Gaspipeline Nord Stream 2 Sanktionsdrohungen von US-Botschafter stoßen auf massive Kritik

Richard Grenell wegen Warnung zu Nord Stream 2 kritisiert Quelle: dpa

US-Botschafter Richard Grenell erntet massive Kritik für seinen warnenden Brief an Unternehmen, die sich am Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 beteiligen. Dahinter steckten „eiskalte eigene Wirtschaftsinteressen“.

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Der Brief von US-Botschafter Richard Grenell an deutsche Firmen, die sich am Bau der russischen Gaspipeline Nord Stream 2 beteiligen, stößt auf massive Kritik. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Sören Bartol, sagte der WirtschaftsWoche, er erwarte „von Herrn Grenell Zurückhaltung“. Über Fragen der europäischen Energiesicherheit werde in der Europäischen Union und nicht in den USA entschieden. Wirtschaftsminister Peter Altmaier müsse sich zu dem Projekt bekennen „und die europäische Position gegenüber der US-Regierung klar“ vertreten, sagte Bartol.

US-Botschafter Grenell hatte drei deutschen Unternehmen einen Brief geschickt und sie gewarnt, „dass Firmen, die sich im russischen Energieexport-Pipeline-Sektor engagieren, sich an Aktivitäten beteiligen, die ein erhebliches Sanktionsrisiko nach sich ziehen könnten”.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Michael Theurer, wertete Grenells Schreiben in der WirtschaftsWoche als „Verrohung der politischen Sitten unter Freunden und Partnern“. Die Bundesregierung müsse verstärkt mit den USA sprechen. Auch „ein neuer Anlauf für ein Investitionsschutz- und Handelsabkommen wäre überfällig“, sagte Theurer.

„Verrohung der politischen Sitten“
Der Brief von US-Botschafter Richard Grenell an deutsche Firmen, die sich am Bau der russischen Gaspipeline Nord Stream 2 beteiligen, stößt auf massive Kritik. Grenell hatte drei deutschen Unternehmen geschrieben und sie gewarnt, „dass Firmen, die sich im russischen Energieexport-Pipeline-Sektor engagieren, sich an Aktivitäten beteiligen, die ein erhebliches Sanktionsrisiko nach sich ziehen könnten“. Mit Nord Stream 2 will der Konzern Gazprom Gas direkt von Russland über die Ostsee nach Deutschland transportieren und dabei die Kapazität der ersten Pipeline verdoppeln. Einige europäische Regierungen, aber vor allem die USA kritisieren das Projekt scharf: Deutschland mache sich von Russland abhängig. In Berlin wiederum hört man oft, die USA wolle nur ihr teures Fracking-Gas verkaufen. Was Bundespolitiker zu Grenells Schreiben sagen. Quelle: dpa
Sören Bartol, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD„Über Fragen der europäischen Energiesicherheit wird in der Europäischen Union und nicht in den USA entschieden. Daher erwarte ich von Herrn Grenell Zurückhaltung.“ „Ich erwarte, dass Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sich zu dem Projekt Nord Stream 2 bekennt und die europäische Position gegenüber der US-Regierung klar und eindeutig vertritt. Dabei muss natürlich auf die Bedenken unserer europäischen Partner in Polen und der Ukraine eingegangen werden.“ Quelle: dpa
Michael Theurer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP„Dass Unternehmen direkt angegangen werden ist eine neue Qualität des US-amerikanischen Vorgehens. Insgesamt erleben wir eine Verrohung der politischen Sitten unter Freunden und Partnern, die hier einen neuen traurigen Höhepunkt erlebt.“ „Die Bundesregierung muss verstärkt mit den USA reden. Das betrifft insbesondere den Wirtschaftsminister Altmaier – denn für deutsche Unternehmen steht viel auf dem Spiel. Es geht auch um das generelle Verhältnis zu den USA: Ein neuer Anlauf für ein Investitionsschutz- und Handelsabkommen wäre überfällig.“ Quelle: dpa
Kerstin Andreae, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen„Der US-Botschafter fiel schon öfter mit seinen Trump‘schen Methoden auf. Hinter der Androhung von Sanktionen stecken nicht etwa echte Sorgen um Europas Sicherheit, sondern eiskalte eigene Wirtschaftsinteressen. Doch sollte es nicht Deutschlands politischer Stil sein, sich provozieren zu lassen.“ „Unabhängig davon halte ich Nord Stream 2 für falsch, aus energie- und europapolitischen Gründen, aber auch weil dadurch beispielsweise Russlands Militäreinsätze in Syrien mitfinanziert werden.“ Quelle: Rainer Christian Kurzeder
Fabio De Masi, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Linken„Die Briefe sind eine Drohung und extraterritoriale Sanktionen sind völkerrechtswidrig. Herr Grenell führt sich auf wie ein Haustürverkäufer für Trumps Fracking-Gas.“ „Eine Regierung, die es zulässt, dass der Botschafter eines wichtigen Landes heimischen Unternehmen droht, muss ihn einbestellen, um den Unternehmen auch öffentlich den nötigen Schutz zu signalisieren und die Gepflogenheiten des Gastlandes zu verdeutlichen. Diese Unterwürfigkeit ist keine gute Außenpolitik. Die Bundessregierung muss jetzt verdeutlichen, welche konkreten Maßnahmen sie ergreift, um Unternehmen bei etwaigen Strafmaßnahmen durch die USA zu schützen.“ Quelle: GUE/NGL

Hinter den Sanktionsdrohungen steckten „eiskalte eigene Wirtschaftsinteressen“, nicht etwa Sorgen um Europas Sicherheit, sagte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, Kerstin Andreae, der WirtschaftsWoche. Andreae kritisierte Grenells „Trump’schen Methoden“. Deutschland solle sich davon nicht provozieren lassen.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Fabio De Masi, forderte in der WirtschaftsWoche die Einbestellung Grenells durch die Bundesregierung, um den Firmen „den nötigen Schutz zu signalisieren“. Die Regierung müsse verdeutlichen, „welche konkreten Maßnahmen sie ergreift, um Unternehmen bei etwaigen Strafmaßnahmen durch die USA zu schützen“.

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