Ökostrom Verlogen, verschätzt, verkalkuliert

Die Pleite der Windparkfirma Prokon steht nicht allein. Die hohen garantierten Einspeisevergütungen haben auch anderswo Abzocker, Schönfärber und überforderte Unternehmer angelockt.

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Wie garantierte EEG-Vergütungen Abzocker anlocken. Quelle: dpa

Gemächlich drehen sich die 14 Windräder in der kalten Winterbrise. Und doch sorgen die Mühlen im Schwarzwald entlang der B 294 zwischen Pforzheim im Nordosten und Freudenstadt im Süden für reichlich Wirbel.

Im Februar 2006 wurde der Windpark Nordschwarzwald nach heftigem Widerstand der Bürger vor Ort und nach kritischer Prüfung durch den Petitionsausschuss des baden-württembergischen Landtags genehmigt. Der Betreiber, die Windenergiefirma Breeze Two Energy aus Darmstadt, investierte rund 40 Millionen Euro. Die Projektentwickler gingen von einer jährlichen Strommenge von rund 60 Millionen Kilowattstunden aus. Damit, so stand es in den bunten Werbeflyern, könne der Strombedarf von 20 000 Haushalten gedeckt werden. Im Oktober 2007 wurde das Mühlenfeld auf knapp 900 Meter Höhe eröffnet. Tanja Gönner (CDU), seinerzeit Umweltministerin in Baden-Württemberg, feierte die Anlage als Leuchtturmprojekt für die Nutzung der Windenergie im Musterländle.

