Überraschend teilte allerdings Insolvenzverwalter Penzlin in der vergangenen Woche mit, dass die Quote für die Gläubiger beim Genossenschaftsmodell um 1,1 Prozentpunkte auf 57,8 Prozent sinken werde. Weil sich in Finnland mehr Anbieter als gedacht um staatlich geförderte Windparkprojekte bemühten, seien die Aussichten für Prokon dort schlechter geworden, sagte Penzlin und korrigierte die Ausschüttungsquote für die Genossenschaft herunter. Das sind zwar immer noch mehr als die 52,2 Prozent beim Verkauf an EnBW. Doch der Energieversorger nahm diese Korrektur zum Anlass auf die Risiken hinzuweisen, denen die Genossen ausgesetzt seien. Der Energieversorger hatte nach eigenen Angaben die Prokon-Aktivitäten in Skandinavien von Anfang an niedriger bewertet.
Zum Zeitpunkt der Korrektur durch den Insolvenzverwalter hatten sich längst schon 36.000 Anleger für das Genossenschaftsmodell ausgesprochen und Vollmachten erteilt. Deshalb bieten die beiden Naturstromanbieter Naturstrom AG und die Elektrizitätswerke Schönau Anlegern mit größeren Genussrechtepaketen, die für eine Genossenschaft sind, aber das Risiko nicht tragen wollen, an, ihre Anteile abzukaufen und an ihrer Stelle zum Miteigentümer zu werden.
Mittlerweile sieht sich EnBW extrem benachteiligt durch „mehrfache Regeländerungen“ und beklagt sich darüber über seine Anwälte schriftlich beim Insolvenzverwalter und beim Insolvenzgericht in Itzehoe. Es entstehe der Eindruck, dass die EnBW im laufenden Insolvenzverfahren zunehmend mit der Folge benachteiligt werde, dass Gläubigerinteressen ganz nachhaltig berührt würden, so die EnBW-Anwälte. Zum einen habe sich durch die überraschende Senkung der Quote für das Genossenschaftsmodell die Entscheidungsgrundlage wesentlich geändert. Zum anderen sehen die Anwälte durch das Angebot der Ökostromanbieter Naturstrom AG und Elektrizitätswerke Schönau, Genussscheininhabern ihre Anteile abzukaufen, einen möglichen Verstoß gegen die Insolvenzordnung.
Von der Prokon-Pleite zum begehrten Investment
Die Pleite von Prokon ist einer der größten Insolvenzfälle in Deutschland. Sie sorgte vor allem deshalb für viel Aufsehen, weil tausende Privatanleger in Prokon investierten – in der Hoffnung auf üppige Renditen. „Öko-Pionier“ Carsten Rodbertus gründete Prokon 1995. Er versprach den Anlegern hohe Renditen, unabhängig von Banken, wenn sie ihr Kapital für „sauberen Strom“ anlegten. Die Firma aus dem schleswig-holsteinischen Itzehoe, die Windparks plante und im Auftrag von Investoren betrieb, hatte sich mit diesem Versprechen durch den Verkauf von Genussrechten im Wert von 1,4 Milliarden Euro an rund 75.000 private Anleger auf dem grauen Kapitalmarkt fremdfinanziert. Die Anleger erwarben so aber nur stimmrechtslose sowie nachrangige Forderungen.
Mit der Insolvenz von Prokon im Januar 2014 drohte ihnen der Totalverlust ihres Investments. Firmengründer Rodbertus ist als Geschäftsführer und Gesellschafter ausgeschieden. Der Insolvenzverwalter schloss mit ihm einen Vergleich. Ob er sich noch vor Gericht unter anderem wegen Insolvenzverschleppung verantworten muss, ist offen.
Die Anleger müssen sich nun entscheiden, ob sie lieber eine Abfindung wollen (Investorenmodell von EnBW) oder langfristig ins Risiko gehen wollen (Genossenschaftsmodell). Beide Modelle seien überlebensfähig, versichert der Insolvenzverwalter.