4000 bis 4500 Betriebsstunden im Jahr sind aber nötig, um auskömmliche Gewinne zu erwirtschaften. Vor allem zur Mittagszeit, wenn viel Strom benötigt wird, laufen die Anlagen wegen des Wind- und Sonnenstroms nur auf kleiner Flamme.
„Die niedrigere Zahl wirtschaftlicher Betriebsstunden führt zu starker Reduzierung der Wirtschaftlichkeit“, sagt ein Stadtwerke-Manager und macht die Rechnung auf: 2006 betrugen die Erlöse der Steinkohlemeiler während der Mittagsstunden gut 470 Euro pro Megawattstunde. 2011 seien es nur noch 74 Euro, 2012 nur 40 Euro.
Dazu kommt, dass der wichtige Steag-Kunde RWE mit den eigenen gering ausgelasteten Steinkohlekraftwerken Probleme hat und nach und nach die Bestellungen kappt. Vor zwei Jahren kündigte RWE an, den Vertrag über 1800 Megawatt nicht zu verlängern. 1600 Megawatt davon sind bis Ende 2012 ausgelaufen, die verbleibenden 200 Megawatt fallen in diesem Jahr weg. „Über die übrigen Verträge werden wir von Fall zu Fall entscheiden“, sagt ein RWE-Manager. Damit hat die Steag die Nachfrage nach einem Fünftel ihre Kraftwerkskapazität von 10 000 Megawatt verloren. Es seien andere potente Großkunden gefunden worden, versucht Steag-Chef Joachim Rumstadt die Gemüter zu beruhigen.
Zum Fiasko droht das Engagement bei der Steag für die Stadtwerke zu werden, weil Evonik das Recht hat, den Kommunen 2016 den verbliebenen Anteil an dem Kraftwerksbetreiber zu verkaufen. Die Kämmerer hoffen inzwischen, dass sich ein anderer potenter Investor findet, der das Paket von Evonik übernimmt. Im Sommer wollen sie einen Käufer präsentieren.
Die mangelnde Wirtschaftlichkeit der Steinkohlekraftwerke geht quer durch das Ruhrgebiet. Gekko in Hamm wird wohl in diesem Jahr nicht ans Netz gehen, weil der Betrieb zurzeit keine Aussicht auf Gewinne bietet. Dasselbe Problem hat das Kraftwerk Walsum 10 in Duisburg. Der Anschluss ans Netz war durch Baumängel immer wieder verzögert worden. Obwohl Eigentümer Steag versprach, dass Walsum 2013 in Betrieb geht, rechnet damit aus der Branche aufgrund der geringen Auslastung niemand. „Weder für Walsum noch für Gekko sehe ich, dass sie in nächster Zeit ihre Vollkosten erwirtschaften können“, sagt Christoph Weber, Professor für Energiewirtschaft an der Uni Duisburg-Essen.
Wie direkt die Ruhr-Kommunen von den sinkenden Erträgen der Kraftwerke abhängen, zeigt Dortmund. Stadtwerke-Chef Guntram Pehlke ist nicht nur Aufsichtsratsvorsitzender der gebeutelten Steag, sondern mit dem Sechs-Prozent-Anteil seiner Kommune an RWE wichtigster kommunaler Aktionär. Doch die Geschäftsaussichten des Energieriesen sind nach Aussagen von RWE-Lenker Peter Terium schlecht. RWE hat 33 Milliarden Euro Schulden, das Nettoergebnis brach 2012 um 28 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro ein. Trotzdem schüttete RWE zwei Euro pro Aktie Dividende aus.