Neuer Rückschlag für Solarworld
SolarworldDer Bonner Solarmodulhersteller kommt nach seinem scharfen Kapital- und Schuldenschnitt vom Frühjahr nur langsam wieder in Tritt. Die konzernweite Absatzmenge sei im ersten Halbjahr nach vorläufigen Zahlen zwar um mehr als die Hälfte auf 357 Megawatt gestiegen, teilte Solarworld mit. Hierzu habe aber vor allem das Auslandsgeschäft beigetragen. In Deutschland sei der Markt weiter schwach. Das Umsatzziel für 2014 von mehr als 680 Millionen Euro werde deshalb wahrscheinlich nicht erreicht. In den ersten sechs Monaten wuchs der Konzernumsatz um 13 Prozent auf 228 Millionen Euro, blieb dabei aber leicht unter den Erwartungen des Unternehmens. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie bereinigt um Sondereffekte des internen Umbaus kam Solarworld auf einen leichten Gewinn von einer Million Euro (Vorjahreshalbjahr: -37 Millionen Euro). Ein insgesamt positives operatives Ergebnis erwartet das Unternehmen weiterhin für 2015. Mit der Restrukturierung hatte Solarworld seinen Schuldenberg um mehr als die Hälfte auf 427 Millionen Euro verringert. Dabei mussten Aktionäre und Gläubiger hohe Verluste hinnehmen. Erst vor kurzem hatte sich der Konzern mit einem wichtigen Rohstoff-Lieferanten auf neue Verträge geeinigt - musste im Gegenzug aber viel Geld in den Wind schreiben. Quelle: dpa
Nordex Der Windkraftanlagenbauer Nordex will seine Geschäfte in Südamerika ausbauen. Schon heute verkaufe Nordex vor allem in Uruguay mit einigem Erfolg, sagte Vorstandschef Jürgen Zeschky. Auch in Chile werde Nordex aktiv sein. „Diese Länder haben einen ungestillten Hunger nach Energie und zahlen für Strom aus heimischen Kraftwerken gutes Geld.“ In den USA habe sich Nordex dagegen bescheidene Ziele gesteckt. „Ich würde nicht so weit gehen, diese Strategie "Rosinen picken" zu nennen, aber dem härtesten Wettbewerb gehen wir so aus dem Weg“, sagte Zeschky. Der Umsatzanteil Amerikas liege bei 18 Prozent. Nach einem guten ersten Quartal hatte Nordex seine Prognose für 2014 zuletzt angehoben. Erwartet werden nun ein Auftragseingang von 1,5 bis 1,7 Milliarden Euro und ein Umsatz von 1,5 bis 1,6 Milliarden Euro. Die Ebit-Marge für 2014 - also das Verhältnis von operativem Ergebnis und Umsatz - wird laut Zeschky 4 bis 5 Prozent betragen. Nordex werde sein Werk in Rostock für rund 25 Millionen Euro ausbauen, kündigte Zeschky an. Dort sind etwa 1400 Mitarbeiter beschäftigt. Insgesamt wolle Nordex bis 2016 rund 50 Millionen Euro in seine Kerntechnologie „Rotorblatt“ investieren. Hintergrund sind die größeren Dimensionen der Rotorblätter und zugehörigen Werkzeuge, die den Umbau der bestehenden Produktionshallen notwendig machen. Quelle: dpa
SolarworldDie Sanierung ist planmäßig abgeschlossen, die Verluste sind eingedämmt (auf 427 Mio. Euro) - jetzt müssen nur noch die Umsätze wieder fließen. Der Photovoltaikkonzern Solarworld sieht sich nach dem drastischen Kapital- und Schuldenschnitt wieder gut aufgestellt. „Wir kommen nicht nur in ruhigeres Fahrwasser, wir nehmen auch massiv Fahrt auf“, sagte Konzernchef Frank Asbeck im Mai bei der Hauptversammlung des Unternehmens in Bonn. Solarworld profitiere von dem Einstieg des Emirats Katar sowie von der Übernahme von Fertigungskapazitäten von Bosch in Thüringen. Der Unternehmenschef geht von einem Wachstum des globalen Photovoltaikmarktes aus, mit einem Schwerpunkt in Asien und in den USA. Allein im ersten Quartal seien in den USA fast so viele Neuanlagen installiert worden wie in dem rückläufigen Markt Deutschland für das ganze Jahr 2014 erwartet wird. Quelle: dpa
SMA SolarSchlechter Start ins Jahr 2014: Im ersten Quartal stand beim operativen Ergebnis des Solar-Technikherstellers ein Minus von 22 Millionen Euro in den Büchern - nach einem Verlust von 8 Millionen Euro Anfang 2013. Zudem brach der Umsatz deutlich ein. Grund dafür seien zum einen Unsicherheiten in Europa wegen der Ukraine-Krise, aber auch Projektverschiebungen in Nordamerika und Währungsturbulenzen in Indien, heißt es offiziell von SMA Solar. Auf der Hauptversammlung 2014 wurde beschlossen, für das Geschäftsjahr 2013 keine Dividende auszuschütten. Große Probleme hat das Unternehmen aber schon länger. Der Weltmarktführer bei Photovoltaik-Wechselrichtern hatte 2013 einen Verlust von rund 67 Millionen Euro eingefahren - nach einem Gewinn von 75,1 Millionen Euro 2012. Mit weiteren Sparmaßnahmen will SMA Solar nun wieder in die Gewinnzone zurückkommen. Schon im Jahr 2013 hat der Wechselrichter-Hersteller seine Kosten um 180 bis 200 Millionen Euro gesenkt. Zudem will das Unternehmen in Zukunft neue Märkte erschließen und neue Produkte einführen. „Im besten Fall“, so Vorstandssprecher Pierre-Pascal Urbon, soll 2014 ein Ergebnisplus von 20 Millionen Euro erreicht werden. Ende Mai gab SMA Solar bekannt, das Solar-Wechselrichter-Geschäft vom Mitbewerber Danfoss komplett zu kaufen und eine strategische Partnerschaft anzustreben. Quelle: dpa
SunwaysBeim Fotovoltaik-Unternehmen aus Konstanz läuft seit Ende April das offizielle Insolvenzverfahren. Der Insolvenzverwalter hat damit begonnen, den Konzern zu zerschlagen. Als ersten Schritt zur Liquidierung beantragte Sunways am 19. Mai den Widerruf der Börsenzulassung an der Frankfurter Wertpapierbörse beantragt. Gleichzeitig trat der Vorstandsvorsitzende Hoong Khoeng Cheong zurück. Das Geschäft mit Wechselrichtern und gebäudeintegrierter Photovoltaik hat bereits der chinesische Solarkonzern Shunfeng übernommen. 40 Mitarbeiter können deshalb ihren Arbeitsplatz behalten. Alle anderen hätten ihre Kündigung bereits erhalten, teilte ein Sprecher mit. Ende 2012 waren bei Sunways noch 265 Menschen beschäftigt. Die Aktionäre müssen davon ausgehen, bei der Insolvenz komplett leer auszugehen. Sunways schrieb seit Jahren rote Zahlen und wies hohe Verluste aus. Wie im Mai bekannt wurde, waren die Geschäfte des Unternehmens schon mehrere Monate vor der Zahlungsunfähigkeit fast völlig zum Erliegen gekommen. Bereits 2013 befand sich das Unternehmen einmal in einem vorläufigen Insolvenzverfahren, nachdem mehrere Banken dem Unternehmen Kredite in Millionenhöhe gekündigt hatten. Durch eine Vergleichsvereinbarung wurde das eigentliche Insolvenzverfahren damals jedoch abgewendet. Quelle: dpa
S.A.G. Solarstrom AGDie Solarkrise hat den Anlagenbauer in die Knie gezwungen. Das Unternehmen stellte am 13. Dezember 2013 einen Insolvenzantrag. Die Solarstrom AG kann nach Ansicht des Insolvenzverwalters aber gerettet werden. Mit einer Zerschlagung des Solarunternehmens sei derzeit nicht zu rechnen, teilte eine Firmensprecherin am 16. Mai am Rande einer Gläubigerversammlung mit. Die Sanierung und die Suche nach Investoren laufe positiv und werde fortgeführt, sagte Insolvenzverwalter Jörg Nerlich. Einzelheiten hierzu nannte er nicht. Nerlich erwartet den Angaben zufolge eine Insolvenzquote von rund 50 Prozent. Ob Aktionäre Geld zurück erhalten können, sei aber weiter offen. Das Freiburger Unternehmen mit heute rund 170 Mitarbeitern zählt zu den Pionieren der Solarbranche. Es war 1999 eine der ersten börsennotierten Solarfirmen in Deutschland. Quelle: dpa
ProkonDer Windkraftanlagen-Finanzierer hat im Januar beim Amtsgericht Itzehoe Insolvenz angemeldet. Das Verfahren wurde Anfang Mai eröffnet. Die Zukunft für die insgesamt rund 1300 Beschäftigten ist ungewiss. Gut 75.000 Anleger hatten dem Unternehmen über Genussrechte rund 1,4 Milliarden Euro anvertraut. Sie müssen sich auf schmerzvolle Verluste einstellen. Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin schätzt, dass sie zwischen 40 und 70 Prozent ihres investierten Kapitals verlieren werden. Das Geschäftsmodell des von Carsten Rodbertus 1995 gegründeten Windparkbetreibers stand seit langem in der Kritik. Quelle: dpa

