Erneuerbare Energien Run auf spanische Wind- und Solarparks

Projekte für erneuerbare Energien in Spanien waren in den vergangenen fünf Jahren Ladenhüter bei Banken und galten als Zeitbombe. Jetzt sind Wind- und Solarparks gefragt wie nie.

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Solarpark in Spanien. Quelle: REUTERS

Wie viele spanische Projekt-Entwickler ist José Antonio Corchado angesichts des gestiegenen Interesses von internationalen Investoren am spanischen Markt für erneuerbare Energien erstaunt: „Natürlich ist es sehr positiv für uns, aber es kommt sehr geballt und etwas unerwartet.“ Seit Anfang des Jahres klopfen nicht nur bei seinem Unternehmen Ascia wieder vermehrt Geldgeber an die Tür, darunter auch viele deutsche. 

Vor einem Jahr jedoch galt der spanische Markt für Wind- und Sonnenenergie wegen der in 2012 erfolgten Streichung des Strompreis-Zuschlags noch als äußerst unsicher. Während zwischen 2007 und 2012 Produzenten von Solar- oder Windenergie bis zu 30 Prozent an Zuschlag auf den Strompreis bekamen und dies allein von 2007 bis 2008 die installierte Kapazität für Solarenergie von 637 auf  3355 Megawatt trieb, hat die Regierung unter Mariano Rajoy 2012 die Subventionen für neue Projekte gestrichen und für alte Parks erheblich gekürzt, damit keine neue Blase in der spanischen Wirtschaft entsteht. Viele Firmen gingen pleite, die Banken blieben auf den faulen Krediten der Branche sitzen.

An Hilfen für erneuerbare Energien bleibt heute in Spanien nur eine rückwirkende Mindestrentabilitäts-Garantie:  Ein Wind- oder Solar-Park muss über den Marktpreis während seiner Laufzeit trotz Pool-Preis mindestens sieben Prozent IRR (interner Zinsfuß) erreichen. Der Rest wird vom Staat ausgeglichen.

Run auf spanische Projekte für erneuerbare Energien

Dennoch Investoren wie KKR und Blackrock schreckt das nicht ab. In kürzester Zeit wurden deswegen sechs Gigawatt grüne Energie von der spanischen Regierung über Auktionen ausgeschrieben. Diese garantieren zusätzlich einen  Mindestpreis pro verkauftes Kilowatt. Die zweite in diesem Jahr findet in wenigen Wochen statt: „Es ist wie ein Köder für Investoren“, sagt Georg Abbeg, Partner der Kanzlei Rödl & Partner in Madrid.  

Der weltweite Rückgang der Preise für Solarpanel und der damit ebenfalls verbundene leichte Rückgang der Kosten für Windturbinen hat auch Spaniens Markt für grüne Energie wiederbelebt. Denn im Vergleich zu 2011 kostet heute die Entwicklung eines Parks im Durchschnitt rund 60 Prozent weniger, was auch Unternehmen wie Google und Amazon dazu gebracht hat, komplett auf erneuerbare Energien umzusteigen. Dabei schauen sie auch nach Spanien: „Spanien ist jetzt für Fonds, aber auch für Banken ein Testmarkt, da hier weitgehend freie Marktbedingungen für grüne Energie herrschen,“ sagt Luigi Spotti, Verantwortlicher für Commercial Operations bei GE Renewable Energy in Madrid.

Sein Unternehmen hat Anfang Juni eine Veranstaltung zum Thema „Finanzierungs-Modelle für spanische Windparks“ organisiert, die so viel internationalen Zulauf fand, dass GE kurzfristig die Location ändern musste: „Spanien ist der erste europäische Strommarkt, der in kurzer Zeit fast komplett mit Poolpreisen funktionieren wird. Es wird wahrscheinlich auch das erste Land sein, wo Energie-Abnahmeverträge mit Unternehmen Realität werden.“ GE hat sich bereits auf die Organisation dieses Finanzierungs-Modells spezialisiert. 

