Das ist dem Experten gelungen – zusammen mit Management, Sachwalter und dem früheren Mitgesellschafter und neuem Alleinaktionär, dem BMW-Erben Stefan Quandt. Mitte Juni stellte Solarwatt Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung. Am 1. August wurde das Verfahren eröffnet, Anfang September bestätigte die Gläubigerversammlung den Sanierungsplan, und schon Anfang Oktober war das Ziel erreicht: Das Verfahren wurde vom Amtsgericht Dresden aufgehoben.
Solarwatt-Chef Neuhaus und seine 330 von einst 430 Mitarbeitern müssen nun beweisen, dass die neue Strategie dauerhaft trägt. Vor drei Wochen stellten die Dresdner die Software Energy Manager vor, die den Solarstrom in das Energiesystem eines Hauses integriert. Das Programm erfasst und analysiert sekundengenau Daten der Solaranlage und den Energieverbrauch im Haushalt. 2013 soll dann eine Batterie das System im Haus komplettieren: Der Solarstromspeicher dürfte den Grad der Eigenversorgung mit Solarenergie deutlich erhöhen. Künftig, so Neuhaus, liegen die Beiträge der Wertschöpfung des reinen Modulgeschäfts bei Solarwatt nur noch bei 10 bis 20 Prozent.
Eine Überlebensgarantie ist der Wechsel vom Modul- zum Systemanbieter jedoch nicht. „Die Flucht ins Systemgeschäft ist naheliegend. Alle früheren Hersteller von Modulen drängen inzwischen in diesen Markt“, sagt Solaranalyst Zwicky. So etwa der angeschlagene Bonner Solarriese Solarworld, die Hamburger Centrosolar und auch die Solarsparte des Stuttgarter Technologiekonzerns Bosch. Zwicky: „Das Systemgeschäft bietet derzeit als einziges noch die Chance auf Marge.“ Neuhaus weiß das. Erstens brauche Solarwatt nicht 100 Prozent Marktanteil, und zweitens sei man schon sehr weit mit den Innovationen: „2013 wird die Branche eine neue Insolvenzwelle erleben“, prophezeit Neuhaus. „Wir werden dann wettbewerbsfähig und gewappnet sein.“
Sovello/Bitterfeld
Ähnlich schnell und erfolgreich wie Solarwatt wollte auch der Solarzellenhersteller Sovello aus Sachsen-Anhalt mit dem neu geschaffenen Instrument der Eigenverwaltung die Kurve kriegen. Doch das ging gewaltig schief. Das zuständige Amtsgericht schmetterte im August den Antrag des Managements ab, nachdem ein Gutachter Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung attestiert hatte. Stattdessen eröffnete das Gericht ein reguläres Insolvenzverfahren und tauschte den Sachwalter gegen einen Insolvenzverwalter aus.
Ein Leben nach dem Tod scheint für Sovello nun kaum noch möglich. Zwar läuft die Investorensuche, allerdings ist die Zukunft zappenduster. Aus wirtschaftlichen Gründen sei eine Fortführung des Unternehmens nicht mehr möglich, teilte der Insolvenzverwalter Ende Oktober mit.
Solon/Berlin
Asiatische Massenproduzenten hier, kleine regionale Stromdienstleister dort: So sieht auch Lars Podlowski, technischer Geschäftsführer beim Berliner Hersteller Solon, die Solarwelt von morgen.
Solon tanzt vorerst noch auf beiden Hochzeiten, stellt Module wie Systemlösungen her. Ein Alleinstellungsmerkmal fehlt den Berlinern jedoch. Die Vorteile sieht Podlowski woanders: „Als eines der wenigen Solarunternehmen haben wir keine Schulden und sind vollständig durch unsere neuen Eigentümer finanziert.“
Das Argument steht für die neue Bescheidenheit der einstigen Überflieger. 2008 stand Solon beim Umsatz noch knapp an der Milliardenschwelle. Wer eine Aktie des Unternehmens kaufte, musste fast 55 Euro berappen. Als die Berliner Mitte Dezember 2011 Insolvenzantrag stellten, war das Papier keine 25 Cent mehr wert.