Spuren in die Karibik

Von wegen Leuchtturmprojekt – alles nur Wunschdenken, die Realität sieht erschreckend aus. Die Anlagen produzieren nur 60 Prozent des geplanten Stroms, die durchschnittliche Auslastung seit Inbetriebnahme liegt bei 16 Prozent. Nach einer Studie des Deutschen Windenergie-Instituts in Wilhelmshaven beginnt die Wirtschaftlichkeit großer Windkraftanlagen bei 23 Prozent Auslastung oder 2000 Stunden unter voller Leistung.

Der Betreiber Breeze Two Energy GmbH & Co. KG, dessen Spuren sich auf den Cayman Inseln verlieren, ist laut Jahresabschluss 2011 bilanziell überschuldet, weil auch viele andere der insgesamt 35 Breeze-Two-Parks in Deutschland und Frankreich die erhofften Erträge nicht bringen. Mittlerweile ist die deutsche Tochter des französischen Windstromerzeugers Theolia eingestiegen.

Nord-Süd-Gefälle: Installierte Leistung der Windkraftanlagen in Deutschland. (zum Vergrößern bitte anklicken)

Finanzielle Probleme bei Windparks sind keine Ausnahme – im windarmen Süddeutschland vermutlich sogar die Regel. Und Breeze Two befindet sich in schlechter Gesellschaft. Der Bankrott des Windparkfinanzierers und -betreibers Prokon ist nur der krasseste Fall misslungener Investments in erneuerbare Energien, allen voran in Windkraftanlagen. Wie viel Geld die Zehntausenden von Prokon-Anlegern von ihren rund 1,4 Milliarden Euro Einlagen wiedersehen werden, steht in den Sternen. Wenn überhaupt, wird es nur ein Bruchteil sein.

