Energiewende Teuer und planlos zusammengeschustert

Seite 5/7

Was nicht passt, wird passend gemacht

Ein exklusives Ranking der WirtschaftsWoche zeigt, welche Bundesländer bei der Energiewende am weitesten sind und wo die Schwächen der Verlierer liegen.

Mit den Zielen der Bundesregierung harmonieren die Pläne der Länder schon gar nicht. So gehen die Regierenden in der Hauptstadt davon aus, dass sich bis 2020 in Deutschland auf dem Festland Windmühlen mit einer Gesamtleistung von 36 Gigawatt drehen werden. Nach Berechnungen der mehrheitlich staatlichen Deutschen Energieagentur summieren sich die einschlägigen Ausbauziele der Länder aber auf 68 Gigawatt, fast doppelt so viel.

Was nicht passt, soll nun endlich passend gemacht werden. Die Energiewende könne nur gelingen, wenn ein abgestimmtes Vorgehen erreicht werde und nicht jedes Bundesland für sich allein entscheide, sagte Umweltminister Altmaier vergangene Woche. Altmaier will Ausbauziele festlegen und regional steuern.

Emissionsrechte sollte Kohle unrentabel machen

Eigentlich sollte der Handel mit CO2-Emissionsrechten die größten Luftverpester bestrafen, allen voran die Braunkohlekraftwerke, die westlich von Köln sowie in der ostdeutschen Lausitz rauchen. Ihre Eigentümer, RWE in Essen sowie der schwedische Staatskonzern Vattenfall, sollten für teures Geld an der Leipziger Strombörse EEX Verschmutzungsrechte kaufen. So sollte Braunkohle unrentabel und zum Auslaufmodell werden.

Doch die Rechnung geht nicht auf. Die Preise für Emissionszertifikate sinken. Seit der Wirtschaftskrise 2008 ist die Nachfrage vor allem seitens energieintensiver Unternehmen zurückgegangen. Das hat die Preise der Zertifikate im Sommer zeitweilig auf nur sechs Euro pro Tonne Kohlendioxid sinken lassen, ein Rekordtief im europäischen Emissionshandel und mehr als eine Halbierung gegenüber dem ersten Halbjahr 2011. Zusammen mit der Abschaltung von acht Atommeilern, für die die Braunkohlekraftwerke vermehrt einspringen, hat dies die kritisierten CO2-Schleudern sehr profitabel gemacht.

Kein Anreiz schmutzige Kraftwerke vom Netz zu nehmen

Und eine Trendwende ist durch die Wirtschaftskrise in den südeuropäischen Staaten nicht erkennbar. Nach Angaben der EU-Kommission ging der CO2-Ausstoß der mehr als 12 000 am Emissionshandel beteiligten Industriebetriebe und Kraftwerke in der Europäischen Union im Jahr 2011 um 2,5 Prozent zurück. Fünf Prozent der ausgeteilten Zertifikate sind in diesem Jahr nicht verbraucht worden. Die Versorger haben deutlich weniger Anreize, schmutzige Kraftwerke früher vom Netz zu nehmen, in Ökostromanlagen zu investieren und die Energiewende zu forcieren.

Bis zur Abschaltung der acht Atommeiler nach Fukushima im vergangenen Jahr herrschte fast beschauliche Ruhe im Bonner Tulpenfeld, dem Herz des Regierungsviertels der alten Bundesrepublik. Die Bundesnetzagentur, die dort ihren Sitz hat, verstand sich als oberster Marktwächter. Sie sorgte dafür, dass andere Anbieter ihren Strom überallhin in Deutschland schicken konnten, ohne von den Oligopolen E.On, RWE, Vattenfall und EnBW auf deren früher fein säuberlich getrennten Absatzregionen etwa durch höhere Durchleitungskosten benachteiligt zu werden.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%