Rosneft Der Ärger der USA über Gerhard Schröder

Der Altkanzler will Aufsichtsrat beim russischen Staatskonzern Rosneft werden. US-Politiker schäumen: Schröder untergrabe so die Politik des Westens gegenüber Wladimir Putin.

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Untergräbt Schröder die Politik des Westens gegenüber Wladimir Putin, wenn er Aufsichtsrat bei Rosneft wird? Quelle: AP

Stephen Sestanovich macht keinen Hehl daraus, was er von der Entscheidung von Gerhard Schröder hält, bei Rosneft anzuheuern: gar nichts. Der Schritt sei falsch und gefährlich; Schröder kein angesehener Staatsmann mehr, sondern nur noch „ein Angestellter der Russia, Inc.“, poltert der ehemalige US-Sonderbotschafter für Osteuropa. Die Sanktionen gegen Russland hätten Wirkung gezeigt, ohne sie hätte Putin längst nach weiten Teilen der Ukraine gegriffen, glaubt der US-Diplomat.

Genau dieser Druck auf die russische Führung könnte nun nachlassen, fürchtet man in den USA. Schröder, der über beste Kontakte in die deutsche Wirtschaft verfügt, könnte Lobbyarbeit für Rosneft betreiben und Stimmen für eine Aufweichung der Sanktionen sammeln.

Der Energiekonzern steht nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine auf der Sanktionsliste der EU. Die Strafmaßnahmen verbieten es dem halb-staatlichen Unternehmen Spezialtechnik und Dienstleistungen zur Ölförderung zu liefern; europäische Banken dürfen kaum noch Geschäfte mit Rosneft machen.

Wem Rosneft gehört

Vor wenigen Wochen haben die USA – als Reaktion auf die Einmischung Moskaus in die Präsidentschaftswahlen – weitere Sanktionen verhängt. Erneut im Fokus: der russische Energiesektor. Dieser Schritt allerdings sorgte für  Ärger bei den Europäern. Sie argwöhnen, den USA gehe es nicht mehr nur um die Bestrafung Russlands, sondern auch um wirtschaftliche Interessen. Die USA wollen künftig die Energie nach Westen liefern, die bisher aus Russland kam. Anders als zuvor hatte die Supermacht die neuerlichen Sanktionen ohne Absprache mit den Partnern verabschiedet.

„Schröder lässt jedes Feingefühl vermissen“

Das US-Außenministerium ist eine der wenigen Instanzen in der US-Regierung, die aktiv dafür wirbt, die Partner im Ausland zu hören und gemeinsam, Entscheidungen zu treffen. Sei es in Handelsfragen, sei es im Umgang mit Nordkorea. Oder eben auch in der Krim-Krise.

Ihr Werben wird aufgrund der Causa Schröder künftig deutlich schwerer, fürchten Diplomaten. „Die Nationalisten im Weißen Haus haben nun alle Argumente für ihre Amerika-First-Politik auf ihrer Seite“, sagt ein ranghoher Mitarbeiter aus dem State Department. Sie würden auf mit dem Finger auf Schröder zeigen. Nach dem Motto: Wenn der Ex-Bundeskanzler macht, was er will, wenn die Deutschen machen, was sie wollen, dann müssen wir auf etwaige Befindlichkeiten auch keine Rücksicht nehmen. „Diplomatie hat viel mit Fingerspitzengefühl zu tun“, so der Beamte aus dem Außenministerium. „Gerhard Schröder lässt jedes Feingefühl vermissen.“

Das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland, Schröder und Putin.

Dass es auch anders geht, bewies Donald Evans. Der Geschäftsmann war von 2001 bis Ende 2004 Handelsminister unter Präsident George W. Bush. Ein Jahr später lud ihn Wladimir Putin zum Gespräch in Moskau ein, und bat Evans einen Führungsjob bei Rosneft an. Der Texaner war geschmeichelt, und hielt Rücksprache mit Bush, seinem Ex-Chef und gutem Freund. Gemeinsam hatten Bush und Evans die Alkoholsucht bekämpft, Evans führte den späteren Präsidenten an den Glauben heran. Bush warnte Evans vor Interessenskonflikten, die früher oder später zwangsläufig kommen würden, sollte dieser bei Rosneft anheuern.

Der Ex-US-Handelsminister lehnte schließlich ab – zu einem Zeitpunkt, als Gerhard Schröder einen Posten bei einem Gazprom-Konsortium annahm. „Evans hat seine Selbstachtung bewahrt“, kommentiert Ex-Sonderbotschafter Sestanovich. Gleiches hätte er sich auch von Schröder gewünscht.

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