Die Gründe, weshalb Windstromerzeuger Not leiden oder scheitern, obwohl sie für ihren Strom 20 Jahre lang garantierte Preise von rund neun Cent pro Kilowatt erhalten, derzeit gut doppelt so viel wie für Strom an der Börse, sind vielfältig: politische Entscheidungen, Fondsgesellschaften mit überhöhten Renditeversprechungen, unternehmerische Fehlentscheidungen, anfällige Technik, falsche Windprognosen.

Gnadenlos überfordert

Wo die Energiewende besser funktioniert
Im internationalen Vergleich gibt es kaum ein zweites Land, das sich derart ambitionierte Ziele zur Umstellung seines Energiesystems gesteckt hat wie Deutschland. Daher existiert auch kein Gesamtkonzept, das als Blaupause für die deutsche Energiewende dienen könnte. Dennoch kann Deutschland von anderen Ländern lernen. Eine Studie von McKinsey im Auftrag von Siemens stellt Beispiele aus verschiedenen Ländern vor und zeigt, was davon in welchem Umfang auch in Deutschland erfolgreich umgesetzt werden könnte. Die Fallbeispiele beziehen sich auf die wesentlichen Elemente der deutschen Energiewende entlang der Energiewertschöpfungskette: Stromerzeugung, Verteilung oder Balancierung von Angebot und Nachfrage sowie Steigerung der Energieeffizienz. Quelle: dpa
Dänemark, Niederlande, Brasilien - Versteigerung von WindparksDer Ausbau von Solar und Windkraft wird die Regierung bis 2020 rund 30 Milliarden Euro kosten. Eine Möglichkeit, den Kostenanstieg zu drosseln, wäre eine Anpassung der Förderung, zum Beispiel durch Auktionierung von Windparkprojekten – wie in Brasilien, Dänemark oder den Niederlanden praktiziert. So kann erreicht werden, dass Windparks an windreichen Standorten mit einer geringeren Vergütung auskommen. Würden in Deutschland die infrage kommenden Windparkprojekte in Zukunft versteigert, könnten allein im Jahr 2020 rund 0,7 Milliarden Euro an Förderkosten eingespart werden. Quelle: dpa
China – bessere Nutzung von AbwärmeAbwärme lässt sich bei Temperaturen ab circa 300 Grad Celsius zur Stromerzeugung nutzen. In Deutschland gibt es unter anderem in der Zement- und Glasindustrie weitere Potenziale, die andere Länder beziehungsweise Pilotanlagen in Deutschland bereits nutzen: So wurden in China in den  vergangenen zehn Jahren knapp 30 Zementwerke mit entsprechenden Anlagen ausgestattet oder werden aktuell umgerüstet. Durch Nachrüsten der in Deutschland infrage kommenden Werke könnten hier im Jahr 2020 etwa 2 TWh Strom erzeugt und so eine Megatonne CO2 eingespart werden. Die Investitionen würden sich bereits nach rund drei Jahren amortisieren, so die Autoren der Studie. Quelle: REUTERS
Shanghai – bessere TransformatorenJetzt wird es technisch, aber im Grunde simpel. Transformatoren sind  für die Stromversorgung unverzichtbar, da elektrische Energie nur mittels Hochspannungsleitungen über weite Entfernungen wirtschaftlich sinnvoll transportiert werden kann; der Betrieb von Elektrogeräten ist aber nur mit Nieder- und Kleinspannung praktikabel und sicher. Transformatoren haben einen magnetischen Kern, meist Eisen, man kann aber auch so genannte amorphe Metalle verwenden. Sie haben bessere magnetische Eigenschaften und senken Übertragungsverluste im Netz.  In Shanghai konnten die Leerlaufverluste der ausgetauschten Transformatoren um 80 % reduziert werden konnten. Allein die Ausstattung der in Deutschland bis 2020 neu zu installierenden Transformatoren mit amorphen Kernen könnte die Übertragungsverluste im Stromnetz im Jahr 2020 um 0,2 TWh reduzieren. Dies entspricht der Stromproduktion von circa 65.000 Aufdach-Solaranlagen. Durch die Einsparungen  würden sich die erforderlichen Investitionen nach circa elf Jahren amortisieren. Quelle: dpa
Schweden – mehr WärmepumpenEine Wärmepumpe entzieht zum Beispiel dem Boden oder der Luft unter Aufwendung mechanischer oder elektrischer Energie thermische Energie und stellt diese zur Raumheizung zur Verfügung. Momentan sind in Schweden bei 9,5 Mio. Einwohnern 1 Mio. Wärmepumpen installiert, gegenüber circa  0,5 Mio. Wärmepumpen in Deutschland bei rund 81 Millionen Einwohnern. Der Ausbau zusätzlicher 0,7 Millionen Wärmepumpen in Deutschland bis 2020 würde zu einer Senkung des Primärenergiebedarfs um 18 PJ und zu einer Senkung der CO2-Emissionen um 0,6 Mt für das Jahr 2020 führen.Foto: "Tourismusverband Westschweden Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
USA – Stromnachfrage besser steuernDie Stromerzeugung aus Wind und Sonne schwankt wetterabhängig sehr stark. Das belastet das Netz. Die Schwankungen lassen sich durch eine flexiblere Stromnachfrage ausgleichen. Im Nordosten der USA hat man dazu einen Markt für temporäre Nachfragereduzierung geschaffen. Zu Spitzenzeiten reduzieren Stromkunden ihren Verbrauch freiwillig und erhalten hierfür eine Vergütung. Bei diesem Fallbeispiel wurde die Spitzenlast in einem Markt, der größer als der deutsche ist, um circa 8 % reduziert. Würde Deutschland in ähnlicher Weise allein seine industrielle Nachfrage flexibilisieren, könnten 2020 etwa 0,5 Milliarden Euro eingespart werden. Das entspricht den jährlichen Betriebskosten von zwei großen Kohlekraftwerken. Quelle: AP
Los Angeles – LED-StraßenbeleuchtungInternational hat eine Reihe von Städten den Austausch der klassisch verwendeten Natrium-Hochdrucklampen durch LED s vorangetrieben. In den USA installierte zum Beispiel Los Angeles von 2009 bis 2013 in 146.000 Ampeln und Straßenleuchten mit LED. Mit Investitionen von rund 45 Millionen Euro konnte eine Reduzierung des Stromverbrauchs von rund 60 % erreicht werden. Quelle: Presse

