinschaftsunternehmens das jähe Aus hochfliegender Pläne.

Jetzt ist das Brasilien-Geschäft wieder in den Schlagzeilen und die Problem reißen nicht ab: Ein neues Gaskraftwerk wird nicht fertig, der Konzern muss teuren Ersatzstrom einkaufen. Zusätzlich drohen Strafen im hohen zweistelligen Millionen-Bereich.

E.On nach 2,5 Jahren Energiewende

Vorstand verbrennt Geld

Lange haben die E.On-Beschäftigten geschwiegen. Jetzt ist es offenbar zu Ende mit ihrer Geduld. „Wir wollen mit dem Abbau unserer Arbeitsplätze nicht für das Abenteuer in Brasilien bezahlen“, sorgt sich ein Arbeitnehmervertreter gegenüber der WirtschaftsWoche.

Der Rheinischen Post gab ein Betriebsrat zu Protokoll: „Das Geld, das wir in Deutschland durch den Abbau tausender Stellen einsparen, verbrennt der Vorstand in Brasilien. Das kann nicht sein“, zitiert die Zeitung den Arbeitnehmervertreter. Auch ein E.On-Aufsichtsrat zeigt sich zunehmend skeptisch über die Schellenländer-Strategie: „Wir haben auf die falschen Leute in Brasilien gesetzt. Aber das konnte man nicht vorhersehen. Der Ansatz war gut, auch wenn es jetzt Schwierigkeiten gibt.“

Johannes Teyssen soll sich heftig gegen alle Vorwürfe zur Wehr setzen, heißt es aus dem Konzern. Seine Auslandsstrategie war von ihm als Ausbruchsversuch aus der verkorksten Energiewende geplant. Ausführende vor Ort aber waren nicht er selbst, sondern andere, so nehmen viele E.On-Manager ihren Chef in Schutz. So soll es Frank Mastiaux gewesen sein, früherer E.On-Topmanager und längst EnBW-Chef, der das Brasilien-Engagement dem damaligen E.On-Vorstand vortrug. Und Jörgen Kildahl, nun auch im Vorstand für das Brasiliengeschäft zuständig, habe auch nicht schnell genug reagiert, heißt es konzernintern.

Das Mastiaux-Umfeld weist jegliche Mitschuld des früheren E.On-Managers an der schiefgegangenen Schwellenland-Strategie als durchsichtiges Ablenkungsmanöver weit von ihm. Der Ton zwischen den Energiekonzernen ist härter geworden. Es wird nicht immer mit fairen Bandagen gekämpft.

Nach der Sommerpause setzt der E.On-Aufsichtsrat die Auslandsstrategie des Konzerns auf die Tagesordnung. Es wird eine spannende Diskussion erwartet. „Die Arbeitnehmerseite hat alle Beschlüsse des Aufsichtsrates mit getragen“, sagt ein E.On-Manager.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%