Energieversorgung Die Angst vor dem Stromausfall

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Genügend Gasreserven

Gut gerüstete Versorger
Welche Versorger seit der Energiewende umdenkenPlatz 10: VattenfallDie Studie der European School of Management (ESMT) analysiert, wie führende europäische Energiekonzerne mit den Herausforderungen der Energiewende umgehen. Der von der Bundesregierung beschlossene Atomausstieg setzt deutsche Unternehmen besonders unter Druck. Gleichwohl ist die gesamte Branche betroffen, denn - so das Ziel der EU - ganz Europa soll umsteigen auf eine nachhaltige, kohlendioxidarme Stromerzeugung. In der Studie wurden die Forschungsaktivitäten der Unternehmen, aber auch Produktivität und Nachhaltigkeit bewertet. Auf Platz 10 im Innovationsindex schafft es der schwedische Konzern Vattenfall. Für Wachstum im Konzern soll zukünftig grüne Energie sorgen. Noch stützen sich die Aktivitäten in Deutschland aber stark auf den Braunkohletagebau. Das Bild zeigt einen Schaufelradbagger im südbrandenburgischen Welzow. Quelle: dpa
Platz 9: EonNachdem sie jahrelang vernachlässigt wurden, rücken die Erneuerbaren Energien immer stärker in den Fokus der deutschen Stromriesen. Nicht der Großkraftwerksbau, sondern Windparks in Nord- und Ostsee oder Photovoltaik-Anlagen im Süden, Geothermie oder Biomasseanlagen gelten als die Geschäftsfelder der Zukunft. Alle 18 Monate, versprach Eon-Konzernchef Johannes Teyssen unlängst, werde das Unternehmen künftig einen neuen Windpark anfahren. Eine Summe von mindestens 7 Milliarden Euro wollen die Düsseldorfer in den kommenden sieben Jahren in Erneuerbare stecken. Ein Projekt ist der Windpark Amrumbank West, wo in drei Jahren 80 Turbinen Windstrom für 300.000 Haushalte produzieren sollen. Im Innovationsindex landet Eon auf Platz neun. Quelle: dpa
Platz 8: EnelDer italienische Energieriese Enel ist mit einem Umsatz von 72 Milliarden Euro der drittgrößte europäische Versorger hinter Eon und GDF Suez, aber noch vor Electricité de France. Vor vier Jahren gelang es Enel den damals größten spanischen Versorger Endesa zu übernehmen, obwohl sich auch Eon monatelang um diesen bemüht hatte. Seitdem hat Enel ein starkes Standbein in Spanien, ebenso in Südamerika. In der Studie schafft es Enel immerhin auf den achten Platz. Quelle: dpa
Platz 7: StatkraftDer norwegische Konzern Statkraft ist der europaweit größte Erzeuger erneuerbarer Energien - und landet im Ranking auf Platz sieben. Der Konzern baut und betreibt Wasser-, Wind-, Gas- und Fernwärmekraftwerke und beschäftigt 3.300 Mitarbeiter in über 20 Ländern. Statkraft betreibt allein in Deutschland zehn Wasserkraftwerke. Das Bild zeigt die Alltwalis Windfarm in Wales.
Platz 6: DongIm Innovationsindex landet der dänische Energieversorger Dong auf Platz sechs. Das Unternehmen betreibt einige der größten Windparks in der Nordsee. Der auf dem Bild gezeigte Windpark - 30 Kilometer westlich von Jütland gelegen - besteht als 91 Windturbinen (Kapazität: 209 Megawatt). Auch vor der deutschen Küste ist Dong aktiv: Das Unternehmen plant für eine Investitionssumme von 1,25 Milliarden Euro den Bau eines Offshore-Windparks vor Borkum. Die Gesamtkapazität soll bei 320 Megawatt liegen; die Strommenge würde ab 2014 den Bedarf von etwa 330.000 Haushalten decken. Quelle: ap
Platz 5: EDPAlle in der Studie untersuchten Energiekonzerne haben die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in den vergangenen Jahren stark angehoben - insgesamt um mehr als 40 Prozent. Der portugiesische Stromerzeuger EDP ist in diesem Bereich besonders stark - und landet in der Rangliste der innovativsten europäischen Versorger auf Platz fünf. Doch nicht nur deshalb standen die Bieter Schlange, als der schuldengeplagte Staat seinen 21-Prozent-Anteil an EDP (Energias de Portugal) im November 2011 verkaufte. Mit dem Einstieg bei EDP ist auch der Vorstoß auf den brasilianischen Markt verbunden, wo der portugiesische Konzern stark vertreten ist. Am Ende erhielt der chinesische Investor „China Three Gorges Cooporation“ für 2,69 Milliarden Euro den Zuschlag. Eon ging leer aus. Quelle: Reuters
Platz 4: GDF-Suez Die Grande Nation setzt nur auf Atomkraft? Nein, nicht mehr. In Reihen der französischen Energie-Manager hat ein Umdenken eingesetzt, auch wenn der Vorstandschef von GDF-Suez, Gerard Mestrallet (Bild), den Jahresgewinn von 17 Milliarden Euro noch auf traditionellem Weg eingefahren hat. Derzeit nimmt Frankreichs erster Windpark auf See Gestalt an. GDF Suez bewirbt sich für den Standort vor dem bretonischen Ferienort Saint Brieuc, wo bis zu 500 Megawatt Energie erzeugt werden sollen. Insgesamt sollen nach Angaben der Regierung durch das Zehn-Milliarden-Euro-Projekt vor der französischen Küste bis zu 600 Windräder entstehen, die bis 2015 zusammen drei Gigawatt Strom erzeugen sollen - etwa so viel wie drei Atomkraftwerke. Bis 2020 sind sogar 1200 Windräder mit einer Produktion von sechs Gigawatt geplant. GDF-Suez will kräftig mitmischen und kommt im Innovationsindex auf Platz vier. Quelle: dpa