So wird der Ertrag von Windkraftanlagen maßgeblich von der tatsächlichen Windleistung bestimmt. Grund für die eklatanten Mindererträge im Windpark Nordschwarzwald wie auch bei vielen anderen Windparks ist unter anderem die über Jahre systematische Überschätzung des Windertragspotenzials. Bis Ende 2011 rechnete die Branche mit dem sogenannten BDB-Index, der – wie sich später zeigte – gegenüber den tatsächlichen meteorologischen Verhältnissen deutlich überhöht war. Viele Parks konnten daher an ihren Standorten die Prognosen nie und nimmer erreichen. Der Index wurde daher von den BDB-Datenbankbetreibern in Abstimmung mit dem Windgutachterbeirat des Bundesverbandes Windenergie mehrmals nach unten korrigiert, zuletzt im Dezember 2011.

Auswirken konnte sich die Revision aber erst auf die neueren Anlagen. „Alle Beteiligten haben ihre Lektion gelernt. Gerade in den Mittelgebirgslagen haben sich die Prognosen erheblich verbessert“, sagt Joachim Binotsch, Geschäftsführer beim technischen Dienstleiter BBB Umwelttechnik in Gelsenkirchen.

Ein weiteres Problem, unter dem insbesondere die älteren Windräder leiden, sind hohe Wartungskosten. Denn die Rotoren drehen sich keineswegs störungsfrei. Die meisten Fonds mussten weitaus höhere Reparaturkosten stemmen als geplant. Der Wartungs- und Instandhaltungsaufwand der Windräder ist bisweilen mehr als 50 Prozent höher als vorgesehen. Erst in jüngerer Zeit sinken die Kosten, weil die Windmühlenbauer inzwischen langfristige Wartungsverträge anbieten.