Die Amerikaner bieten Entwicklern nicht nur Turbinen an, sondern suchen für den Kunden auch das „Power Purchase Agreement (PPA)“, den Abnahmevertrag für den Windpark, zum Beispiel für Forestalia, der große Gewinner der letzten zwei spanischen Auktionen.

Auktionen überschatten Rechtsstreitigkeiten in der Branche

Diese positiven Schlagzeilen überschatten die vielen Klagen, welche einige internationale und spanische Entwickler und Energie-Produzenten parallel gegen die spanische Regierung wegen des Beschlusses der Kürzung von Subventionen für schon bestehende Projekte vor fünf Jahren erfolgreich losgetreten haben. Banken, Fonds und Privat-Investoren stehen wieder Schlange in Spanien: „Das Gedächtnis der Politiker, Banken und Rechtsanwälte ist kurzweilig und es ist einfach sehr viel Geld im Umlauf, weswegen der an sich sehr attraktive spanische Markt für erneuerbare jetzt wieder angesagt ist“, sagt Georg Abbeg, Partner der Kanzlei Rödl & Partner in Madrid.

Viele halten die Auktionen deswegen für pures Marketing der spanischen Regierung, aber den Branchenverband APPA freut es: „Nach fünf Jahren, wo kaum etwas passiert ist im Sektor, ist das natürlich sehr positiv für uns“, heißt es dort. Geholfen hat dabei definitiv der plötzliche Druck aus Brüssel. Die EU hatte Spanien mehrfach gerügt, man würde das Ziel, bis 2020 mindestens 20 Prozent der Energie durch erneuerbare Quellen zu produzieren, nicht erreichen. Derzeit kommt das Land auf rund 16 Prozent.

Green is beautiful: Nachhaltig oder Blase?

Das Investoren-Interesse an der Iberischen Halbinsel macht objektiv gesehen durchaus Sinn. Spanien ist weiterhin der ideale Standort für Wind- und Solarparks, da es viel ungenutztes Land gibt. Die Windstärke und die Sonneneinstrahlung sind an vielen Orten überdurchschnittlich gut und außerdem ist das Land eines der erfahrensten im Sektor. Heimische Unternehmen wie Iberdrola oder Acciona sind Weltmarkt-Führer in Windenergie und Umwelttechnologie. 

Außerdem sind erneuerbare Energien in vielfacher Hinsicht eine Überlebensfrage für das Land. Auf der einen Seite muss das Land zu 75 Prozent seine Brennstoffe aus dem Ausland importieren und der Strompreis ist auch deswegen in den vergangenen Krisenjahren enorm gestiegen: seit 2007 um rund 60 Prozent, Gas schoss 48 Prozent in die Höhe, womit spanische Haushalte inzwischen monatlich im Durchschnitt die zweithöchste Strom-Rechnung der EU bezahlen müssen.

Zudem ist grüne subventionsfreie Energie in Spanien inzwischen am billigsten, da die sich bei den Auktionen bewerbenden Unternehmen bisher alle Discount-Preise anbieten, zu denen sie den Strom verkaufen wollen. Und auch als Jobmaschine ist die Branche nicht zu unterschätzen, da sich weltweit bis 2021 laut Schätzungen des Global Wind Market Report allein in diesem Segment die Kapazität auf 800.000 Megawatt verdoppeln wird. 

Wie diese gerade bei der letzten Auktion im Mai zugelassenen Mega-Projekte jedoch finanziert werden sollen, bleibt wegen der hohen Risiken fraglich. Vor allem die Fremdfinanzierung wackelt, da die heimischen Banken zwar großes Interesse an den Auktionen zeigen, aber noch zögern, Kredit-Verträge basierend auf Marktpreisen zu unterschreiben. Vor allem kleinere Park-Entwickler wie Ascia haben es da schwer. Aber Energieproduzent Corchado setzt weiter auf seine nachhaltige Strategie und ist trotz steigendem Investoren-Interesse realistisch: „Wir planen weiterhin überschaubare Projekte, teilen Risiken von Anfang an im Team und suchen nach neuen Modellen der Finanzierung und spekulieren nicht.“

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