Dabei hatte Deutschland bisher noch Glück: Just als die Gaslieferungen aus Russland abflauten, war das Wetter günstig. Der Wind wehte passabel, aber vor allem die Sonne schien länger als erwartet. In den Mittagsstunden lagen bis zu 8000 Megawatt Sonnenstrom am Netz, so viel wie sieben Atomkraftwerke – und zum Glück vor allem im Süden. Aber klar ist: Aus der gesicherten Stromversorgung wird ein riskanter Power-Poker.

Eigentlich ist Deutschland gar nicht schlecht mit Gasreserven versorgt: Industrie, Kraftwerke und Haushalte verbrauchen pro Jahr rund 100 Milliarden Kubikmeter Gas. Rund 20 Milliarden Kubikmeter lagern unter der Erde.

Im Winter reichen die Vorräte für rund zwei Monate. Zwei Kilometer tief unter dem niedersächsischen Rehden – 60 Kilometer südlich von Bremen – befindet sich der größte dieser natürlichen Erdgasspeicher in Westeuropa. In einer 20 bis 40 Meter dicken Gesteinsschicht, die sich über acht Quadratkilometer erstreckt, lagert der Jahresverbrauch von zwei Millionen Einfamilienhäusern – gut vier Milliarden Kubikmeter. Derzeit holt Betreiber Wingas so viel Gas aus der Tiefe wie möglich.

Gestiegener Bedarf wird ausgeglichen

Aus Sicht des Kasseler Unternehmens ist das aber keine Krisenintervention, sondern eine normale Phase im Jahreszyklus. Im verbrauchsarmen Sommer füllt die Branche ihre Reserven zu niedrigeren Preisen auf, im Winter gleicht sie den steigenden Bedarf aus.

Das aktuelle Problem: Das Gas lagert in der falschen Region. So wie sich der viele Windstrom von der Nordseeküste nur begrenzt in den Süden leiten lässt, wo die brummende Industrie den höchsten Bedarf hat, so fließt auch das Gas nicht flott genug in Richtung Bayern und Baden-Württemberg. Und die Reserven lagern nun mal überwiegend nördlich des Weißwurstäquators.

Morgenluft wittern nun die Investoren, die mit einer zusätzlichen Pipeline Gas aus Aserbaidschan nach Westeuropa führen wollen. „Es ist das klassische Beispiel, dass man sich nicht auf ein oder zwei Lieferanten verlassen darf“, wirbt Michael Hoffmann, Cheflobbyist der TAP AG. „Das schärft den Blick aller dafür, dass wir eine Pipeline für den Südkorridor brauchen, so schnell wie möglich.“

Keine lange Leitung

Das Konsortium unter Beteiligung der deutschen E.On AG will eine Verbindung von bestehenden Röhren an der Grenze zwischen Griechenland und der Türkei durch die Adria nach Italien legen. Es konkurriert mit der Sechs-Länder-Mannschaft, die mit ihrer Nabucco-Leitung das russische Territorium auf eigene Faust umgehen will.

Doch zumindest die lange Leitung von Mittelasien bis nach Österreich wird es nicht geben: Regierungsvertreter aus Aserbaidschan haben deutschen Politikern bereits mitgeteilt, dass Nabucco nicht den Zuschlag bekommen werde. Die Aseris bauen zusammen mit dem Partner Türkei lieber die Trans-Anatolian-Pipeline (TANAP) bis zur türkisch-griechischen Grenze. Ob der Weitertransport dann über TAP, eine verkürzte Nabucco-Röhre oder ein weiteres Konkurrenzprojekt laufen soll, will Aserbaidschan voraussichtlich bis Ende März entscheiden.

Auch EnBW-Chef Villis kann der frostigen Zitterpartie der letzten Tage eine günstige Perspektive abgewinnen: Im Nachgang zu dieser Kälteperiode könnte „die Erkenntnis weiter reifen, dass der Umbau des Energiesystems konsequent, aber mit Augenmaß erfolgen sollte. Eine Energiepolitik aus einer Hand und gerne auch von einem Fachministerium geführt, könnte hier durchaus helfen.“

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