Überschätzung der unternehmerischen Fähigkeiten und Unterschätzung der technischen Herausforderungen zwangen dagegen den deutsch-russischen Investor Arngolt Bekker mit seiner Offshore-Windfirma Bard in Emden in die Knie. Deutschlands Pionier für Rotoren auf hoher See hatte rund 90 Kilometer nördlich der Insel Borkum mit Bard Offshore 1 zwar den ersten kommerziellen Meereswindpark in die Nordsee gesetzt, war mit diesem Vorzeigeprojekt jedoch gnadenlos überfordert.

Die Energiewende und der Sand im Getriebe

Bard verkalkulierte sich völlig. Statt der geplanten zwei Milliarden Euro verschlang der geplante Park mit seinen 80 Windmühlen rund drei Milliarden Euro. Das Management bekam die technischen Probleme beim Verankern von Fundamenten in 40 Meter Wassertiefe und den Transport von Turbinen über fast 100 Kilometer auf offener See nicht in den Griff. Stürme und schlechtes Wetter, eigentlich nichts Ungewöhnliches draußen auf dem Meer, verzögerten den Bau zusätzlich.

Ausgeblutete Parks

Auch die Vermarktung misslang bei Bard 1. Bekker fand keinen Käufer für den Windpark. Die Pläne, weitere Offshore-Parks zu errichten und dann weiterzuverkaufen, scheiterten ebenfalls. Nun sollen die Bard-Gesellschaften in Emden und Bremen bis Mitte 2014 stillgelegt werden. Rund 300 Mitarbeitern droht die Kündigung.

Steht Abzocke bei den Anlegern im Vordergrund, stehen die Chancen für den wirtschaftlichen Erfolg von Windparks besonders schlecht. „Anbieter rechnen ihre Erträge schön und genehmigen sich für ihre Dienstleistungen kräftige Vergütungen“, sagt Christian Herz, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Ökofair mit Sitz in Berlin und Mettmann bei Düsseldorf, der seit 2007 das Management von Windparks anbietet.

Unternehmerische Fehlschläge

Kuriose Folgen der Energiewende
Schwierige Löschung von Windrad-BrändenDie schmalen, hohen Windmasten sind bei einem Brand kaum zu löschen. Deshalb lassen Feuerwehrleute sie meist kontrolliert ausbrennen – wie im April in Neukirchen bei Heiligenhafen (Schleswig-Holstein). Quelle: dpa
Tiefflughöhe steigtDie Bundeswehr hat die Höhe bei nächtlichen Tiefflügen angepasst. Wegen Windradmasten kann die Tiefflughöhe bei Bedarf um 100 Meter angehoben werden. Der Bundesverband Windenergie (BWE) begrüßt, dass dadurch Bauhöhen von bis zu 220 Meter realisiert werden können. Die Höhe des derzeit höchsten Windradtyps liegt bei etwa 200 Metern. Quelle: dpa
Dieselverbrauch durch WindräderViele neue Windkraftanlagen entstehen – ohne ans Netz angeschlossen zu sein. Solange der Netzausbau hinterherhinkt, erzeugen die Windräder keine Energie, sondern verbrauchen welche. Um die sensible Technik am Laufen zu halten, müssen Windräder bis zu ihrem Netzanschluss mit Diesel betrieben werden. Das plant etwa RWE bei seinem im noch im Bau befindlichen Offshore-Windpark „Nordsee Ost“. Quelle: AP
Stromschläge für FeuerwehrleuteSolarzellen lassen sich meist nicht komplett ausschalten. Solange Licht auf sie fällt, produzieren sie auch Strom. Bei einem Brand droht Feuerwehrleuten ein Stromschlag, wenn sie ihren Wasserstrahl auf beschädigte Solarzellen oder Kabel halten. Diese Gefahr droht nicht, wenn die Feuerwehrleute aus sicherer Entfernung den Wasserstrahl auf ein Haus richten – aber, wenn sie dabei ins Haus oder aufs Dach gehen. Stromschlagsgefahr gibt es ebenso für Feuerwehrleute, wenn sie nach einem Straßenunfall Personen aus einem beschädigten Elektroauto bergen müssen. Quelle: AP
Störende SchattenWindräder werfen Schatten – manche Anwohner sehen darin eine „unzumutbare optische Bedrängung“, wie es das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ausdrückte. Es gab einer Klage recht, die gegen ein Windrad in Bochum gerichtet war. Im Februar wies das Bundesverwaltungsgericht die Revision des Investors ab. Das Windrad wird nun gesprengt. Quelle: dpa
Gestörte NavigationAuf hoher See wird es voll. Windparks steigern nicht nur das Kollisionsrisiko mit Schiffen. Die Rotoren stören auch das Radarsystem. Der Deutsche Nautische Verein schlägt daher vor, dass Windparks nur genehmigt werden, wenn die Betreiber auch neue Radaranlagen an den Masten installieren. Quelle: dapd
Windrad-LärmWindräder drehen sich nicht nur, dabei machen sie auch Geräusche. Je stärker der Wind, desto lauter das Windrad – und das wollen viele Bürgerinitiativen nicht hinnehmen. Ein Beschwerdeführer aus dem westfälischen Warendorf erreichte im September 2011 vorm Verwaltungsgericht Münster zumindest, dass eine Windkraftanlage nachts zwischen 22 und 6 Uhr abgeschaltet wird. Quelle: dpa

So stellen Fondsgesellschaften Kosten für Serviceverträge in Rechnung, obwohl die Gewährleistung der Anlagenbauer noch greift. Grundstücke werden billig eingekauft, aber teuer an die Fondsgesellschaft verpachtet. Manager gewähren sich Zusatzvergütungen für normale Geschäftsführertätigkeiten, oder es fließen Kick-back-Zahlungen bei der Auftragsvergabe, die den Gewinn für alle beteiligten Unternehmen erhöhen, nur nicht für die Anleger. So kommen locker Zusatzkosten in Höhe von 5 bis 30 Prozent zustande, die die Rendite wegfressen beziehungsweise den Windparkbetrieb finanziell ausbluten.

Damit reihen sich viele Windfonds bei hochspekulativen Schiffs-, Film- oder Immobilienfonds ein, die schon Milliarden Euro Anlegerkapital vernichtet haben. „Wer in Windparks investieren will“, rät Herz deshalb, „sollte dies nicht bei den großen Emissionshäusern tun, sondern in Bürgerwindparks oder Genossenschaften einsteigen.“

Die 15 aussichtsreichsten Windparkprojekte vor Deutschlands Küsten.

Anders stellt sich die Lage bei den Solarparks dar. Zwar ist der Niedergang der deutschen Solarmodulhersteller, die verwöhnt von der großzügigen Einspeisevergütung den Wettbewerb aus China verschliefen, mittlerweile Legende. Zudem gelten Solarparks wirtschaftlich als stabiler, weil die Technik simpler ist.

Politischer Todesstoss

Doch auch die Jünger der Sonne sind nicht vor unternehmerischen Fehlschlägen gefeit. Das zeigt der Fall des Freiburger Solarkraftwerksbauers S.A.G. Solarstrom, der im Dezember Insolvenz anmelden musste. Die Situation bei den Breisgauern hatte sich seit Herbst dramatisch verschlechtert, weil sie nicht für genügend Liquidität und ausreichend Eigenkapital gesorgt hatten. Mittelzuflüsse aus dem Verkauf mehrerer Solarparks in Deutschland und Italien waren für November und Dezember fest eingeplant – kamen aber nicht. Und die Banken weigerten sich, die Löcher zu stopfen. Insgesamt fehlte eine Summe von über 20 Millionen Euro

Ein Opfer politischer Beschlüsse wurde der Solarkraftwerksbauer Gehrlicher Solar im bayrischen Dornach. Vorstandschef Klaus Gehrlicher musste im Herbst Insolvenz anmelden, als die Banken einen Kredit in Höhe von mehr als 85 Millionen Euro fällig stellten. Für Gehrlicher war das gleichbedeutend mit dem Aus, weil sich zur gleichen Zeit ein entscheidender Punkt im Geschäftsmodell geändert hatte: Die EU hatte Strafzölle auf Solarmodule aus China eingeführt, die Gehrlicher verbaute.

„Durch die Einführung der Strafzölle auf chinesische Module und die daraus resultierende Verschlechterung der Marktbedingungen in Europa“, teilte das Unternehmen offiziell mit, sei es nun nicht mehr in der Lage, den Kreditvertrag zu erfüllen.

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